Angesichts der Bedeutung Chinas als Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft überlegen viele Investoren, wie sie über ein Investment in chinesische Aktien das nach wie vor beachtliche Wachstum des Reiches der Mitte abschöpfen können.
Unbeschadet der Tatsache, dass “China” aufgrund des rapiden Wirtschaftswachstums in aller Munde ist, übersehen viele Investoren die großen Unterschiede zweischen dem dortigen Markt und den Aktienmärkten der Industrieländer - und die vielen Hürden und Fallstricke, die ein Investment in China mit sich bringt. Der chinesische Aktienmarkt ist längst nicht so reguliert wie die hiesigen Märkte, es existieren nach wie vor strikte Kapitalkontrollen, und der chinesische Aktienmarkt ist aufgrund des Dirigismus der chinesischen politischen Führung zersplittert und für die meisten westliche Anleger nicht ohne weiteres frei zugänglich.
Unser globales ETF-Research-Team ist deshalb tief in die Materie eingestiegen und hat alle Aspekte von ETFs mit dem Anlagefokus auf China-Aktien beleuchtet. Im Folgenden heben wir die wichtigsten Aspekte hervor, die ETF-Anleger, die mit einem Investment in China liebäugeln, wissen sollten.
Schlafender Riese: China in den globalen Indizes
Nähert man sich dem chinesischen Aktienmarkt zunächst von der Vogelperspektive, wird deutlich, warum der Portfolioanteil Chinas bei vielen Investoren im Vergleich zur Bedeutung Chinas für die Weltwirtschaft noch recht klein ist. Im globalen Standardindex MSCI World sind chinesische Aktien nicht repräsentiert. Das ist nur logisch, weil dieser Index ausschließlich Aktien aus den entwickelten Ländern umfasst.
Doch auch der breiter gefasste MSCI All Countries World Index (MSCI ACWI) enthält China-Aktien nur in homöopathischen Dosen - das Reich der Mitte macht gerade einmal 2% des Indexgewichts aus. Selbst der ausschließlich auf Schwellenländer ausgerichtet MSCI Emerging Markets weist nur eine China-Quote von 18% aus. Der Indexanbieter MSCI hat berechnet, dass bei einer Inklusion des A-Shares-Segments dieser Anteil in dem globalen Schwellenländer-Index auf 30% steigen würde.
Derzeit überprüft MSCI diese Erweiterung des Index, was gravierende Folgen für die Asset Allocation der Anleger in globalen Schwellenländer-ETFs, aber auch für aktiv gemanagte Fonds hätte, die überwiegend den MSCI Emerging Markets als Benchmark verwenden (und wir alle wissen, dass nicht nur ETFs an ihrem Index kleben!).
Je mehr man sich den Aktienmärkte der Subregion Südostasien nähert, desto größer wird das Gewicht chinesischer Aktien: Es ist also nicht nur China drin, wo China draufsteht. Die untere Tabelle illustriert den Anteil chinesischer Aktien in globalen und regionalen Indizes und beleuchtet ferner im Detail die verschiedenen chinesischen Aktiensegmente, welche die Indizes ausmachen.
Grafik: Das Gewicht chinesischer Aktien in globalen und regionalen IndizesQuelle dieser und nachfolgender Grafiken: Die jeweiligen Indexanbieter und Morningstar Research
Worauf Anleger grundsätzlich achten sollten
Bereits ein näherer Blick auf die obere Grafik deutet an, wie stark zersplittert sich der chinesische Aktienmarkt aufgrund der politischen Kontrolle der Führung in Beijing gibt. (Übrigens sollte Kontrolle nicht verwechselt werden mit Regulierung im westlichen Sinne). Deshalb wollen wir uns zunächst die wichtigsten Aktiensegmente vornehmen.
Der chinesische Aktienmarkt lässt sich in zwei übergeordnete Kategorien aufteilen: Die Onshore-Aktiensegmente, die in Festland-China gelistete Unternehmen umfasen und die Offshore-Aktiensegmente, deren Unternehmen an ausländischen Börsen notieren.
Das Onshore-Segment: A- und B-Shares
Das wichtigste Onshore-Segment sind die sogenannten A- Shares. Es handelt sich hier um Unternehmen, die an den Börsen Shanghais and Shenzhens gelistet sind und auf Renminbi (RMB) lauten. Nur chinesische Investoren und ausgewählte ausländische institutionelle Anleger (so genannte Qualified Foreign Institutional Investors, QFII) dürfen in A-Aktien investieren. Letztere dürfen erst seit dem Jahr 2002 am chinesischen Markt aktiv sein.
