Nachdem wir die grundsätzlichen Vorteile einer VL-Anlage in Aktienfonds skizziert haben (lesen Sie hier weiter), kommen wir jetzt zum praktischen Teil der Übung: Wir haben durchgespielt, was für Optionen Anleger in Sachen VL offenstehen, welche Faktoren bei der Fondsauswahl berücksichtigt werden sollten, und wir haben auch einige Fonds ausgewählt, von denen wir meinen, dass sie gut geeignet sind, im Rahmen von VL-Verträgen eingesetzt zu werden. Die Kniffe und Tücken, die unweigerlich auch dabei sind, haben wir dabei nicht unterschlagen.
Zu den Rahmenbedingungen: Das potenzielle VL-Universum ist heute bunter und vielschichtiger geworden, als das noch vor 5, 10 oder sogar 15 Jahren der Fall war. Man ist als Investor nicht länger auf seine Hausbank angewiesen, die einem im Zweifel einen wenig performanten hauseigenen Aktienfonds aufs Auge drückt. Heute kann der Anleger über bankenunabhängige Plattformen im Internet nahezu jeden Fonds deutscher und ausländischer Provenienz in seinen VL-Vertrag kaufen. Seit einigen Jahren kann man sogar über Plattformen Exchange Traded Funds (ETFs) als VL-Instrumente besparen. Es ist also für jeden Anleger etwas dabei.
Den Unterschied zwischen "VL-fähig" und "VL-zulagenberechtigt" beachten
Investoren, die von der staatlichen VL-Förderung profitieren können, müssen auf die Feinheiten und Details des erweiterten Produktangebots achten: Viele Internet-Plattformen preisen heute auch Rentenfonds als VL-fähig an. Das ist zwar nicht falsch, aber tückisch: Denn ein VL-Vertrag ist zunächst nur ein Wertpapierdepot wie jedes andere. Entscheidend ist für Anleger mit einem zu versteuernden Einkommen von maximal 20.000 Euro (Verheiratete: 40.000 Euro) vielmehr, ob die Fonds, die sie besparen, auch VL-zulagenberechtigt sind. Wer also einen Rentenfonds bespart, der als VL-fähig deklariert ist, geht bei der staatlichen Förderung leer aus. Rentenfonds mögen VL-fähig sein, zulagenberechtigt sind sie nicht.
Rentenfonds mögen VL-fähig sein. VL-zulagenberechtigt sind sie nicht.
Doch kommen wir nun zur Produktauswahl: Aus den verschiedenen Angeboten am Markt haben wir eine Vorauswahl von 417 aktiven Aktienfonds und Aktien-ETFs getroffen, die wir auf diversen Fondsplattformen und in unserer Datenbank als VL-zulagenberechtigt gefunden haben. Diese Vorauswahl haben wir dann sukzessive eingeengt. Bei aktiven Fonds haben wir nur Produkte berücksichtigt, die eine siebenjährige Performance-Historie aufweisen und deren Eigenschaften bzw. Konstanz man über einen Börsenzyklus einigermaßen beurteilen kann.
Im nächsten Schritt haben wir die Fonds herausgefiltert, denen unsere Fondsanalysten positive qualitative Ratings verpasst haben. Es wurden also nur Fonds berücksichtigt, die über ein Morningstar Analyst Rating „Gold“, „Silver“ oder „Bronze“ verfügen. Dabei haben wir darauf geachtet, ein möglich breites Anlageuniversum abzubilden.
Auf die Long-List folgt die engere Wahl: Kernfonds und Satellitenfonds
Unsere „Short-List“ haben wir in zwei Universen aufgeteilt. Zum einen haben wir eine Liste von so genannten Kernfonds aufgestellt. Sie umfasst Fonds für die eher vorsichtigen Leser. Unter Kernmärkten verstehen wir globale, europäische und auch deutsche Fonds für Standardwerte sowie flexible, breit aufgestellte Fonds, die auch in Nebenwerte investieren können. In der Annahme, dass sich die meisten Anleger eher für die Generalisten-Fonds entscheiden, haben wir diese Liste mit 20 Produkten recht ausführlich gestaltet.
Die zweite Liste der Satelliten-Fonds umfasst 10 Produkte und ist für den eher risikofreudigen Investor gedacht, der die Volatilität als Freund ansieht und der der Meinung ist, dass es der Cost-Average-Effekt schon richten wird. Hier finden sich Aktienfonds, die in Schwellenländer und in Branchen investieren. Diese Fonds sind nur für fortgeschrittene Anleger geeignet, die sich eine Meinung zu einem bestimmten Sektor oder einer Region gebildet haben, den Börsenzyklus im Blick haben und gezielt nach dem Rendite-Kick suchen.
