Mischfonds: Zehn Thesen in einer Bildergeschichte

Mischfonds sind in diesem Jahr gefragt wie nie zuvor. In unserer Marktübersicht greifen wir thesenartig die wichtigsten Fragen auf, die wir immer wieder von Anlegern hören. Eine spannende Bildergeschichte zur ansonsten hoffentlich besinnlichen Adventzeit.  

Ali Masarwah 05.12.2013
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Asset-Allocation-Fonds, vermögensverwaltende Fonds, Multi-Asset-Fonds – oder doch nur Mischfonds? Fest steht, dass die Investmentbranche derzeit besonders kräftig die Werbetrommel für Produkte rührt, die in mehrere Asset-Klassen investieren. Mit geradezu atemberaubender Resonanz. Europaweit wurden in den ersten zehn Monaten des Jahres 80,95 Milliarden Euro in Mischfonds investiert. Sie steuern 2013 absehbar auf ein Rekordjahr zu.

Auch wenn in der allgemeinen Wahrnehmung über weite Strecken Bond-Fonds Bei Anlegern im Fokus standen und zuletzt, nachdem die US-Notenbank sich für eine Fortsetzung ihrer extrem aggressiven Geldpolitik (QE3) entschieden hat, Aktienfonds stark nachgefragt waren: Das Rennen haben Mischfonds gemacht. Während die Zuflüsse in Aktien- und Rentenfonds im Jahresverlauf sehr volatil waren, standen Mischfonds konstant auf der Kaufliste der Anleger.

Aber sind diese Fonds wirklich das Allheilmittel für Anleger „in den heute unsicheren Zeiten“ (wann, fragt man sich, waren die Kapitalmärkte jemals „sicher“?)? Wir haben in der Vergangenheit häufig über einzelne Mischfonds-Segmente berichtet. Dabei haben wir festgestellt, dass flexible Mischfonds in der Mehrzahl die Erwartungen der Anleger enttäuscht haben dürften. Auch zu Schwellenländer-Mischfonds und defensiven Produkten haben wir kritische Fragen aufgeworfen.

Heute wollen wir in einem Parforce-Ritt eine Gesamtschau zu Mischfonds wagen. Aus der Vogelperspektive und ohne Ambitionen, allen Fonds in allen Facetten gerecht zu werden. Eine thesenförmige Darstellung soll für Klarheit und Struktur sorgen, zur Illustration verwenden wir reichlich Grafiken und Bilder – es handelt sich gewissermaßen um eine Bildergeschichte – eine spannende in einer hoffentlich besinnlichen Adventszeit.*

These eins: Anleger und Berater haben kapituliert

Anleger und Berater haben bei der Frage, wie Portfolios zu strukturieren sind, kapituliert. Sie übertragen die Verantwortung auf den (Mischfonds-)Manager. Das war nicht immer so. Gerade mit Blick auf Berater erstaunt dieser Befund, haben sie doch über Jahre den Anspruch gehabt, den optimalen Asset-Mix für Anleger durch Fonds-Picking finden zu können. Das hat sich grundlegend verändert.

Wie stark sich dieser Wandel vollzogen hat, zeigt die Übersicht über das organische – also das um die Marktperformance bereinigte - Wachstum der großen Anlageklassen per Ende Oktober. Mischfonds konnten 2013 gegenüber Aktien- und Bond-Fonds am stärksten zulegen. Das Wachstum lag in diesem Jahr bei 14,45 Prozent. Aktien- und Rentenfonds verzeichneten mit 3,75 Prozent bzw. 3,99 Prozent eher magere Zuwachsraten. (Hinter dem Wachstum der alternativen Fonds steht ebenfalls eine weitere spannende Story, die wir in den nächsten Wochen aufgreifen werden. Für heute belassen wir es bei der Feststellung, dass alternative Fonds nicht zu den „Großen“ Kategorien gehören. Noch nicht.)

Das erste Bild: Mischfonds sind die Gewinner des Jahres 2013

Daten-Quelle aller Tabellen und Grafiken: Morningstar Direct

 

These zwei: Anleger schwanken zwischen Realismus und Hoffnung

Im Anschluss an unsere erste These stellt sich nun die Frage nach dem Grund. Warum sind Mischfonds heute so gefragt? Und ist das gut so? Richtet man den Blick auf die Zahlen eine Ebene tiefer, stellt man fest, dass defensive und flexible Mischfonds in diesem Jahr europaweit die meisten Zuflüsse verbucht haben. Besonders stark waren global anlegende defensive und flexible Mischfonds gefragt. Was lässt sich aus den Zahlen und Wachstumsraten ableiten? Zum einen: Anleger sind konservativ. Sie wollen vor allem keine Verluste erleiden. Mit Aktienquoten von unter 35 Prozent entsprechen defensiv ausgerichtete Fonds diesen Ansprüchen am ehesten. 

