In der Finanzbranche sind viele Anlageweisheiten im Umlauf, die zu wenig hinterfragt werden. Wir schauen in diesem Artikel etwas genauer hin:
1. Steht die Konsistenz der Story über allem?
Finanzexperten suchen oft nach Fonds, die in jeder Marktphase gut abschneiden. Das leuchtet ein, doch übersieht man dabei einige entscheidende Punkte:
Manche Betrachtungszeiträume sind willkürlich gewählt, z.B. Kalenderjahre. Diese beeinflussen die „Konsistenz“ eines Fonds nicht weniger als die Investmentqualität. Bestes Beispiel ist der US-Starfondsmanager Bill Miller, dem es gelang, seine Benchmark in 15 aufeinander folgenden Kalenderjahren zu übertreffen. In diesem Zeitraum gab es allerdings genügend andere 12-Monatsperioden, in denen er hinter dem Vergleichsindex lag. Der Fondsmanager sagte selbst, seine Erfolgssträhne sei mehr der Willkür des Kalenders als der vermeintlichen Konsistenz der (relativen) Renditen geschuldet gewesen.
Was noch wichtiger ist: Die besten Investments haben Schwächephasen. Trotzdem weisen sie Qualitäten auf, die es ihnen langfristig ermöglichen, die Konkurrenz hinter sich zu lassen. Daher kann der Fokus auf kurzfristige Renditen in die Irre führen, wenn dadurch die langfristig guten – wenn auch inkonsistenten - Fonds übersehen werden.
Anleger, die einen kurzen Investmenthorizont haben, sollten aber durchaus auf die Konsistenz der Wertentwicklung achten. Hierbei geht es aber um die absoluten Erträge, da sie nicht genug Zeit haben, um etwaige Kapitalverluste aufzuholen.
2. Underperformer sind automatisch Verkaufskandidaten
Solche festen Regeln erscheinen zunächst praktisch, führen jedoch oft zu mittelmäßigen Ergebnissen. Eine Verkaufsdisziplin ist zwar wichtig, aber diese sollte sich nicht nur nach formelhaften Performancekriterien richten, sondern auch fundamentale Gesichtspunkte einbeziehen.
Manche Fonds haben tatsächlich derartige Mängel, dass Investoren keine Wahl bleibt, als sie sobald wie möglich zu verkaufen. In anderen Fällen kann eine Durststrecke aber sogar Grund dafür sein, noch hinzuzukaufen. Beispiel: In den späten 90er Jahren wurde alles, was nicht mit dem Internet zu tun hatte, vom Markt nicht beachtet, auch wenn die Fundamentaldaten noch so gut waren. Im Nachhinein zeigte sich aber, dass diejenigen Anleger am besten fuhren, die sich damals nicht zu einem Verkauf verleiten ließen. Dagegen hatten die das Nachsehen, für die alleine die Performance den Ausschlag gab. Gleiches gilt nicht zuletzt für das vergangene Jahr. Ich bin fest davon überzeugt, dass diejenigen Anleger langfristig belohnt werden, die auch 2008 an fundamental guten Aktien/Fonds festhielten und sich nicht von der allgemeinen Panik anstecken ließen.
3. Die persönliche Risikoneigung ist maßgeblich für den Anlagemix
Anleger sollten sich zwar fragen, ob sie mit den Risiken eines Investments leben können. Ich bin jedoch zunehmend der Meinung, dass andere Dinge für die Bestimmung der Portfoliozusammensetzung wichtiger sind als die individuelle Risikoneigung: Investmenthorizont, Anlagesumme, Sparrate und die erwarteten Renditen unterschiedlicher Anlageklassen. Die Nachteile, die durch eine zu aggressive oder zu vorsichtige Anlagestrategie entstehen, sind zu gravierend, als dass Anleger sich auf ihr Bauchgefühl verlassen sollten. Während es die meisten von uns vorziehen würden, Anlagen zu halten, die Monat für Monat ohne Verlust abschneiden, ist das ein Luxus, den man sich langfristig nicht leisten kann, da dies mit sehr begrenztem Renditepotential einhergeht.
