Nachhaltigkeitsfonds sind eine kleine aber wachsende Nische. Produkte, die umweltbezogene, soziale sowie Grundsätze der guten Unternehmensführung betreffende Faktoren bei der Vermögensverwaltung berücksichtigen, finden unter Investoren und Beratern immer mehr Beachtung. Das gilt vor allem für Anleger in Skandinavien und den Niederlanden, wo derartige Fonds inzwischen recht weit verbreitet sind.
ESG-Fonds-Marktanteil mit 1,6 bis 3,4 Prozent sehr gering
Doch die Ausgangsbasis ist, insbesondere im deutschsprachigen Raum, klein. Freundlich formuliert besteht noch reichlich Spielraum nach oben mit Blick auf den Anteil am verwalteten Vermögen. Auch wenn viele Institutionen die UN-Leitlinien für nachhaltiges Investieren unterzeichnet haben, mangelt es an Vorgaben aus der Politik, die nachhaltiges Investieren hierzulande verbindlich vorschreiben. Publikumsfonds, die nachhaltige Strategien verfolgen, machen gemäß unseren Daten in Deutschland, Österreich und der Schweiz gerade einmal zwischen 1,6 bis 3,4 Prozent des verwalteten Vermögens im jeweiligen Fondsmarkts aus.
Das dürfte auch an den mangelnden Vergleichsmaßstäben liegen. Gerade kleinere Institutionen und Privatiers mangelt es an Möglichkeiten, Investmentfonds genauer auf ihre ESG-Qualitäten (ESG steht für "environmental", "social", "governance"; wir verwenden lieber den Begriff „Sustainability“) zu überprüfen. Sie sind zumeist darauf angewiesen, den in den Fondsunterlagen erklärten Ziele und Methoden der Fondsanbieter Glauben zu schenken, ohne messen zu können, wie effektiv diese Fonds ihr Mandat wahrnehmen. Auch lassen sich diese Fonds nicht so ohne weiteres untereinander vergleichen, da ihre Mandate höchst unterschiedlicher Natur sind.
Aus diesem Grund starten wir in loser Folge eine Serie zu Nachhaltigkeitsfonds. Dabei überprüfen wir, wie die Nachhaltigkeits-Bilanz der Fonds innerhalb ihrer jeweiligen Morningstar Kategorie ausfällt. Wir greifen auch auf unsere Morningstar Sustainability Ratings sowie auf die zugrundeliegenden "E"-, "S"- und "G"-Teil-Ratings zurück. Zusätzlich überprüfen wir die Rendite-Risiko-Profile dieser Produkte und ihre Kosten im Vergleich zu den anderen Fonds der identischen Kategorie. Zur Erinnerung: Fonds, die über ein Sustainability-Mandat verfügen, sortieren wir entsprechend der Kapitalmarktsegmente, in denen diese Produkte operieren, in die passenden Morningstar Kategorien ein. So landet beispielsweise ein Nachhaltigkeitsfonds, der in Standardwerte aus der Eurozone investiert, in der Morningstar Kategorie Aktien Eurozone Standardwerte. Das ermöglicht eine umfassende Analyse seiner Eigenschaften im Kontext vergleichbarer Fonds.
Knapp 1.350 Fonds mit Nachhaltigkeitsmandat in Europa
Zunächst wollen wir uns jedoch einen Überblick über Nachhaltigkeitsfonds in Europa verschaffen. Europaweit haben wir 1.347 Publikumsfonds (ex ETFs) mit einem verwalteten Vermögen von 315 Milliarden Euro ausgemacht. Das entspricht einem Anteil am Gesamtmarkt von 3,7 Prozent.