Zunächst nehmen wir uns die Fonds vor, die in – aus Sicht des Anlegers in Deutschland – Kernmärkte investieren: Aktien Global, Aktien Europa, Aktien Eurozone und Aktien Deutschland.
Die untere Tabelle lesen Sie so: Neben dem Fondsnamen und der Kennnummer ISIN finden Sie weiter rechts die Morningstar-Kategorie des jeweiligen Fonds. In der Spalte weiter rechts ist das Morningstar Analyst Rating aufgeführt. Wie bereits erwähnt, haben wir für die VL-Auswahl nur positiv bewertete Fonds ausgesucht. Weiter rechts finden Sie die Rendite und das Risiko der vergangenen sieben Jahre pro Jahr. Dies entspricht nicht dem VL-Ergebnis, sondern stellt die Rendite (bzw. das Risiko) dar, die man bei einer Einmalanlage vereinnahmt hätte.
Weiter rechts kommen wir dann zum Kern der Sache: Hier ist das Ergebnis in Euro aufgelistet, das ein Investor nach einer sechsjährigen Ansparphase und einer einjährigen Ruhephase vereinnahmt hätte. Vorausgesetzt werden dabei monatliche Einzahlungen von 40 Euro. Handelskosten wurden ebenso wenig berücksichtigt wie Steuern oder die mögliche staatliche Förderung.
Tabelle: Kernfonds für die VL-Anlage
Die Ergebnisse unserer Auswertung können sich sehen lassen und sprechen zunächst klar für den Cost-Averaging-Effekt. Alle Fonds 20 Fonds unserer Kernliste vermochten es, aus den eingezahlten 2.880 Euro ein ordentliches Plus zu machen. Selbst der Fonds mit dem schlechtesten Ergebnis, der Sparinvest Global Value, konnte aus 2.880 Euro gut 3.268 Euro machen. Der beste Fonds, der Allianz Europe Equity Growth, kam nach sieben Jahren sogar auf ein Endergebnis von 4.861 Euro.
Besonders aufschlussreich ist der Vergleich des VL-Gesamtergebnis mit der Rendite, die bei einer Einmalanlage erzielt worden wäre. Eine Einmalanlage von 2.880 Euro hätte bei den meisten der hier vertretenen Fonds im Siebenjahreszeitraum keine so gute Rendite gebracht wie das ratierliche Sparen. Nur bei den ersten sechs Fonds wären Anleger mit einer Einmalanlage besser gefahren als mit dem VL-Sparen.
Besonders vorteilhaft fällt der Glättungseffekt der VL-Anlage beim M&G Global Leaders und dem Sparinvest Global Value aus. Während beim VL-Sparen beim M&G-Fonds am Ende aus 2.880 Euro 3.577 Euro gemacht wurden, wären angesichts der mageren Durchschnittsrendite von 0,15% pro Jahr in den sieben Jahren zwischen Mai 2006 und April 2013 bei einer Einmalanlage nur 2.910 Euro herausgesprungen.
Noch schlimmer hätte es Anleger bei einer Einmalanlage im Sparinvest Global Value erwischt. Hier hätten Anleger mit einem Einmalinvestment pro Jahr knapp 1% eingebüßt und so einen realen Verlust hinnehmen müssen. Beim Cost Averaging mit VL wären aus 2.880 immerhin noch 3.268,50 Euro geworden.
Ist das Cost-Averaging der Einmalanlage immer überlegen?
Sodann stellen wir uns eine weitere Frage, die Anleger umtreibt: Wenn die Volatilität der Märkte den Sparplan-Investor gegenüber dem Einmalinvestor bevorzugt, gilt dann das Motto: Je volatiler der Fonds, desto besser das Ergebnis? Ist die Volatilität immer der Freund des Investors? Wird eine hohe Schwankungsintensität (und damit die Risikofreude des Investors) belohnt? Und: Liegt man mit dem Cost-Averaging-Effekt eigentlich immer richtig? Das Beispiel der VL-Fonds zeigt (leider), dass es so einfach nun wieder auch nicht ist. Es gilt auch hier: Es gibt keinen Free Lunch an den Märkten!
Kommen wir zu unserer Fondsauswahl zurück. Zwar findet sich mit dem DWS Deutschland der volatilste der VL-Fonds auf Platz zwei des VL-Rankings nach dem besten Anlageergebnis. Aus 2.880 Euro, die in 40-Euro-Raten über 6 Jahre eingezahlt wurden, sind stolze 4.499,87 Euro geworden. Dass die Volatilität hier für den Anleger gearbeitet hat, geht allerdings auf die hervorragende Rendite im siebten Ruhejahr zwischen April 2012 und März 2013 zugute. Wäre der deutsche Aktienmarkt zwischen April 2012 und März 2013 nicht so phantastisch gelaufen, wäre das Ergebnis des VL-Fonds ganz anders (nämlich viel schlechter) ausgefallen. Das gilt auch für den Concentra, der ebenfalls in deutsche Standardwerte investiert, sowie für die Eurozonen-Fonds unserer Auswahl.
