Die alten Römer haben es schon immer gewusst – die Zeiten ändern sich und wir ändern uns in ihnen. So lautet eine viel zitierte Weisheit des Epikers Ovid. Bezogen auf die ETF-Branche drückt dieser Spruch die geänderte Präferenz von Investoren aus, die seit einigen Jahren physisch replizierende ETFs solchen, die Swap-basiert sind, vorziehen. Seitdem die Solidität europäischer Banken im Zuge der Eurokrise 2011 in Frage gestellt wurde, wurden derivatebaiserte ETFs von weiten Teilen der Investorenschaft als unsolide, ja als übermäßig riskant wahrgenommen. Hohe Abflüsse aus Swap-ETFs waren die Folge.
Wir haben uns wiederholt in dieser Frage als Agnostiker geoutet: Swap-basierte ETFs sind keinesfalls Luftnummern, wie es viele Investoren vermuten; sie enthalten Assets bzw. geben Anlegern die Gewähr, Sicherheiten im Falle einer Insolvenz des Swap-Partners (eine Investmentbank) verwerten zu können. Selbst Vertriebsprofis, die es eigentlich besser wissen müssten, sprechen von „echten“ versus „riskanten“ ETFs! Doch wer mag es den Anbietern verdenken, wenn sie auf Kundenbedürfnisse eingehen? Swap-ETFs werden immer mehr zur Randerscheinung, immer mehr ETF-Anbieter stellen ihre Produkte auf physische Replikation um: Per Ende 2016 befanden sich knapp 80 Prozent der europäischen ETP-Assets (also inklusive ETCs) in physisch investierenden ETFs nach 66 Prozent Anfang 2014.
Grafik: Swap vs phyisch: Die Schere weitet sich
Jüngst hat die Commerzbank-Tochter ComStage eine Kehrtwende gemacht und angekündigt, 32 ETFs von Swap- auf physische Replikation umzustellen. Bis zum 8. Juni werden die Produkte (siehe Liste unten) umgestellt. Es handelt sich um ETFs mit einem Gesamtvermögen von knapp 2,4 Milliarden Euro (per Ende März). Das entspricht rund 30 Prozent der ComStage ETF-Assets. Die Umstellung ist somit keine Kleinigkeit, sondern Ausdruck eines Übergangs, der bis dato schleichend war und sich nunmehr stark beschleunigt hat. Bereits im Oktober 2015 hatte ComStage eine Reihe von physisch replizierenden ETFs unter dem Label „Comstage 1“ auf deutsche und europäische Aktien-Indizes aufgelegt und dies mit den Bedürfnissen der Investoren begründet.
Im deutschsprachigen Raum stand ComStage bisher für Swap-basierte ETFs. Für Privatanleger in Deutschland gab es bisher auch gute Gründe, auf Swap-ETFs zu setzen. Da Dividenden bzw. Kupons in Swap-ETFs als Kursgewinne ankommen, werden sie nicht jährlich als Ausschüttung versteuert, sondern erst zum Ende der Halteperiode von der Abgeltungssteuer erfasst. Das hatte (und hat immer noch) einen sehr willkommenen Steuerstundungs-Effekt zur Folge. Doch ab 2018 ändert sich das. Im Zuge des neuen Investmentsteuergesetztes wird künftig eine pauschale Wertsteigerung des ETF-Anteils als Bemessungsgrundlage für die Abgeltungssteuer verwendet. Der Vorteil synthetisch replizierender ETFs entfällt also.
Vor diesem Hintergrund überrascht also nicht, dass den Verantwortlichen bei ComStage inzwischen die Argumente ausgehen, weiterhin auf Swap-ETFs zu setzen. Für Investoren, die auf den Zinseszinseffekt setzen, bringt die Umstellung leider einen weiteren Nachteil. Die umgestellten ComStage-ETFs werden zugleich von thesaurierend auf ausschüttend umgestellt. Somit werden in den Fonds Dividenden nicht länger automatisch re-investiert.
Tabelle: Von Swap und thesaurierend zu physisch ausschüttend
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