Wer sich von Emotionen leiten lässt, läuft zudem Gefahr, sein Portfolio ständig umzuschichten. Die persönliche Risikotoleranz ist schließlich nicht statisch, sondern schwankt mit der allgemeinen Marktstimmung. Angesichts von Inflation und der geringen Verzinsung risikoarmer Anlagen besteht ein großes Risiko für Anleger darin, bereits in jungen Jahren eine zu große Risikoaversion an den Tag zu legen. Portfolioplaner können Anlegern dabei helfen, sich an den harten Fakten auszurichten, statt dem eigenen Bauchgefühl zu viel freien Lauf zu lassen. Es gilt also, zwischen der Risikotragfähigkeit, deren Einhaltung essentiell ist, und der Risikotoleranz, also dem klassischen Fluchtreflex, der zu hinterfragen ist, zu unterscheiden.
4. In fallenden Märkten ist Bargeld die beste Alternative
Wenn der Markt wie 2008 auf Talfahrt ist, hat die Erhöhung der Kassequote einen ungemein beruhigenden Effekt, begrenzt sie doch weitere Verluste. Diese Wirkung ist allerdings oft kurzlebig und man fragt sich bald, ob es nicht Zeit ist, wieder einzusteigen. Oft verpasst man dann den besten Einstiegszeitpunkt. Natürlich weiß keiner, wann dieser gekommen ist, aber wer Geld zum Investieren hat, sollte es eher im Crash einsetzen als dann, wenn sich die Aktienkurse auf einem langjährigen Hoch befinden. Und Langfristinvestoren, die kein Geld zum Nachschießen übrig haben, sollten im Zweifel bei der Stange bleiben. Immer wieder zeigen einschlägige Statistiken, dass die Bilanz eines Aktieninvestors, der in den letzten Jahrzehnten die 10 besten Tage an den Aktienmärkten verpasst hat, am Ende um 50% ärmer als ein Buy-und-Hold-Investor war.
Wenn Sie Ihr Geld kurzfristig brauchen, dürfen sie es natürlich nicht bei einer Aktienkorrektur ins Risiko werfen. Wenn Sie aber einen langfristigen Anlagehorizont haben, sollten Sie sich von kurzfristigen Marktschwankungen nicht dazu verleiten lassen, Ihr langfristiges Anlageziel aus den Augen zu verlieren.
5. Fonds aus verschiedenen Asset Klassen bringen mehr Sicherheit
Keine Frage: Diversifikation ist das Gebot der Stunde. Immer. Sein Geld in einem Fondsdepot über mehrere Anlageklassen zu diversifizieren, sollte langfristig Vorteile bringen. Aber angesichts der Fülle der Produkte am Markt droht der Anleger oft den Wald vor Bäumen nicht zu erkennen. Eine Hinzunahme von neuen Assets in ein Portfolio verbessert nicht zwangsläufig das Rendite-Risiko-Profil. Das klingt trivial, und das ist es oft auch. Ein Aktienportfolio wird im Zweifel auch dann stark einbrechen, wenn man über verschiedene Regionen oder Branchen streut. Und wer einem Aktienportfolio Hochzinsanleihen beimischt, der wird in einer Aktienbaisse eher keinen Renten-Airbag vorfinden. Doch die Sache muss nicht immer so eindeutig sein. In den vergangenen Jahren wurden wiederholt Emerging Markets Mischfonds als risikoärmere Alternative zu Emerging Markets Aktienfonds angepriesen (und werden es teilweise immer noch). Anleger, die die bekannte risikominimierende Wirkung von Bundesanleihen in einem Aktienportfolio in Krisenzeiten erwarten, könnten von der hohen Aktien-Renten-Korrelation in Emerging Markets Mischfonds überrascht werden. Und dass die in risikominierenden Strategic Beta ETFs (Stichwort: Low Volatility) enthaltenen Aktien häufig hoch bewertet sind, bedeutet, dass auch diesen Produkten Korrekturgefahren drohen.
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.