Wer kennt nicht dieses Narrativ des aktiven Investors: „Die Luft an den Märkten ist dünn, ich nehme mal Gewinne mit und steige bei attraktiven Kursen wieder ein.“. Was wie eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme klingt, ist indes nichts weniger als Torheit, wenn es um Langfristinvestments geht. Derartig taktisches Hin- und Hergeschiebe vernichtet Performance!
Sie ahnen vermutlich, warum wir von derartigem Trading abraten: Dass ein Markt lange nach oben läuft, heißt nicht, dass es nicht auch noch morgen, übermorgen und vielleicht sogar die nächsten zwei Wochen oder drei Monate freundlich weitergehen wird. Die Hausse seit 2009 liefert ein beredtes Zeugnis darüber ab, wie lange eine Marktphase andauern kann. Spiegelbildlich verhält es sich in einer Baisse. Niemand weiß, wann die Trendwende erreicht ist. Erfahrungen zeigen, dass die Kurserholung abrupt vonstattengeht, und bei der Wende die höchsten Gewinne anfallen.
So weit, so bekannt. Doch weil meine Kollegen um unseren quantitativen Analysten Paul Kaplan es genau wissen wollten, haben sie sich den US-Aktienmarkt genauer angeschaut und nachgerechnet. Die negativen Trading-Folgen dürften so nur den wenigsten Investoren bekannt sein. Das Zeitfenster für Outperformance ist bei Aktien klein. Sehr klein. Mit Blick auf den US-Aktienmarkt machten zwischen Januar 1926 und Oktober 2018 fünf Prozent der Monate den Unterschied zwischen Cash- und Aktien-Performance. Genauer gesagt reichten US-Aktien 51 Monate von insgesamt 1.063 Monaten, um besser abzuschneiden als Cash.
Die Übung haben Paul und sein Team dann bei aktiv verwalteten Aktienfonds durchexerziert. Dafür haben sie die Performance von 5.568 Fonds weltweit in der Zeit zwischen November 2003 und Oktober 2018 untersucht. Um den Einfluss der unterschiedlichen Gebührenstrukturen zu kontrollieren, haben sie sich die Brutto-Performance vorgenommen. Das Ergebnis war ähnlich frappierend wie bei US-Aktien.
Bei den 3.753 Fonds, welche ihre Benchmark in den 15 besagten Jahren outperformen konnten, kam es im Median auf sechs (sic!) Monate an. Die Kollegen haben die höchsten (geometrischen) Überrenditen Monat für Monat abgetragen, bis die Benchmark-Performance übrigblieb. Bei einem Viertel der Fonds kam die Outperformance sogar durch drei, bei dreiviertel der Fonds in bis zu zehn Monaten zustande. Bei der Analyse nach Fonds-Domizil gab es Unterschiede, aber die waren nicht gravierend, wie die untere Tabelle zeigt.
Tabelle: Fonds-Outperformance kommt in engem Zeitfenster zustandeWie die Tabelle zeigt, waren für die Outperformance nach 15 Jahren zwischen 6,44 Monaten (Fonds mit Domizil USA) und 9,22 Monaten (Fonds aus Europa ex Eurozone) verantwortlich. Etwas weiter lagen die Median-Werte auseinander.
Doch wie man es dreht und wendet: Das Zeitfenster für die Outperformance ist bei aktiv verwalteten Aktienfonds sehr, sehr klein. Es ist somit entscheidend, dabei zu bleiben. Da kein Investor a priori die Renditen des Folgemonats vorhersagen kann, muss er zwingend bei der Stange bleiben, wenn er erst einmal einen viel versprechenden Fonds identifiziert hat – was, wie wir alle wissen, schwer genug ist. In der Praxis dürfte das Zeitfenster, das für die Erwirtschaftung der Outperformance gegenüber der Benchmark nötig ist, noch kleiner sein, weil unser kleines Experiment auf einer Vorkosten-Rechnung basiert. Das macht das Ding mit dem Investieren eigentlich einfach: Fonds identifizieren, Geld investieren, Abwarten und Tee trinken!
Die vollständige Studie „Is There a 'Good' Time to Buy or Sell Actively Managed Funds“ finden Sie hier. Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier.
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