Felix Amerika! Während sich das Konjunkturbild in der Eurozone zunehmend eintrübt und die Währungsunion inzwischen ein Hemmschuh für das Wachstum in Europa darstellt, kommt die Wirtschaft in den USA immer besser in Fahrt. Sechs Jahre nach der globalen Finanzkrise hat sich die größte Industrienation der Welt erholt, und die Ampeln stehen auf jetzt erst recht auf grün: Für 2015 gehen die meisten Schätzungen davon aus, dass sich das BIP-Wachstum bei 3% einpendeln und somit wieder das Durchschnittsniveau der vergangenen 30 Jahre erreichen wird. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Häuserpreise steigen, und die niedrigen Ölpreise dürften Konsum und Produktion verstärkt ankurbeln. Entsprechend hatten US-Aktien in diesem Jahr bereits einen sehr guten Lauf - ganz im Gegensatz zu den Märkten Europas und auch den Schwellenländern.
Anleger haben hierzulande also gute Gründe, einen näheren Blick auf US-Aktien zu werfen. Investoren in Kontinentaleuropa dürften – sofern die Prognosen der Auguren zutreffen – mit US-Aktien aus einem weiteren Grund gut fahren: Der US-Dollar zeigt sich seit einigen Monaten von seiner starken Seite, und die Aussicht auf eine erste Zinserhöhung im kommenden Jahr dürfte der US-Währung gegenüber dem Euro (und dem Schweizer Franken) weiteren Auftrieb geben.
Damit sollen natürlich auch die Risiken benannt werden: Im Zuge der Zinswende – man erinnere sich nur an die Folgen der so genannten „Tapering“-Debatte im Frühsommer 2013 – könnten sowohl die Aktien- als auch die Bond-Märkte unter Druck geraten. Andererseits könnte eine robuster als erwartete US-Konjunktur die Inflation anheizen – dann käme die US-Notenbank, die bisher erkennbar nur sehr zögerlich an der Zinsschraube zu drehen beabsichtigt, unter Druck. Würde die FED dergestalt von den Ereignissen überrollt, wäre sie zum tatkräftigen Handeln gezwungen. Das könnte wiederum der Konjunktur – und somit den Unternehmen – Schaden zufügen.
Hohe Mittelzuflüsse in diesem Jahr
Anleger in Europa setzen freilich auf das erste, freundliche Szenario: Per Ende Oktober wurden europaweit in diesem Jahr 10,61 Milliarden Euro in ETFs investiert, die US-Standardwerte-Indizes abbilden. Dabei haben Investoren einen ganz bestimmten Index besonders fest im Blick: den S&P 500. Nicht weniger als 9,5 Milliarden Euro wurden in diesem Jahr in solche ETFs investiert, die diesen Index abbilden. Der S&P 500 kann mit Fug und Recht als der Königsindex gelten, wenn es um großkapitalisierte US-Aktien geht. Das zeigt auch die Übersicht der Produkte am Markt: Unsere Tabelle unten zeigt die größten 20 ETFs der Morningstar Kategorie US Standardwerte Blend.
Zwei Indizes stechen hervor: Neun Produkte – in denen mit Abstand am meisten Geld investiert ist - folgen dem S&P 500, immerhin acht bilden den MSCI USA ab, je ein ETF folgt dem MSCI North America, Dow Jones Industrial Average (das ist der Index, der fast nur noch in den Börsen-Nachrichten eine Rolle zu spielen scheint) und – der einsame Vertreter der Strategic-Beta-Produkte – dem Ossiam US Minimum Variance. Letzterer ist ein hausgemachter Index des französischen Hauses Ossiam, der das Ziel verfolgt, ein möglichst niedrigvolatiles US-Standardwerte-Portfolio zusammenzustellen.
Fünf Indizes mit Schwerpunkt USA
Kommen wir zunächst zur Beschreibung der Konstruktion des S&P 500. Der von Standard & Poor´s berechnete marktkapitalisierungsgewichtete Index umfasst die 500 größten US-Unternehmen, gemessen an den frei handelbaren Aktien. Für die Teilnahme am Index werden auch Minimalerfordernisse an die Liquidität der Aktien gestellt. Derzeit ist der Technologiesektor mit knapp 18 Prozent der am höchsten gewichtete Sektor, gefolgt von Finanzdienstleistern mit 14,9% (inklusive Banken und Versicherungen), Gesundheitstitel (14,7%) und Industriewerte (11,3%). Top-Titel sind Apple (3,8%), Exxon Mobil (2,2%), Microsoft (2,2%) und Johnson & Johnson (1,7 Prozent). Die Top-10-Aktien sind mit knapp 18 Prozent gewichtet, der S&P ist also alles andere als „kopflastig“.
