Die unerkannten Risiken in Mischfonds

Mischfonds sind sehr beliebt, weil sie  das Vermögen auf mehrere Anlageklassen aufteilen und verwalten. Anleger sollten jedoch die steigenden Risiken in diesen Produkten beachten, die sich  nicht unbedingt an quantitativen Kennzahlen wie der historischen Volatilität oder der Vergangenheits-Performance erkennen lassen.

Barbara Claus 18.09.2014
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Die Vergangenheitsperformance von Fonds ist aufgrund ihrer begrenzten Prognosekraft generell nicht als alleiniges Selektionskriterium geeignet. Auch wenn wir regelmäßig davor warnen, greifen Anleger gezielt nach denjenigen Fonds, die sich in den Jahren zuvor am besten entwickelt haben. Dieses Verhalten wird auch durch die einschlägigen Performance-Rankings auf den Finanzseiten der Medien noch befeuert. Wir haben bei Morningstar die schädlichen Folgen dieses Anlegerverhaltens mit Hilfe der Investor Returns, also der von durchschnittlichen Anlegern tatsächlich erzielten Rendite, näher beleuchtet (Details zum „Investor Return“ können Sie hier nachlesen).

Investoren sind in den letzten drei Jahren mit dem Kauf risikoreicher Anlagen wie Hochzinsanleihen oder Aktien deutlich besser gefahren  als mit risikoärmeren Anlageformen. An Risikokennzahlen wie der Standardabweichung oder dem maximalem Verlust war das eingegangene Risiko allerdings gar nicht abzulesen. So fällt der maximale Verlust über die letzten drei Jahre, gemessen am Durchschnitt der Fonds in den risikoreicheren Morningstar Kategorien „Anleihen EUR hochverzinslich“ und „Aktien weltweit Standardwerte Blend“, mit 3,86% bzw. 3,60% nicht viel höher aus als bei den gemeinhin alsweniger riskant bezeichneten Kategorien „Unternehmensanleihen EUR“ oder „Staatsanleihen EUR“, die am Tiefpunkt um 3,01% und 3,68% nachgaben (siehe  Tabelle).  Die Performance der einzelnen Kategorien hingegen unterschied sich im Betrachtungszeitraum deutlich. So kamen beispielsweise globale Aktien auf 15,29%, während Staatsanleihen mit einem Plus von „nur“ 6,33% deutlich hinterherhinkten.

 

Dies macht deutlich, dass das historische Risiko der Fonds, beispielsweise gemessen an maximalem Verlust, in den letzten drei Jahren nicht unbedingt das langfristige Risiko widergespiegelt hat, wobei die als risikoreicher geltenden Anlageformen die risikoärmeren anhand der Wertentwicklung deutlich übertreffen konnten.

Für die Praxis bedeutet dies, dass einige Fonds, die sich in den letzten drei Jahren relativ zu ihren Kategorien besonders gut entwickelt haben, höhere Risiken in ihren Portfolios bergen könnten, ohne dass sich dies im Betrachtungszeitraum zwangsläufig in erhöhten Risikokennzahlen niedergeschlagen hat.

Woran können Anleger dann das Risiko in ihren Fonds festmachen? Im ersten Teil unseres zweiteiligen Artikels stellen wir grundsätzliche Überlegungen zu den verschiedenen Risikoquellen bei Mischfonds an, im zweiten Teil werden wir diese Überlegungen durch eine Fallstudie zu ausgewogen investierenden Mischfonds untersuchen.

Nicht nur der Aktienanteil birgt Risiken

Wir ordnen Mischfonds nach der maximalen Höhe ihrer (historischen) Aktienquote in die Mischfonds-Kategorien „Defensiv“, „Ausgewogen“, „Aggressiv“ oder „Flexibel“ ein. Aktien liefern in der Regel den größten Risikobeitrag, doch stellen die reine Aktienquote und deren Bandbreite nicht die einzige Risikoquelle in den Fonds dar.

Weitere Risikoquellen können auf Aktienebene beispielsweise die Marktkapitalisierung (hoher Anteil an Nebenwerten), die Branchenallokation (zyklische Branchen) oder die Anlageregion (z.B. Schwellenländer) darstellen. Auf Anleiheebene können niedrige Bonitäten (High-Yield-Anleihen) oder hybride Strukturen wie Nachranganleihen oder Wandelanleihen zu den risikoreicheren Investments gezählt werden. Darüber hinaus können aber auch gemeinhin als „sicher“ geltende Anlageformen wie langlaufende Staatsanleihen oder inflationsgeschützte Anleihen während ihrer Laufzeit erhebliche Kursschwankungen aufweisen.

Dies sind jedoch nicht die einzigen potentiellen Risikoquellen, die nicht mit der Aktienquote allein abgegriffen werden können. Hinzu können Investitionen in sehr volatile Anlageklassen wie Rohstoffe und Währungen kommen. So verringerte sich beispielsweise der Preis für eine Direktanlage in Gold alleine im Jahr 2013 um ca. 30% (Goldpreis in USD).

Einige der genannten Risikoassets, vor allem im Anleihen- und Small-Cap-Bereich, weisen zudem eine geringere Liquidität auf, was vor allem in Stressphasen deutliche Spuren in der Performance der betroffenen Fonds hinterlassen kann. So war im Krisenjahr 2008 u.a. das Wandelanleihensegment besonders stark betroffen, dessen Liquidität im Zuge der Finanzkrise nahezu zum Erliegen gekommen war. Dies hatte bei Fonds, die verstärkt in diesem Marktsegment engagiert waren, temporär zu deutlichen Kursverlusten geführt.

Letztlich bleibt nur der regelmäßige Blick ins Portfolio

Im Endeffekt bleibt Anlegern nur der Blick ins Portfolio, um festzustellen, wie risikoreich ihr Fonds aufgestellt ist, doch sollte ihnen auch bewusst sein, dass ein Fondsportfolio nicht statisch ist und sich sein Gehalt an Risikoassets im Zeitablauf ändern kann.

Derzeit gilt: Kein Risiko – keine Rendite. Schaut man sich die Renditen der als „sicher“ geltenden Anlageformen wie Bundesanleihen, Kasse oder Festgeld an, wird man schnell feststellen, dass sich damit allein keine real positive Wertentwicklung erzielen lässt, bzw. einige Anlagen es nicht einmal schaffen, die momentan relativ niedrige Inflation auszugleichen. Ganz ohne Risikoassets geht es daher nicht, doch sollte deren Anteil mit der eigenen Risikotragfähigkeit vereinbar sein. Zudem kann man nicht oft genug betonen, dass sich eine Streuung über verschiedene Anlageformen durch Diversifikationsaspekte in der Regel langfristig positiv auf das Rendite-Risikoprofil auswirkt. Da die Korrelationen von Risikoassets untereinander in Krisenphasen stark zunehmen können, haben auch Anlageformen wie liquide Mittel, die aktuell eher Performance kosten, langfristig unter Diversifikationsaspekten eine Daseinsberechtigung im Portfolio.

Im zweiten Teil des Artikels analysieren wir exemplarisch anhand ausgewogen investierender Mischfonds, ob und inwiefern die Produkte in den vergangenen Jahren risikoreicher geworden sind.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Barbara Claus

Barbara Claus  war von 2012 bis 2019 Fondsanalystin bei Morningstar.