Jüngst diskutierten Barry Ritholtz von Ritholtz Asset Management und Nir Kaissar, ein Bloomberg-Kolumnist (hier), die Vorteile von aktivem und passivem Investieren. Das Ergebnis der Debatte war bereits vorab eine ausgemachte Sache: Heutzutage gibt es wenige oder überhaupt keine Investment-Autoren, die das Konzept das aktiven Managements vorbehaltlos unterstützen. Sie raten stattdessen entweder komplett zum passiven Investieren oder sie befürworten eine Mischung der beiden Ansätze. Die letztgenannte Vorgehensweise sieht dann typischerweise so aus, die Basis des Depots mit passiven Anlagen auszustatten und dann je nach Bedarf aktiv gemanagte Fonds hinzuzufügen.
Ritholtz und Kaissar wählten den zweiten Weg. Sie schlugen zudem übereinstimmend vor, aktives Management in erster Linie mit Strategic-Beta-Produkten umzusetzen. Fondsmanager sollten also nur noch Anlagestrategien einsetzen, die automatisierten und vorab festgelegten Regeln folgen. Die Ideen wären menschlich generiert, aber die Ausführung erfolgte dann computergestützt.
Der Strategie-Beta-Ansatz hat den Vorteil, dass er weniger kostet als das herkömmliche aktive Management. Für mich ist dabei aber nicht klar, ob die Kosten bei diesen beiden Managementformen wirklich stark divergieren. Denn schließlich erfordern sowohl traditionelle Anlageansätze als auch Strategic-Beta-Methoden einen qualifizierten Fondsmanager und beide Ansätze greifen oft auch in ähnlichem Umfang auf firmeninternes Research zurück. Dennoch werden Strategic-Beta-Ansätze in der Regel über börsengehandelte Fonds (ETFs) angeboten und bekanntlich gilt allgemein die Annahme, dass ETFs günstiger sind als herkömmliche Investmentfonds.
Selbstverursachter Schaden
Alles das ist bekannt und wurde in den typischen Aktiv-versus-passiv-Debatten häufig wiederholt. Anders war hier jedoch der Kommentar von Kaissar, wonach „aktive Manager das aktive Management in Misskredit gebracht haben". Eine Einschätzung, die Ritholtz begeistert aufgriff, indem er antwortete: "Das muss ich vielleicht für einen Kolumnen-Titel stehlen." (Zu langsam, Barry. Wenn es um intellektuellen Diebstahl geht, konkurrieren Sie in Sachen Kolumnen-Überschrift hier mit einem Meister!)
Lassen Sie uns einen Blick auf die Behauptungen werfen. Kaissar und Ritholtz erklären, dass Fondsmanager aktivem Management auf zweierlei Weise einen schlechten Dienst erwiesen hätten:
- Sie verlangten "absurd hohe Gebühren".
- Sie förderten ein schlechtes Anlegerverhalten, indem sie potentielle Investoren mit unrealistischen Versprechungen in Gestalt von Hochglanzbroschüren und thematischen Investment-Stories lockten.
Ich stimme dem nur teilweise zu.
Kostenkontrolle
Die Anbieter aktiv verwalteter Fonds langen bei den Gebühren zweifellos kräftig zu. In der Vergangenheit gab es in der Branche eine Kombination aus hohen Gehältern und hohen Gewinnspannen. Im Gegensatz zu Firmen in den meisten anderen Branchen gehen Fondsgesellschaften auch nicht in Konkurs. (Eine seltene Ausnahme stellen Unternehmen dar, die große regulatorische Probleme hatten.) Sobald eine bestimmte Größe erreicht ist, fahren die Gesellschaften entweder enorme Gewinne ein, oder, wenn es schlecht läuft, dann sind die Gewinne nur hoch. Es wäre für alle großen Fondsgesellschaften ein Leichtes, ihre Fonds-Gebühren zu senken, ohne dadurch ihr Geschäftsmodell zu gefährden.
Doch es gibt auch einige Gegenbeweise.
Publikumsfonds sind noch weit davon entfernt, die kostspieligste Form des aktiven Managements zu sein. Der typische aktiv verwaltete US-Aktienfonds kommt auf Kosten von rund einem Prozent pro Jahr (bei den großen Fonds, die in Standardwerte investieren, ist es etwas weniger und bei den kleineren, spezialisierten Fonds etwas mehr). Dagegen betragen die üblichen Gebühren für Hedgefonds zwei Prozent des Vermögens und weitere 20 Prozent kommen auf die Jahres-Performance hinzu. Funds of Hedge-Fonds kosteten in der Vergangenheit wegen zusätzlicher Gebühren sogar noch mehr. Gemessen an den Standards von Hedgefonds sind Anlagefonds sogar regelrechte Billigheimer, auch wenn sie verglichen mit ETFs teuer sind.