Allerdings ist der Zugang für Ausländer strikt limitiert. Zunächst waren die Investments auf 30 Milliarden US-Dollar beschränkt. Diese Quote wurde 2012 auf 80 Milliarden und im Juli 2013 sogar auf 150 Milliarden Dollar erhöht. Per Ende Juni waren 229 ausländische Institutionen als QFII qualifiziert. Dieses Volumen ist im Vergleich zum Gesamtvolumen des A-Segments von 3,441 Billionen US-Dollar indes bescheiden.
Deutlich weniger Bedeutung hat das Segment der B-Shares. Im Unterschied zu A-Shares sind diese Unternehmen in Fremdwährungen gelistet. In Shanghai lauten die Kurse auf US-Dollar, in Shenzhen auf Hongkong-Dollar. Dieses Segment steht ausländischen Investoren offen, es ist mit einem Volumen von 26 Milliarden US-Dollar indes ungleich kleiner.
Die Folgende Grafik zeigt die wichtigsten Indizes für chinesische Onshore-Aktien, ihre Zusammensetzung, Daten zur Indexüberprüfung und auch die wichtigsten Rendite-Risiko-Kennzahlen (auf US-Dollar-Basis) auf einen Blick.
Das Offshore-Segment: H-Aktien, Red Chips und P-Chips
Die wichtigsten Aktiensegmente, die ausländischen Investoren uneingeschränkt zugänglich sind, sind H-Shares, Red Chips und P-Chips. H-Shares umfassen chinesische Unternehmen, die an der Börse Hongkong gelistet sind und auf Hongkong-Dollar lauten. Viele dieser Unternehmen sind ebenfalls im A-Shares-Segment notiert, was aber nicht bedeutet, dass die Kurse der identischen unternehmen an den Segmenten übereinstimmen müssen.
Red Chips wiederum werden ebenfalls in Hongkong gehandelt. Sie sind Unternehmen, die unter Kontrolle von Organisationen oder Firmen stehen, die dem chinesischen Staat, den Provinzen oder den Regionen der Chinesischen Volksrepublik gehören.
P-Chips: umfassen Firmen, deren Sitz sich außerhalb Chinas befindet, die in Hongkong gehandelt werden und einige Kriterien erfüllen müssen mit Blick auf den Umsatz, den sie in China erwirtschaften, der Reichweite der chinesischen Eigentümerstruktur und die regionale Konzentration ihres Firmenbesitzes. Die großen Indexanbieter setzen hier unterschiedliche Schwerpunkte, was unterschiedliche Gewichtungen der jeweiligen Indizes mit sich bringt. Während MSCI beispielsweise nur solche Unternehmen als P-Chips führt, die über 80% ihres Umsatzes mit der Volksrepublik erwirtschaften, sind es bei FTSE nur 50%.
Es finden sich weitere Offshore-Aktiensegmente, in denen sich chinesische Unternehmen tummeln. L-Shares sind chinesischen Aktien, die in London gehandelt werden, N-Shares finden sich an der New York Stock Exchange und der Nasdaq, und S-Shares werden in Singapur gehandelt. Bei diesen Segmenten handelt es sich zwar eher um Nebenkriegsschauplätze, in manchen Indizes spielen sie indes eine nicht unerhebliche Rolle. So machten N- und S-Shares per Ende Juni knapp 7,5% des Gewichts des S&P China BMI aus.
Folgende Übersicht zeigt die Merkmale der wichtigsten Aktienindizes, die sich aus Offshore-Aktien zusammensetzen.
Einige Anmerkungen mit Blick auf die Unterschiede zwischen den Onshore- und Offshore-Segmenten, die aus den beiden oberen Grafiken hervorgehen. Während die Rendite und die Volatilität (auf US-Dollar-Basis) in den vergangenen 3 Jahren vergleichbar waren, konnten konnten Offshore-Indizes in den vergangenen 12 Monaten (per Ende Juni) deutlich outperformen, und sie zeigten auch eine niedrigere Schwankungsintensität.
Allen Indizes gemein ist indes der hohe Anteil an Finanztiteln und Banken. Die höchsten Quoten weisen mit über 60% der FTSE China A 50 (Onshore) und der FTSE China 25 (Offshore) auf.
So weit, so gut. Wir kommen im zweiten Teil der Umschau zum chinesischen Aktienmarkt nun zu den verschiedenen ETFs, die in Europa, vor allem im deutschsprachigen Raum, verbreitet sind. Lesen Sie hier weiter.
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.