Im nächsten Schritt haben uns die 20 Morningstar Kategorien vorgenommen, in denen sich Fonds mit Nachhaltigkeitsmandat am häufigsten finden und in denen wir Morningstar Sustainability Ratings vergeben. In unsere Sustainability Ratings fließt die Bewertung von Unternehmenspapieren ein, Aktien wie Corporate Bonds. Unser Sustainability Rating berücksichtigt keine Staatsanleihen, sodass wir in entsprechenden Fondskategorien keine Ratings vergeben. Deshalb sind die Kategorien Geldmarktfonds, Garantiefonds und EUR-Rentenfonds hier nicht berücksichtigt, auch wenn sich in ihnen zahlreiche Nachhaltigkeitsfonds finden (nachhaltige Geldmarktfonds bringen es auf ein Vermögen von über 47 Milliarden Euro!). Zudem finden sich in Garantiefonds und Wertsicherungsfonds typischerweise hohe Derivateanteile, die wir ebenfalls nicht in unserem Rating erfassen (lesen Sie mehr zu unserem Sustainability Rating hier).
Tabelle: Die Morningstar Kategorien mit den meisten Nachhaltigkeitsfonds
Wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, befinden sich die meisten Nachhaltigkeitsfonds in der Kategorie der global anlegenden Standardwertefonds (Global Large-Cap Blend). Die 120 Nachhaltigkeitsfonds weisen ein Vermögen von 33,57 Milliarden Euro auf. Das ist zugleich das höchste Volumen an Nachhaltigkeits-Assets innerhalb einer Morningstar-Kategorie, in der wir Sustainability-Ratings vergeben. Unter den global anlegenden Nachhaltigkeitsfonds findet sich auch die größte Zahl an nicht-börsennotierten Indexfonds.
Die zweitgrößte Zahl an Nachhaltigkeitsfonds findet sich in der Aktienkategorie Eurozone Standardwerte. In den 72 Nachhaltigkeitsfonds sind 10,15 Milliarden Euro investiert. Das spiegelt die relative große Bedeutung von Nachhaltigkeits-Investments in Europa im Vergleich zu den USA wider, aber auch teilweise den Home-bias, der sich bei europäischen Fondsanbietern bemerkbar macht. Spiegelbildlich erklärt das die recht bescheidene Anzahl an USA-zentrierten Nachhaltigkeitsfonds: Nur 24 Produkte finden wir in der Kategorie USA Standardwerte Blend, die es auf ein verwaltetes Vermögen von 7,39 Milliarden Euro bringen.
Klassische Öko(Sektor-)fonds geraten immer mehr ins Hintertreffen
Vergleichsweise bescheiden mutet in diesem Zusammenhang das Vermögen in klassischen Ökofonds und alternative Energiefonds an. Stichwort Ökofonds: 67 Produkte bringen es auf 6,15 Milliarden Euro. Ökofonds beschränken sich entgegen so mancher Annahme längst nicht mehr auf klassische Ökosektoren. Beispielsweise zählen die großen Ökofonds am Markt, wie der Pioneer Global Ecology oder ÖkoVision Classic, Unternehmen wie General Electric, Microsoft, SAP, Accenture bzw. Nvidia, Home Depot oder Starbucks zu ihren Top-Holdings und weisen damit eine breitere Diversifizierung auf, als man bei Sektorfonds vielleicht vermuten würde. Diese Diversifikation gilt naturgemäß nicht für die Sektorfonds, die auf die Hersteller alternativer Energien spezialisiert sind. Hier finden wir 19 Fonds mit einem Vermögen von 2,18 Milliarden Euro, die zu großen Anteilen in Wind- und Solarenergiehersteller investieren.
Auffällig ist, dass Kategorien wie Aktien Emerging Markets und Schweden Standardwerte hohe Volumina bei einer gleichzeitig relativ geringen Zahl an Fonds aufweisen. Hier ist das Bild also ein konzentriertes, und die Auswahlmöglichkeiten für Anleger sind eher gering.
Nachhaltigkeitsfonds erfüllen en Gros ihr Nachhaltigkeitsmandat
Neben der Anzahl an Fonds und deren Vermögen zeigt unsere Übersicht vor allem, dass Nachhaltigkeitsfonds im Durchschnitt das halten, was sie versprechen: Sie sind überdurchschnittlich nachhaltig. Das illustriert die Spalte rechts neben den Daten zum Fondsvermögen, in der das durchschnittliche Morningstar Sustainability Rating aufgeführt ist. Besonders gut schneidet die heterogene Gruppe der „sonstigen“ Rentenfonds ab, wo die 23 Nachhaltigkeitsfonds das höchstmögliche Rating von fünf Globen aufweisen. Es folgen die drei EUR Mischfondskategorien „offensiv“, „offensiv global“ und „defensiv global“, die im Schnitt über Ratings von zwischen 4,33 und 4,57 Globen verfügen.