Ein anderes Gegenargument lautet, dass selbst drastische Gebührensenkungen die Erfolgsbilanz von aktiv verwalteten Fonds nicht dramatisch verändert hätten. Per Ende Oktober konnten USA-Standardwerte-Aktienfonds in den vergangenen fünf Jahren ein Plus von im Schnitt 13,4 Prozent erzielen. Der Vanguard Total Stock Market ETF als investierbare Version des Wilshire 5000 Index kam auf ein Plus von 14,8 Prozent; der Fonds Vanguard 500 Index legte um 14,85 Prozent zu. Aktive Manager hätten ihre Dienstleistung folglich verschenken können und wären trotzdem im Performance-Vergleich (leicht) hinterhergehinkt.
Verantwortungsloser Vertrieb?
Was die Hochglanzprojekte angeht, ist es richtig, dass Fondsgesellschaften Investoren aggressiv mit Marketing-Botschaften beschießen. Anstatt ihre Fonds konservativ-beständig zu bewirtschaften und zu hegen und zu pflegen, werben die Unternehmen in der Regel für jene Produkte, die sich zuletzt gut entwickelt haben. Darüber hinaus sind die meisten der neu eingeführten Produkte ein Resultat der Entwicklungen an den Finanzmärkten und geben in Sachen Investment-Trends nicht den Takt vor. Im Allgemeinen verkaufen Fondsgesellschaften das, von dem sie glauben, dass die Kunden das wollen und nicht das, was diese brauchen.
Allerdings ist diese Unsitte nicht auf aktive Manager beschränkt. Hinter dem Vertrieb von Vergangenheits-Performance steht zumeist den Verkauf von Stories über Anlageklassen, und das betreiben Indexfonds-Anbieter auch so. Nebenwerte sind gut gelaufen? Dann lasst uns den Small Cap Fonds bewerben! Schwellenländer wachsen wieder? Her mit dem Emerging Markets Aktienfonds! Gold hat eine Preisrally hingelegt? Wir haben doch auch Edelmetallprodukte im Angebot! Der Energie-Sektor war zuletzt träge: Lassen wir uns erst einmal nicht darüber reden. Die Freunde von ETFs sollten also nicht mit Steinen auf aktive Manager werfen!
Mit Frontalangriffen der eigenen Sache einen Bärendienst geleistet
Ich teile die Ansichten des oben erwähnten Duos in vielerlei Hinsicht, habe aber noch eine zusätzliche Kritik anzuführen, die ihre Behauptung stützt, wonach aktives Management sich als sein eigener schlimmster Feind erwiesen hat. Die aktiven Manager haben sich keinen Gefallen getan, indem sie passive Manager gleichermaßen frontal wie krude angegriffen haben. Sie hätten mehr Glaubwürdigkeit bewahrt, wenn sie zu diesem Thema überhaupt nichts gesagt hätten. Im Laufe der Jahre erwiesen sich die Sticheleien der aktiven Manager entweder als dumm ("Indexierung ist antiamerikanisch"), als nichtssagend ("per Definition können Indexfonds nur durchschnittlich sein") oder schlicht als perfide ("Indexfonds destabilisieren die Finanzmärkte").
Der bessere Ansatz wäre es gewesen, die Bedrohung durch passives Management ernst zu nehmen und sich folgende Fragen ehrlich zu stellen: Wird passives Investieren in manchen Anlageklassen stärker als in anderen begünstigt? Wo haben aktive Manager strukturelle Vorteile? Lässt sich vorhersagen, wann die Marktbedingungen passives und wann aktives Management begünstigen? Aktive Manager haben sich in diesen Diskussionen auffällig zurückgehalten. Bis auf wenige Ausnahmen gaben sie sich mit Verunglimpfungen der Passiven zufrieden und überließen das Erstellen von entsprechenden Studien den Indexanbietern oder externen Research-Instituten.
Zusammengefasst stimme ich Ritholtz und Kaissar in etlichen Punkten zu, auch wenn wir in Details auseinandergehen. Aktiv verwaltete Fonds haben in der Tat zu hohe Gebühren kassiert und sie wurden sehr oft nicht anlegerfreundlich vermarktet. Allerdings sei zu ihrer Verteidigung auch gesagt, dass sie unter den Anlageverwaltern längst nicht die größten Übeltäter sind. Ihr größter Fehler war es jedoch, sich den großen Fragen des Investierens und auch der passiven Konkurrenz nicht rechtzeitig gestellt zu haben.
Diesen Sachverhalt könnten man auch wie folgt umschreiben: Wenn aktive Manager es nicht einmal geschafft haben, die explosionsartige Verbreitung von passiven Investments zu antizipieren, wie sollen sie dann in der Lage sein, die Richtung der Finanzmärkte zu prognostizieren?
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.