Zum anderen: Hinter den Zuflüssen in flexible Mischfonds dürfte das Motto stehen: Die Hoffnung stirbt als letztes. Anleger hoffen bei diesen Fonds auf den allwissenden Manager, der die Zukunft mit einem Blick in die Glaskugel vorhersehen kann. Das ist keine Übertreibung. Denn flexible Mischfonds sind vollkommen frei bei der Gewichtung der Risiko-Quoten in ihren Portfolios. Anleger, die in einen flexiblen Fonds investieren, hoffen darauf, dass ihr Manager „immer das Richtige“ tut.

Die Investment-Industrie tut das ihre, um diese Hoffnungen zu schüren. Bei fallenden Aktienmärkten werde rechtzeitig in sichere Bonds umgeschichtet, bei steigenden Märkten das Risiko dagegen gesucht, so das Idealbild, das laut den Backtests der Anbieter auch die Regel sein soll. Doch muss man das auch wirklich glauben? Die Antwort auf die oben aufgeworfene Frage, ob die starke Nachfrage nach Mischfonds für Anleger eine gute Sache ist, lautet also: Es kommt darauf an, mit welchen Erwartungen die Beteiligten, Anleger/Berater und Fondsmanager, an die Sache herangehen.

Das zweite Bild: Gemischte Erwartungen mit Aussicht auf Enttäuschungen

 

These drei: Die Hoffnung sollte eher zuerst als zuletzt sterben

Kommen wir zu flexiblen Mischfonds. Bei den Verkaufsschlagern ist Vorsicht angebracht. Die Fondsgruppe hat in der Vergangenheit enttäuscht. Wer darauf hofft, dass sich flexible Mischfonds immer passend zum Risk-on- bzw. Risk-off-Modus an den Märkten positionieren, könnte eine böse Überraschung erleben. Das Gros der Manager hat im Vergleich zu einer 50:50-Aktien-Renten-Benchmark in der Vergangenheit regelmäßig enttäuscht. Seit 2010 lag die Erfolgsquote flexibler Fonds bei unter drei Prozent! Ein Überblick über das Rendite-Risiko-Profil verschiedener Mischfonds-Kategorien in den vergangenen drei Jahren zeigt, dass flexible Mischfonds gegenüber besagtem Index regelmäßig im Nachteil sind. (Die Ergebnisse über fünf, zehn oder 15 Jahre bringen keine wesentlich anderen Erkenntnisse.)

Das dritte Bild: Flexible Fonds müssten es im Vertrieb eigentlicb schwer haben

 

These vier: Auch die Profis werden auch vom „Lärm“ an den Märkten überwältigt

Wir haben uns etliche tatsächliche oder vermeintliche Wendepunkte an den Märkten angeschaut und mit der Aktien-Gewichtung von flexiblen Mischfonds im Zeitablauf abgeglichen. Das Ergebnis: Die Manager flexibler Produkte handeln überwiegend reaktiv. Sie laufen den Märkten hinterher. Das ist nicht gut. Schon gar nicht bei Strohfeuern, also Nicht-Ereignissen an den Märkten, aber - und das ist vermutlich umstritten - auch nicht bei echten „Events“. Wir haben zwei Beispiele für die These ausgewählt. Wie haben Fondsmanager auf den Fukushima-Unfall und die Euro-Krise reagiert?

Im Falle Fukushimas war bereits wenige Tage nach der Kernschmelze in Japan relativ klar absehbar, dass diese regionale Tragödie keine Bedeutung für die Weltwirtschaft und die globalen Kapitalmärkte haben würde. Dennoch wurden die Aktienquoten in flexiblen Fonds nach dem Fukushima-Gau signifikant gesenkt. Fondsmanager haben also auf den falschen Alarm gehandelt. Nur wenige Monate wurden die Quoten im Zuge der Eurokrise ebenfalls deutlich gesenkt. „Noise“ (Fukushima) und „Ernstfall“ (Eurokrise) haben also identische Handlungsmuster bei den Managern flexibler Produkte ausgelöst, wie unsere beiden Schaubilder unten zeigen. Man also argumentieren, dass jegliches reaktive, im Sinne von prozyklische Handeln auf externe Events eher Nachteile bringt, weil das sprichwörtliche Kind bereits in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist und der Fondsmanager somit das Heft des Handelns aus der Hand gegeben hat. 

Das vierte Bild: Auf Fukushima hätte man nicht handeln sollen ...


 

Das vierte Bild (die Zweite): Auf die Eurokrise eigentlich auch nicht!

Im zweiten Teil des Artikels wollen wir die Leser aus dem möglicherweise durch die ersten vier Thesen erzeugten Stimmungstief herausführen und zeigen, mit welchen Strategien sich Mehrwert aus dem „Prinzip Mischfonds“ gewinnen lässt. Lesen Sie hier weiter.

*Dieser Artikel ist eine ausführliche und inhaltlich erweiterte Version einer Präsentation, die ich auf der Morningstar Investment Conference am 26. November in Frankfurt gehalten habe.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich