In den vergangenen Jahren ist so mancher Verantwortlicher in der Fondsbranche angesichts der bescheidenen Performance vieler aktiv verwalteter Fonds in Erklärungsnot gekommen. ETFs und nicht-börsennotierte Indexfonds haben in den meisten großen Fondskategorien seit Jahren ihre aktiven Wettbewerber ziemlich schlecht aussehen lassen. Das führte zu einer These, die auf den ersten Blick plausibel klingt: Aktiv verwaltete Fonds gehen typischerweise nicht das volle Marktrisiko ein wie Indexreplizierer. Das geriert ihnen zum Nachteil in Aufwärtsphasen. Und die Cash-Quoten, die alle Fondsmanager vorhalten, bringen bei steigenden Märkten ebenfalls Performance-Nachteile. ETFs bilden den Index dagegen 1:1 ab, und sie sind per se immer voll investiert.
Folglich, so die sinnstiftende Erzählung der Fondsindustrie, sei es „normal“, dass viele aktiv verwaltete Fonds in freundlichen Marktphasen hinter den Benchmarks zurückblieben. Ganz anders dagegen sei der Fall dagegen in der Baisse gelagert. Während ETFs und andere Indexfonds stumpf in ihr verderben rennen würden, könnten Fondsmanager durch geschicktes taktisches Agieren ihre Anleger vor dem Schlimmsten bewahren. Mit anderen Worten: Portfolios, die mit aktiv verwalteten Fonds bestückt sind, würden in der Baisse nicht zertrümmert, ETF-Portfolios dagegen schon. So lautet, in Kürze, die Kausalkette der Verantwortlichen in der Fondsindustrie.
Das unerbittliche Gesetz der großen Zahlen beachten
Was auf den ersten Blick plausibel klingt, ist allerdings zu hinterfragen. Es klingt aus meiner Feder vermutlich ermüdend, aber wenn man dem Gesetz der großen Zahl folgt, dann werden aktiv verwaltete Fonds, die mehr oder weniger hohe Kosten aufweisen, im Schnitt hinter ihren Benchmarks liegen. Diese Logik gilt in der Hausse wie in der Baisse.
Ja, es gibt Outperformer unter den Fondsmanagern, sogar solche, die ziemlich konstant und auch über lange Zeit ihre Benchmarks (und ihre Konkurrenten) übertreffen. Mit unserem qualitativen Morningstar Analyst Rating verfolgen wir übrigens auch das Ziel, solche Fondsmanager zu identifizieren. Doch es gibt jede Menge Underperformer. Eben weil es Outperformer gibt. Und weil die Summe der relativ zum Markt operierenden Fondsmanager zum Mittelwert, also zum Markt, hinführen, wird die Fonds-Performance en Gros der Markt-Performance entsprechen. Minus Kosten, wohlgemerkt.
Doch weil Probieren über Studieren geht, haben wir uns die Marktsensitivität der aktiv verwaltete Fonds der zehn größten Morningstar Fondskategorien seit 2013 angeschaut. Dabei haben wir uns zwei Kennzahlen vorgenommen: Das Beta und die so genannten Capture Ratios. Die erste Kennzahl ist unter den meisten Anlegern bekannt, die zweite vermutlich weniger. Beide quantitativen Kennzahlen sagen etwas uns etwas über die das Verhalten eines Investments gegenüber einem Markt aus. Referenzmarkt der Betrachtung hier ist der von uns definierte Index der jeweiligen Morningstar Fonds-Kategorie.
Das Beta: Mehr oder weniger schwungvoll mit dem Markt gehen
Das Beta misst die Sensitivität der Preisbewegungen eines Fonds gegenüber dem Markt. Das Marktbeta wird mit dem Wert 1,0 ausgedrückt. Bewegt sich der Fondspreis also im Einklang mit der Marktperformance, dann hat der Fonds ebenfalls ein Beta von 1,0. „Geht“ der Preis eines Fonds weniger stark „mit“ dem Index, ist das Beta niedriger als 1,0; „überschießt“ der Fondspreis dagegen gegenüber dem Markt, ist das Beta größer als 1,0. Um genauere Aussagen über das Verhalten von Fonds in Auf- und Abwärtsmärkten treffen zu können, haben wir uns das Beta in Gewinn- (Bull Beta) und Verlustphasen (Bear Beta) angeschaut. Im Idealfall weist ein Fonds in Abwärtsmärkten ein Beta von unter 1,0 und in Aufwärtsmärkten einen Wert von über 1,0 auf.