Der MSCI USA folgt dem identischen Konstruktionsprinzip wie der S&P 500. Auch hier werden die Wertpapiere nach der im Streubesitz befindlichen Marktkapitalisierung gewichtet. Im Gegensatz zum S&P 500 sind mittelgroße Unternehmen hier etwas höher gewichtet. Mit derzeit 620 Aktien ist der MSCI USA auch breiter gefasst als der S&P500.
Etwas anders ist der Fall beim MSCI North America gelagert. Dieser Index, der mit einem ETF in der Auswahl vertreten ist, besteht zu rund 7 Prozent aus kanadischen Aktien. Der Rohstoffsektor ist entsprechend ein Tick höher gewichtet als das bei reinen USA-ETFs der Fall ist. Der Index umfasst derzeit 714 Aktien.
Zwei Exoten aus zwei unterschiedlichen Welten: DJIA und Minimum Variance
Gänzlich anders gestrickt ist der Dow Jones Industrial Average. Er ist der älteste Index auf US-Aktien und wird seit dem Jahr 1896 berechnet. Er umfasst lediglich 30 Aktien, die von einer Indexkommission der Zeitung „Wall Street Journal“ bestimmt werden. Im Gegensatz zur heute üblichen Praxis, Indizes nach Marktkapitalisierung bzw. Börsenumsatz zu gewichten, ist der Dow Jones Preisgewichtet. Da Unternehmen wie Apple oder Google nicht in diesem Index enthalten sind, stellt sich zudem die Frage, wie sehr dieser Index heute noch ein Spiegel der US-Wirtschaft ist, so, wie es 1896 noch der Fall war. Die Top-Titel sind Visa (8%), IBM (7%), Goldman Sachs (6%), 3M (5%) und Johnson&Johnson (4%).
Auch der Ossiam US Minimum Variance Index ist ein Exot unter den US-Standardwerte-Indizes, die wir heute vorstellen: Er beinhaltet die 250 liquidesten Aktien im S&P500 Index, die nach der Minimum-Variance-Methode gewichtet werden. Hierbei handelt es sich um ein statistisches Schätzverfahren, welches das Ziel hat, ein Portfolio mit einer möglichst niedrigen Volatilität zu konstruieren. Auch wenn die Aktien des Index dem S&P 500 entstammen, orientiert sich die Gewichtung der Aktien oder Branchen nicht an diesem Index. Die einzigen Beschränkungen: Die maximale Gewichtung pro Aktie ist auf 4,5% begrenzt, und kein Sektor darf ein Gewicht von mehr als 20% haben. Wichtig zu wissen: Der Index wird monatlich neu berechnet. Anleger müssen also den Nachteil der höheren Handelskosten mit dem Vorteil abwägen, dass dieser Index (bzw. ETF) auf Strukturveränderungen schnell reagieren kann.
Doch genug der Vorrede, kommen wir nun zu den ETFs unserer Auswahl. Wir haben uns der Einfachheit halber auf die nichtwährungsgesicherten USA-ETFs beschränkt.
Tabelle: Die größten 20 ETFs auf US-Standardwerte (Blend) in Europa
Laufende Kosten: genau hinsehen lohnt sich
Wie aus unserer Auswahl hervorgeht, folgen die drei größten ETFs dem S&P 500. Wie kaum ein anderes Bild illustriert dieses Trio zugleich, wie hart der ETF-Markt in Europa heute umkämpft ist. Der erst 2012 aufgelegte Vanguard S&P 500 zeigt, dass sich das US-Haus Vanguard anschickt, den europäischen Markt aufzurollen. Das Rezept: Gutes Tracking und sehr tiefe Kosten. Dieser ETF kostet Anleger lediglich 7 Basispunkte pro Jahr.
Der größte ETF, der iShares S&P500 (dist), kostet dagegen 40 Basispunkte und repräsentiert damit die „alte Welt“ vor dem Markteintritt von Vanguard. Interessant ist, dass iShares allerdings reagiert hat und inzwischen auch einen sehr günstigen ETF auf den S&P 500 anbietet (er weist – oh Wunder – auch laufende Gebühren von 7 Basispunkten jährlich auf!). Anleger haben schneller als erwartet reagiert und schichten sehr aktiv von dem teuren in den günstigen iShares ETF um – in diesem Jahr verläuft die Volumenskurve beim iShares Core S&P 500 jedenfalls sehr steil nach oben.