Unter den großen Kategorien schneiden Nachhaltigkeitsfonds in der Kategorie Europa Standardwerte mit durchschnittlich 4,3 Globen am besten ab. Mit 4,12 Globen folgen Nachhaltigkeitsfonds in der Kategorie Eurozone Standardwerte. Einen Tick schlechter schneiden in der Nachhaltigkeitsbilanz global anlegende Aktienfonds für Standardwerte ab. Schwellenländer-Aktienfonds liegen mit 3,69 Globen immer noch deutlich über dem Durchschnitts-Rating von drei Globen. Interessanterweise schneiden klassische Ökofonds und Fonds der Kategorie alternative Energien im Nachhaltigkeits-Rating unter den großen Gruppen mit am schlechtesten ab. Unter den Top-Kategorien kommen sie auf Durchschnitts-Ratings von 3,57 bzw. 3,58 Globen.
Die Outperformance-Bilanz findet sich in den Sternen
Kommen wir nun zur Frage, wie das Rendite-Risiko-Profil von Nachhaltigkeitsfonds ausfällt. Im Gegensatz zu den voreiligen Marketing-Kampagnen der Anbieter von Nachhaltigkeitsfonds, die vor 10, 15 Jahren häufig die vermeintlichen Outperformance-Qualitäten ihrer Produkte hervorhoben, ist die Branche heuer bescheidener geworden. Die damals doch recht kruden Marketing-Botschaften erwiesen sich allzu oft als nicht stichhaltig, zumal Fonds für alternative Energiehersteller von der Konsolidierung der Solarbranche massiv in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Um es klar zu sagen: Nachhaltigkeitsfonds verbriefen keine Garantie auf Überrenditen. Insbesondere Investmentansätze, die bestimmte Branchen wie Tabak-, Waffen- oder Alkoholhersteller ausschließen, beschränken ihre Auswahlmöglichkeiten, und das kann unter Umständen der Performance schaden. So hatten in den vergangenen Jahren Fonds, die die drei oben genannten Branchen ausschlossen, das Nachsehen gegenüber breiten Benchmarks, die solche Werte beinhalten. Die Beratungsfirma Wilshire Associates hat beispielsweise gemäß Medienberichten für den US-Pensionsfonds Calpers ermittelt, dass die Entscheidung, nicht in Tabakfirmen zu investieren, den Fonds zwischen dem Jahr 2000 und Ende 2014 bis zu 3,04 Milliarden US-Dollar an entgangener Rendite gekostet habe. Mit dieser Linie fortzufahren würde den Fonds jährlich eine niedrige dreistellige Millionensumme kosten. (Derzeit überprüft Calpers diese Entscheidung im Rahmen eines turnusmäßigen Untersuchungsprozesses.)
Zugleich haben Meta-Studien ergeben, dass Nachhaltigkeits-Investments nicht mit Renditenachteilen verbunden sein müssen, sondern tendenziell positive Eigenschaften haben. Die Tatsache, dass Firmen mit hohen Nachhaltigkeits-Ratings weniger von Skandalen und anderen ESG-bezogenen Problemen betroffen sind, spricht dafür, dass die Risiken solcher Investments geringer sind, was intuitiv langfristig positive Rendite-Effekte haben dürfte.
Drei Sterne: Nachhaltigkeitsfonds liefern im Schnitt biedere Hausmannskost ab
Dieses gemischte Bild spiegelt sich in der Performance-Bilanz der Nachhaltigkeitsfonds unserer Auswahl wider. Gemessen an den Morningstar Sterne Ratings, welche die risikoadjustierte Rendite der Vergangenheit unter Berücksichtigung von Kosten messen, liefern Nachhaltigkeitsfonds eine überwiegend durchschnittliche Bilanz. Im Schnitt bringen es die Nachhaltigkeitsfonds in den meisten Kategorien unserer Auswahl auf durchschnittliche Ratings von drei Morningstar Sternen.