Ein Blick auf den Lingohr Systematik und den Sparinvest Global Value, die relativ hohe Volatilitäten aufweisen, zeigt, dass das Momentum in den Abwärtsphasen schwerer wiegt als in den Aufwärtsphasen. Beide Fonds haben relativ magere Ergebnisse in den sieben VL-Jahren erwirtschaftet.
Gute Vola, schlechte Vola
Fonds wie der DWS Top Dividende und der Invesco Pan European Structured Equity zählen dagegen zu den Fonds mit niedrigen Schwankungsintensitäten. Sie konnten sehr ansehnliche Renditen erwirtschaften. Wer weniger verliert, muss eben weniger aufholen!
Das bringt uns zu dem vorläufigen Fazit: Die Volatilität wäre nur dann von Vorteil, wenn der Manager eines Fonds die Marktrendite nach oben potenzieren könnte (=gute Volatilität!) und die Marktschwankung nach unten abschneiden könnte. Das gelingt allerdings in den wenigsten Fällen, sodass man die Regel aufstellen kann, dass gute und schlechte Volatilität bei den meisten Fonds längerfristig untrennbar miteinander verbunden sind. Die Fonds, die die „gute“ Vola nach oben abgreifen, werden in aller Regel in Abwärtsmärkten nach unten mitgezogen. Und die siebenjährigen VL-Phasen sind lang genug, um mehrere Abwärtsphasen zu beherbergen, wie die Erfahrung von Aktienanlegern seit 2008 zeigt!
Dass VL-Fonds in unserem Beispiel überwiegend gute Ergebnisse erzielten, liegt vor allem daran, dass die Aktienmärkte in den vergangenen 12 Monaten einen sehr guten Lauf hatten. Hätten die Märkte im siebten Ruhejahr auf der Stelle getreten oder wären sie gefallen, wäre bei den VL-Fonds mit Fokus auf deutsche und europäische Standardwerten bestenfalls eine magere einstellige Rendite, schlimmstenfalls sogar ein dickes Minus nach sechs Jahren herausgekommen.
VL-Verträge - wie andere ratierliche Sparverträge auch - können ihre Stärken gegenüber der Einmalanlage nur dann ausspielen, wenn eine für Cost-Averaging optimale Konstellation greift: Auf eine längere Seitwärtsphase, gerne auch mit zwischenzeitlichen Korrekturen, folgt im letzten Zeitabschnitt des VL-Vertrags eine starke Aufwärtsbewegung. In unserem Beispiel mussten Anleger zwar eine harte Baissephase (2008 und 2009) sowie eine scharfe Korrektur (Sommer und Herbst 2011) durchleben, konnten aber auch von zwei starken Aufwärtsbewegungen (2009 bis Mitte 2011) sowie seit Sommer 2012 profitieren, die ihren VL-Vertrag in deutlich positives Terrain hievte. Die letzten sieben Jahre waren also per saldo eine sehr gute VL-Periode.
Ganz anders wäre das Bild ausgefallen, wenn in den letzten VL-Vertragsjahren eine deutliche Korrektur erfolgt wäre. Anleger, die Mitte der 1990er Jahre einen VL-Vertrag abschlossen und diesen dann 2002 oder 2003 auflösten, mussten überwiegend mit weniger als den eingezahlten Beiträgen auskommen.
Diversifikation ist die Lösung
Das bringt uns zum vorläufigen Fazit: Auch wenn die besten Ergebnisse der VL-Sparverträge mit deutschen Standardwertefonds erzielt wurden, ist eine globale Diversifikation angesichts der deutlich niedrigeren Schwankungsintensität für viele Anleger eher zu empfehlen.
Ansonsten machen Anleger bei VL mit ihrem - zwangsläufig - langen Atem schon sehr vieles richtig: Auch wenn es Gegenbeispiele gibt, ist das ratierliche Sparen eine gute Lösung des allgegenwärtigen Timing-Problems. "Wann einstiegen?", ist bei einer Einmalanlage ein großes Problem, da die meisten Anleger in der Regel dann nicht kaufen, wenn es geboten wäre, nämlich dann, wenn die Nacht am dunkelsten ist, die Märkte kräftig Federn gelassen und die meisten Investoren kapituliert, sprich: verkauft, haben. VL-Sparer blenden solche Störgeräusche aus und agieren im Zweifel antizyklisch!
Und was ist mit den Randmärkten und ETFs als Bausteine für VL-Sparpläne? Lesen Sie hier weiter.
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