Wer den Blick in der Tabelle weiter unten richtet, findet noch einige andere Merkmale der neuen Zeit: Der Source S&P 500 kostet seit diesem Jahr nur noch 5 Basispunkte und ist damit – vermutlich nicht nur vorläufig – das billigste Produkt auf US-Standardwerteindizes. Auch die Deutsche Bank hat sich in das Preiskampfgetümmel gestürzt: Auf dem Preisschild des 2014 aufgelegten, physisch replizierenden db x-trackers MSCI USA (auf das Kürzel „DR“ achten!) stehen ebenfalls 7 Basispunkte.
Anleger sollten beachten, dass sich die Kosten des bereits 2007 aufgelegten db x-trackers MSCI USA (ohne „DR“) nach wie vor auf 30 Basispunkte belaufen. Wie iShares setzt die Deutsche Bank offenbar auch darauf, dass dieser Produkt-Dualismus, den man auch in anderen Asset-Klassen beobachten kann, ihr noch eine Weile die höheren Margen der alten Produktwelt sichern kann (lesen Sie hier mehr über die selektive Preissenkungspolitik der ETF-Anbieter).
Performance: S&P und MSCI schlagen Dow Jones
Kommen wir nun zum Rendite-Risiko-Profil der Produkte. Die beste Performance lieferten in den vergangenen drei Jahren vor allem ETFs auf den S&P500. Mit einer jährlichen Rendite von 24,26% liegt der HSBC S&P 500 ETF eine Nasenspitze vor den S&P 500-Produkten von Lyxor, iShares (Core), db X-trackers und Amundi. In den vergangenen fünf Jahren hatten indes die breiter aufgestellten ETFs auf den MSCI USA die Nase vorn. Hier schob sich das entsprechende Lyxor-Produkt vor die MSCI USA-ETFs von db X-trackers und Comstage.
Auffällig ist, dass die Dreijahres-Performance des Ossiam-ETFs nur noch von der des Dow Jones-30 ETF von Lyxor unterboten wird. Auch das Risiko des Risikominimierers fällt überdurchschnittlich aus. In diesem Jahr hat sich der Trend allerdings gedreht: Der Ossiam ETF liegt zwischen Januar und 18. November an der Spitze des Rendite-Rankings der USA-Produkte.
Große Unterschiede zwischen "neuer" und "alter" Produktwelt
Kommen wir zum Schluss zu den Kosten. Bei ETFs fallen vielfältige Gebühren an. Die laufenden Kosten sind dabei das eine. Das andere sind die Gebühren, die beim An- und Verkauf anfallen, die Spreads. Wir haben schon häufiger darauf hingewiesen, dass Anleger neben der Management-Gebühr diese oft übersehene Kostenkomponente beachten sollten (lesen Sie hier mehr). Neben den wichtigsten Kennzahlen der ETFs am Markt enthält unsere obere Tabelle auch eine Aufschlüsselung der Kostenkomponenten.
In den 30 Handelstagen per 18. November fielen die günstigsten Handelskosten für USA europaweit beim ComStage MSCI USA mit einem Spread von 4 Basispunkten an der Börse Stuttgart an. So hoch war der Spread auch beim iShares S&P 500 an der LSE sowie an der Euronext Amsterdam. Die „einfache Fahrt“ kostete Investoren bei diesen beiden Produkten also nur 2 Basispunkte. Einen kleinen Tick teurer war im Betrachtungszeitraum der Amundi ETF S&P 500 an der Deutschen Börse.
Der mit Abstand teuerste USA-ETF war in den 30 betrachteten Handelstagen der Ossiam US Minimum Variance ETF mit einem Durchschnitts-Spread von 29 Basispunkten. Recht teuer war auch der physisch replizierende db x-trackers MSCI USA ETF und mit einigem Abstand - der Lyxor ETF S&P 500.
Wie bereits oben erwähnt, weisen die laufenden Kosten größere Unterschiede auf, als es dieses homogene Produktangebot vermuten lässt. Es gehören keine großen prophetischen Gaben zur Prognose, dass sich die günstigen Produkte durchsetzen werden – eher früher als später.
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