Etliche Anleger dürften in den vergangen Wochen und Monaten Post von ihren Fondsanbietern über neue Gebührenregelungen bekommen haben. Diese wurden möglicherweise in der Zeit Ihres Sommerurlaubs umgesetzt. Zum 1. Juli wurden auf Druck der Aufsicht die Kosten vieler Fonds umgestellt. Wir haben im vergangenen Dezember ausführlich über diese sich abzeichnende Neuerung berichtet und wollen angesichts des Inkrafttretens der Regelung kurz die Neurungen skizzieren und auf neue Entwicklungen eingehen (lesen Sie hier den seinerzeitigen Bericht).
Das neue „Gedächtnis“ für Fonds – zumindest für 5 Jahre
Im Vergangenen Herbst hatte die Bafin im Zuge einer neuen Regelung („Musterbausteine für Kostenregelungen“) den deutschen Anbietern ins Pflichtenheft geschrieben, die erfolgsabhängigen Gebühren für ihre in Deutschland aufgelegten Fonds fairer im Sinne der Anleger zu gestalten. Der wichtigste Punkt war die verbindliche Einführung eines Verlustvortrags bei der so genannten Performance Fee. Fondsmanager dürfen Anlegern seit Juli dieses Jahres nicht länger die Performance Fee jedes Jahr aufs Neue in Rechnung stellen, unabhängig davon, ob der Fonds zuvor eine unterdurchschnittliche Rendite erzielt hat. Einfach ausgedrückt werden deutsche Fonds mit einem Gedächtnis „beschenkt“ (aus Anlegersicht) bzw. „belastet“ (aus Sicht der betreffenden Anbieter).
Die bisher geltende weitgehend unregulierte Praxis bei den Erfolgsgebühren war dazu angetan, Fondsmanager zu überdurchschnittlich hohen Risiken zu ermutigen – auf Kosten der Anleger. Denn ging eine riskante Wette nicht auf, konnte der Fondsmanager bei Produkten ohne Verlustvortrag im Jahr darauf nach dem Motto verfahren: „Neues Spiel, neues (Performance-Fee-)Glück“ und gegebenenfalls die Gebühr vereinnahmen, auch wenn im Vorjahr hohe Verluste angefallen waren. Jetzt müssen Fonds mit Performance Fee zunächst die negativen Vorträge gut machen, bevor sie eine Erfolgsgebühr erneut vereinnahmen dürfen.
Eine Ausnahme besteht allerdings. Die Bafin erlaubt Fondsanbietern, künftig nach 5 Jahren einen Schnitt zu machen. Ist der negative Vortrag auch nach Ablauf dieser Frist nicht aufgeholt, kann dennoch „genullt“ und in der Abrechnungsperiode darauf die Performance Fee erneut vereinnahmt werden. Das klingt auf den ersten Blick widersprüchlich, ist aber angesichts der Praxis aus der Hedgefondswelt verständlich. Haben chronische Underperformer keinerlei realistischen Aussichten, jemals wieder eine Performance Fee zu vereinnahmen, neigen viele Manager dazu, diese Produkte dicht zu machen und im Gegenzug einen „unverbrauchten“ Fonds mit einer identischen Strategie neu aufzulegen.
Die Sache mit dem Brutto und dem Netto
Ein weiterer Fortschritt ist, dass deutsche Fonds jetzt nicht mehr die Brutto-Performance als Grundlage für die Berechnung der Performance Fee verwenden dürfen. Die Erfolgsgebühr darf künftig erst nach Abzug der jährlichen Fixkosten berechnet werden. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn aktives Management ist kein Selbstzweck. Anleger zahlen gutes Geld für die Vermögensverwaltung, und es sollte Anspruch jedes Fondsmanagers sein, die Anleger-Rendite zum Maßstab für seinen Erfolg zu erheben. Wer die Bruttorendite eines Fonds als Berechnungsgrundlage verwendet, lässt seine Fixkosten als Erfolgskomponente in die Berechnung einer zusätzlichen Gebühr einfließen. Das ist aus Anlegersicht kein erstrebenswertes Unterfangen. Vor allem die Deka und Union Investment fielen hier negativ auf. Doch das hat sich nun verändert.
Auch die Tatsache, dass die für die Berechnung der Performance Fee relevante Periode künftig nicht kürzer sein darf als 12 Monate, bewerten wir als positive Neuerung. Hintergrund ist, dass einige Fondsanbieter ihre Performance Fee halbjährlich, quartalsregelmäßig oder sogar monatlich berechnen. Dies war bei einigen Fonds von Allianz Global Investors, Frankfurter Performance Management (FPM) und Lupus Alpha der Fall. Im schlechtesten Fall konnten sehr schwankungsreiche Fonds eine Performance-Gebühr vereinnahmen, auch wenn nach viel Auf und Ab beim Anleger wenig Performance hängen blieb.
Apropos: Im Zuge der Einführung der neuen Regelungen hat Allianz Global Investors zum 1. Juli die erfolgsabhängige Gebühr bei 7 Produkten, 2 AS-Fonds sowie der Reihe Allianz Fondsvorsorge, gestrichen.
Die Einordnung: „Neue Linie“ bei der Aufsicht
Unter dem Strich halten wir fest, dass sich der Wind gedreht hat. Die Tonlage der Bafin lässt wenig Zweifel daran zu, dass es in Zukunft auf eine weitere Verschärfung der Kostenregeln zugunsten der Anleger hinauslaufen wird. Dies zeigt sich daran, dass sich die deutsche Aufsicht lange vor Inkrafttreten von UCITS V an die Verschärfung der Kostenregeln gemacht hat.