Tabelle: Betas und Capture Ratios von aktiv verwalteten Fonds 2013 bis 2018
Blicken wir nun auf die Betas der aktiv verwalteten Fonds der größten zehn Aktien-Kategorien in Europa. Typischerweise entspricht die Realität nicht dem oben skizzierten Idealbild. Das Bear Beta ist bei allen Kategorien durch die Bank höher als das Bull Beta. Das heißt, dass die Fonds relativ zu den Indizes in Abwärtsphasen zwischen 2013 und 2018 en Gros stärker schwankten als spiegelbildlich in Aufwärtsphasen. Besonders ausgeprägt ist das Bear Beta bei aktiv verwalteten britischen Standardwertefonds, die ein Bear Beta von 1,09 aufweisen. Ihr Bull Beta beläuft sich dagegen auf 0,92. Auch global investierende Dividendenfonds gehen bei Verlustphasen des Marktes deutlich stärker mit, als sie das in Aufwärtsphasen tun. Immerhin liegt das Bear Beta in den Standardwerte-Kategorien Aktien Europa, Eurozone und Europa ex Großbritannien bei unter 1,0 – aber auch dort ist die Volatilität der Fonds im Abwärtsphasen größer als die der Benchmark-Indizes.
Capture Ratios: Was von der Markt-Performance übrig blieb
Kommen wir zur zweiten Kennzahl, nämlich zu den so genannten Capture Ratios. Sie drücken aus, wie viel Performance ein Fonds gegenüber der Benchmark „eingefangen“ hat. Der Markt hat hier die Referenzgröße von 100 Performance-Einheiten. Man unterscheidet zwischen der Up und Down Capture Ratio. Die Up Capture Ratio erfasst die Performance relativ zum Index in den Monaten, in denen der Index an Wert gewinnt. Die Down Capture Ratio misst spiegelbildlich die Performance relativ zum Index in den Monaten, in denen der Index Verluste erleidet. Auch hier geht es für den Investor dann am besten aus, wenn ein Fonds eine Up Capture Ratio von mehr als 100 aufzeigt, was bedeutet, dass er in Aufwärtsmärkten mehr gewinnt als die Benchmark und eine zugleich eine Down Capture Ratio von unter 100 aufweist, der Fonds also in schwachen Marktphasen weniger verliert als sein Referenzindex.
Wie die obere Tabelle zeigt, und das ist ein allgemein zu beobachtendes Phänomen, ist, wie beim Beta, auch diese Beste-Aller-Welten-Konstellation bei aktiv verwalteten Fonds generell selten, was dazu führt, dass sie beim Durchschnitt der großen Zahlen (Fonds) nicht vorkommt. Mit anderen Worten: Aktiv verwaltete Fonds gewinnen in Aufwärtsphasen relativ zum Index weniger, als sie spiegelbildlich in Abwärtsphasen relativ zu Index verlieren. Besonders schwach fällt das Ergebnis aus bei den Standardwerte-Aktienkategorien „USA Blend“, „Global Growth“, „Großbritannien“ und „Global“.
FAZIT
Betrachtet man die beiden verwandten Kennziffern, die die Marktsensitivität von Fonds messen, dann fällt es schwer, der These der Fondsverantwortlichen von der generellen Überlegenheit aktiv verwalteter Fonds in Abwärtsmärkten zu folgen. Natürlich bedeutet das nicht, dass einzelne Fonds in Abwärtsmärkten ein günstiges Performance-Verhalten an den Tag legen. Aber wenn es um große Gruppen geht, gilt das unerbittliche Gesetz der großen Zahlen. Aktiv verwaltete Fonds habe en Gros ein ungünstiges Rendite-Risiko-Profil.
Der wichtigste Grund dürfte in den Gebühren liegen, die Sie in der Spalte „Kosten“ in der oberen Tabelle finden. Aktiv verwaltete Aktienfonds sind nun einmal teuer. Global anlegende Schwellenländerfonds bringen es auf laufende Gebühren von durchschnittlich 1,7 Prozent pro Jahr, ebenso wie europäische Standardwertefonds. Global anlegende Wachstumsfonds und Global anlegende Blend-Fonds sind ebenfalls recht teuer. Zusätzlich zu den Produktkosten fallen noch Handelsgebühren an, die bei aktiven Fonds naturgemäß deutlich höher sind als bei Indexfonds.
Anleger sollten also eine gesunde Portion Skepsis mitbringen, wenn es um pauschale Aussagen zum Performance-Verhalten von großen Fondsgruppen geht. Die Verantwortlichen in der Fondsindustrie sollten sich besser nur über das Verhalten ihrer Fonds äußern und nicht zu aktiv verwalteten Fonds per se, die in Summe sichere Verlierer sind.
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.