Nur die Nachhaltigkeitsfonds der drei Mischfonds-Kategorien EUR Mischfonds ausgewogen, EUR Mischfonds ausgewogen global und EUR aggressiv global kommen auf ein überdurchschnittliches Vier-Sterne-Rating. Diese Bilanz rechtfertigt es also allenfalls, von leicht positiven Effekten zu sprechen, zumal es sich sowohl um ein recht kleines Sample mit begrenzter Historie handelt: Nur 875 Nachhaltigkeitsfonds haben ein Morningstar Sterne Rating, und lediglich 690 weisen eine Historie von länger als zehn Jahren auf.
Global anlegende Standardwertefonds mit Kostenvorteilen
Mit Blick auf die durchschnittlichen Kosten fällt das Bild gemischt aus. In neun von 20 Kategorien sind Nachhaltigkeitsfonds teurer als der Kategoriedurchschnitt, in elf Fällen sind sie günstiger. Wir beziehen uns dabei auf die Gesamtkostenquoten, die 2015 bei den Fonds gemessen wurden. Besonders günstig sind im Schnitt Nachhaltigkeitsfonds der Kategorie Aktien Global Standardwerte. Sie kosteten im Schnitt zuletzt 1,08 Prozent, deutlich weniger als die 1,47 Prozent beim Durchschnitt der Kategorie. Die Erklärung hierfür ist recht einfach: Unter den global anlegenden Nachhaltigkeitsfonds befinden sich zum einen überdurchschnittlich viele Indexfonds, die naturgemäß niedrige Kosten aufweisen, und zum anderen werden viele dieser Fonds in Skandinavien und den Niederlanden vertrieben, und diese Märkte zählen zu den günstigsten Fondsstandorten in Europa. Die günstigen Kosten lassen sich also nicht auf den Faktor Nachhaltigkeit zurückführen, sondern auf die Beschaffenheit der Märkte, in denen sie vertrieben werden.
Deutlich teurer sind Nachhaltigkeitsfonds dagegen in den Kategorien Eurozone Standardwertefonds und EUR ausgewogene Mischfonds, die im Durchschnitt jeweils mindestens 20 Basispunkte pro Jahr mehr kosteten als die Gesamtheit der jeweiligen Kategorie.
Unspektakuläre Bilanz aus der Vogelperspektive
Unter dem Strich lässt sich nach der Übersicht aus der Vogelperspektive festhalten, dass Nachhaltigkeitsfonds ein Nischensegment darstellen. Die größte Vielfalt finden Investoren in den Kategorien Aktien Standardwerte global, Eurozone und Europa, danach wird die Auswahl eher dünn. Das gilt vor allem für klassische Ökofonds. Das lässt die These zu, dass sich die Fondsbranche verstärkt weg von Sektorfonds hin zu Best-in-Class-Ansätzen bewegt, mithin also verstärkt breit investierende Fonds auflegt und keine Spezialprodukte. (Das schließt das derzeit aktuelle Thema Karbon-Effizienz übrigens ein).
Mit Blick auf die Nachhaltigkeitsbilanz liefern die Fonds das, was sie versprechen. In allen untersuchten Kategorien weisen Nachhaltigkeitsfonds überdurchschnittliche Morningstar Sustainability Ratings auf.
Nur leicht positiv ist das Bild hinsichtlich des Rendite-Risiko-Profils. Hier liefern Nachhaltigkeitsfonds eher biedere Hausmannskost ab, und nur in wenigen Kategorien sind die Fonds en Gros überdurchschnittlich gut. Gemischt fällt die Bilanz auf der Kostenseite aus. Nachhaltigkeitsfonds sind in solchen Kategorien günstig, die überdurchschnittlich viele Indexfonds aufweisen sowie in Märkten, in denen Vertriebsprovisionen keine bzw. eine nachlassende Bedeutung haben.
In den nächsten Wochen stoßen wir zur Ebene der oben grob angerissenen Kategorien vor und gehen stärker auf die Merkmale der Fonds im Einzelnen ein.
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