Bisher galt die Festlegung von Fondskosten als wirtschaftliche Entscheidung der Fondsbranche, frei nach dem Motto: „Es herrscht Vertragsfreiheit, und jedem Anleger steht es frei, einen überteuerten Fonds zu kaufen“. Die im September 2012 veröffentlichten Regeln zu Performance Fees werden jedoch im Kontext einer möglichen „Interessenwidrigkeit“ von Fondskosten für Anleger aufgegriffen. Die Bafin setzt jetzt also bei vormals rein privatrechtlichen Vertragsbestimmungen Prüfungsmaßstäbe an. Es besteht nunmehr eine Genehmigungspflicht für Fondsgebühren.
Unschönes bleibt leider auch
Ungeachtet dieser positiven Aspekte, die gut 400 Fonds betreffen, müssen wir festhalten, dass auch seit Juli dieses Jahres nicht alles gut ist in Sachen Fondsgebühren. Auch nicht bei Performance Fees. In erster Linie betrifft das die bislang willkürliche Festlegung der Höhe dieser Gebühren. Hierzu hat sich die Aufsicht nicht geäußert. Wir meinen, dass es nicht fair ist, 25% der Outperformance eines Fonds zu verlangen, wie es die Deka, DWS und Union Investment bei ihren Aktienfonds tun, zumal die Verwaltungsvergütung bei ihren Fonds üblicherweise auskömmlich ist.
Auch hat die Bafin nicht in die uneinheitliche Gestaltung der Performance Fees eingegriffen. Während manche Anbieter, wie etwa die Deka, die Gebühr nach Asset-Klassen staffeln und bei defensiven, rentenorientierten Fonds nur 10% der Outperformance vereinnahmen, berechnen Anbieter wie Union Investment oder Allianz Global Investors 25% bzw. 20% der Outperformance, egal, ob es sich um Aktien-, Renten- oder Mischfonds handelt.
Die neue Bafin-Regelung zu Performance Fees weist darüber hinaus ein weiteres – logisches - Manko auf. Sie ist auf deutsche Fonds begrenzt. Luxemburger und irische Fonds mit Performance Fees sind von dieser Regelung nicht betroffen – hier gelten die alten Regelungen. Selbstverständlich haben die deutschen Fondsanbieter, die unfair gestalteten Performance Fees ihrer ausländischen Fonds nicht angetastet.
Ausblick: Noch zu viele Böhmische Dörfer
So unumstritten effektiv die Bafin-induzierten Änderungen sind, umso unklarer ist allerdings, inwiefern Anleger die für die Performance ihres Portfolios höchst relevante Frage nach der Gestaltung der Performance Fees überhaupt registriert bzw. ob sie die Tragweite von unfair gestalteten Performance Fees erfasst haben.
Eine Untersuchung der Uni Mannheim im Frühjahr hat etwa zutage gefördert, dass Investoren offenbar nichts gegen Performance-Gebühren haben, unter anderem deshalb, weil sie dadurch eine höhere Rendite ihrer Fondsanlage erwarten. Es erscheint uns zweifelhaft, ob das zutrifft, zumal Benchmarks nicht immer adäquat gewählt werden. Es bleibt also viel Aufklärungsarbeit zu leisten!
Auch die neuen Regelungen zu den anderen Komponenten der Fondskosten dürften für viele Anleger nicht greifbar sein. So sehr der Trend zu mehr Transparenz bei den Kostenregelungen an sich begrüßenswert sein mag - für die Mehrheit der Privatanleger dürften die vielen Kennzahlen kaum verständlich sein. Oder können Sie aus dem Kopf sagen, wodurch sich die so genannten All-in-Fees von der Gesamtkostenqoute eines Fonds (TER) oder von den in den neuen Fondsdokumenten niedergelegten laufenden Kosten ("Ongoing Charges") unterscheiden? (lesen Sie hier mehr).
Dennoch: Der Trend in Richtung Gebührenregulierung dürfte dennoch langfristig klar sein. Wenn die europäischen Fondsgesetze UCITS eine Verschärfung der Kostenregelungen vorsehen, werden – und das erscheint wahrscheinlich -, dann wird das nicht nur Ausweichreflexe deutscher Anbieter verhindern und die verstärkte Auflage unfair gepreisten Fonds in Luxemburg oder Dublin verhindern. Vielmehr wird die nächste anstehende Richtlinie UCITS V auch Rückkoppelungseffekte am deutschen Fondsmarkt auslösen. Vermutlich wird die deutsche Aufsicht bzw. der Gesetzgeber im Zuge der nationalen Umsetzung von UCITS V sehr genau registrieren, wo Schlupflöcher verblieben sind – und diese dann gezielt angehen.
Was bei Performance Fees also jetzt nicht erledigt wurde, kann durchaus in der zweiten Regulierungsrunde auf europäischer Ebene noch adressiert werden. Wie hart die Auseinandersetzung ist, zeigt die jüngste Debatte um Performance Fees im Europäischen Parlament. Anfang Juli sprach sich eine knappe Mehrheit des Parlaments in Straßburg dagegen aus, die Boni-Regelungen für Banker auch auf Fondsmanager auszudehnen. Die europäischen Grünen hatten gefordert, auch bei den Performance Fees die Zügel anzuziehen, was Medienberichten zufolge unter anderem an Abgeordneten der Christdemokraten scheiterte. Doch vermutlich ist auch hier nicht das letzte Wort gesprochen.
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