Anleger, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, verfügen typischerweise nur über eine begrenzte Übersicht zu dem Thema. Sofern sie den Zugang zu Nachhaltigkeits-Research haben, können sie prüfen, welche Unternehmen eine gute Nachhaltigkeits-Bilanz aufweisen. Mit unseren Morningstar Sustainability Ratings, die wir vor zwei Jahren lanciert haben, können Anleger auch die Nachhaltigkeits-Bilanz auf Fondsebene überprüfen.
Doch wie sieht das große Ganze aus? In welchen Ländern finden sich die meisten Unternehmen mit einer guten Nachhaltigkeits-Bilanz? Gibt es Auffälligkeiten mit Blick auf Kontroversen und Skandale? Antworten auf diese Fragen verraten viel über das Umfeld, in dem Unternehmen agieren. Leider werden diese Fragen in der Praxis selten hinreichend beantwortet.
Morningstar Sustainability Atlas für die Top-down-Perspektive
Wir haben deshalb die Nachhaltigkeits-Bilanz von 46 Morningstar Länder-Indizes per Ende Februar 2018 analysiert. Im Herbst 2016 hatten wir die erste Fassung unseres „Morningstar Sustainability Atlas“ veröffentlicht und dabei 35 Indizes untersucht.
Bei unserer Länderübersicht kommt das identische Verfahren zum Einsatz, mit dem wir auch Investmentfonds auf ihre ESG-Bilanz prüfen -- das Akronym steht für „Environmental“ (Umweltbilanz), „Social“ (soziale Faktoren) und „Governance“ (Grundsätze der guten Unternehmensführung).
Da es hier nicht um die relative Bewertung von Fonds in ihrer jeweiligen Kategorie geht, sondern um Länder-Cluster geht, werden in unserem Nachhaltigkeits-Atlas keine Bewertungen entlang der fünfstufigen Rating-Skala vergeben. Um die Nachhaltigkeit von Regionen bzw. den an ihren Börsen gelisteten Unternehmen zu vergleichen, messen wir im ersten Schritt die Portfolio Sustainability Scores auf Index-Ebene. Zur Erinnerung: Der Morningstar Sustainability Score setzt sich aus dem ESG-Score, also der ESG-Bilanz, abzüglich des Controversy Score, des Abschlags, der aufgrund von Skandalen und Kontroversen vorgenommen wurde, zusammen.
Kommen wir nun zu den Ergebnissen unserer Untersuchung. Sie ist nach Nachhaltigkeits-Scores sortiert und der Übersicht halber in Quintilen zusammengefasst, die entsprechend farblich gekennzeichnet sind. Länderindizes im nachhaltigsten Quintil sind dunkelgrün markiert, gefolgt von einem hellgrünen Cluster. Das mittlere Quintil ist gelb koloriert, gefolgt von den orange- und rotmarkierten Quintilen, die die Schlusslichter bilden.
Eine große Dichte an nachhaltigen Indizes findet sich in Europa. Darauf deutet der grüne Grundton unserer ESG-Heatmap an, der das nachhaltigste Länder-Cluster markiert. Per Ende Februar 2018 schneidet schneiden die Niederlande mit einem Score von 60,5 Punkten (von 100 maximal möglichen) am besten ab. Zuvor hielt der (sehr enge) Aktienmarkt Portugals den Titel des nachhaltigsten Aktienmarkt weltweit. Das gute Scoring der Niederlande geht vor allem auf die sehr gute Bilanz von ASML Holding, ING Groep, Philips und Ahold zurück.
Grafik: Der Morningstar Sustainability Atlas im Überblick
Ebenfalls tiefgrün ist die Karte im Bereich der Nordics gefärbt. Außerhalb Europas fällt die gute Kolumbiens, Australiens und Taiwans auf.
Schlusslichter sind indes erneut vor allem Schwellenländer. Die Nachhaltigkeitsbilanz Chinas, Russlands, Malaisias und Indonesiens fällt besonders schlecht aus, was unsere Landkarte in Teile tiefrot erscheinen lässt.
Die USA landen erneut im zweitschlechtesten Quintil, hinter Japan, Brasilien und Indien. Das Industrieland Korea befindet sich ebenfalls im letzten Quintil.
ESG-Bilanz um die Skandale bereinigt
Rücken wir nun von der Ebene der Sustainability Scores zu den ESG Scores, welche die noch nicht um Kontroversen bereinigte ESG-Bilanz zeigt. Auch mit Blick auf die ESG-Scores ist Europa spitze, allerdings zeigt die unbereinigte ESG-Bilanz einige Veränderungen gegenüber der Meta-Ebene. Großbritannien rückt deutlich nach vorn, so auch die USA, die sich nunmehr im Mittelfeld befinden. Brasilien rückt auf vom dritten zum zweiten Quintil.
Grafik: Die ESG Scores von 46 Morningstar Indizes
Kommen wir nun zu den Kontroversen, welche die ESG-Bilanz der Länderindizes belasten. Am stärksten von Skandalen und Kontroversen belastet sind die Indizes der Schweiz, Großbritannien und Koreas. Bei letzterem Index schneidet Samsung sehr schwach ab. In der Schweiz belasten Novartis und die UBS. Schwere Kontroversen bei HSBC, Royal Dutch Shell und GlaxoSmithKline belasten die Bilanz Großbritanniens.
Das schwache Abschneiden der USA geht erneut auf Probleme bei Apple, Johnson&Johnson und Wells Fargo zurück.
Weitere Märkte, die negativ auffallen, sind Russland, Italien, Deutschland, Spanien und Brasilien.
Grafik: Skandal-Bilanz nach Morningstar Indizes
Im zweiten Teil des Artikels gehen wir auf die ESG-Bilanz der Indizes im Einzelnen ein. Lesen Sie hier weiter.
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.