Was machen Anleger in Zeiten extrem niedriger Zinsen, in denen sichere Anleihen nicht einmal einen Inflationsausgleich bieten? Sie kaufen Fonds für Unternehmensanleihen und Emerging-Markets-Bonds. Und zwar in bisher nicht erreichtem Ausmaß. Wie die aktuellen Fondsabsatzdaten von Morningstar zeigen, haben Anleger europaweit im Oktober gut 22 Milliarden Euro in Bond-Fonds investiert - so viel wie nie zuvor. In den ersten 10 Monaten des Jahres beliefen sich die Netto-Neuinvestitionen in Anleihefonds auf sage und schreibe 136,8 Milliarden Euro.
Das Problem an der Sache: Investoren bekommen immer weniger Rendite für das eingegangene Risiko. Eine Daimleranleihe („A-„) mit Fälligkeit im September 2022 bringt derzeit beispielsweise eine Rendite von lediglich 2,4%. Wer mehr will, muss bei Automobilanleihen schon deutlich schlechtere Bonitäten in Kauf nehmen. Eine Renault-Anleihe mit Fälligkeit im März 2017 („BB+“) bringt immerhin 4%. Üppig ist das angesichts der Probleme des französischen Autobauers nicht.
Morningstar-Bond-Analyst Dave Sekera vergleicht die Situation an den Bond-Märkten mit einer Flutwelle, die undifferenziert alle Bond-Kurse nach oben treibt: „Im Zuge der konjunkturellen Abschwächung und rückläufiger Unternehmensgewinne ist der Spielraum für weitere Kursgewinne begrenzt“, sagt Sekera. Spiegelbildlich steigt natürlich auch das Risiko einer Kurskorrektur - vor allem bei Langläufern, die nicht nur ein Bonitätsrisiko aufweisen, sondern auch dem Zinsänderungsrisiko ausgesetzt sind.
Bond-Risiken? Welche Bond-Risiken?
Fonds-Anleger in Europa scheinen diese Bedenken offenbar nicht zu teilen. Denn innerhalb des Bond-Universums waren im Oktober vor allem (relativ) hochrentierliche Produkte gefragt: Fonds für Euro-Unternehmensanleihen verbuchten Nettozuflüsse in Höhe von 1,8 Milliarden Euro, Emerging-Markets-Anleihenfonds sammelten 1,45 Milliarden Euro ein.
Im Fokus waren auch flexible Anleihefonds, die quer über alle Regionen, Bonitäten, Emittenten und Währungen investieren. Dies zeigt sich an der Liste der am stärksten nachgefragten Bond-Fonds. An erster Stelle steht hierbei der europäische Klon-Fonds des von Bill Gross gemanagten PIMCO Total Return Bond Fund. Der flexible Rentenfonds sammelte im Oktober 1,08 Milliarden Euro netto ein. Im laufenden Jahr waren es laut Morningstar-Daten gut 6,5 Milliarden Euro. Stark nachgefragt waren auch Fonds für US-Hochzinsanleihen, wie aus der unteren Tabelle hervorgeht.
Tabelle: Welche Bond-Fonds 2012 am stärksten nachgefragt waren
Angaben in Milliarden Euro, Stand: 31.10.2012, Quelle aller Tabellen: Morningstar Direct.
Doch es gab noch weiteres Leben auf dem europäischen Fondsmarkt im Oktober. Aktienfonds setzten ihr zaghaftes Comeback fort: Nach Zuflüssen von netto 3,1 Milliarden Euro im September gingen Aktienfonds im abgelaufenen Monat netto 1,76 Milliarden Euro zu. Besonders stark nachgefragt waren dabei weltweit investierenden Schwellenländer-Fonds, die im Oktober 1,94 Milliarden Euro netto einsammelten. Auch global anlegende Aktienfonds mit den Schwerpunkten Value- und Blend-Aktien waren mit Zuflüssen von insgesamt 2,15 Milliarden Euro stark nachgefragt.
Demgegenüber standen Aktienfonds, die in einzelne Länder investieren, eher auf der Verkaufliste. Besonders deutlich wurden Fonds für britische, französische und US-Standardwerte verkauft. Sie mussten im Oktober Abflüsse von 425 Millionen, 366 Millionen bzw. 331 Millionen Euro hinnehmen. Anleger gehen offenbar auf Nummer sicher und diversifizieren stärker als bisher.
Was Anleger 2012 kauften: Nettomittelzuflüsse nach Asset-Klassen
Die Tendenz, die Asset Allocation dem Fondsmanager zu überlassen, zeigt sich auch anhand der weiterhin stabilen Nachfrage nach Mischfonds. Europaweit wurden im Oktober 2,76 Milliarden Euro in Aktien-Renten-Fonds investiert, was die Neuinvestitionen in diesem Jahr auf 20,3 Milliarden Euro bringt. Gefragt waren dabei vor allem konservative Euro-Mischfonds, die gut 1,2 Milliarden Euro im Oktober und 5,1 Milliarden Euro im bisherigen Jahresverlauf einsammelten. Dabei waren der M&G Optimal Income und Carmignac Patrimoine mit Zuflüssen von 3,96 Milliarden bzw. 2,27 Milliarden Euro in diesem Jahr von allen Mischfonds am stärksten nachgefragt. Anleger setzen also auf etablierte Fonds für ihre Asset Allocation, bleiben dabei aber bei defensiven Investments, die nur beschränkt in Aktien investieren.
Die Gewinner der Bond-Hausse: PIMCO, PIMCO, PIMCO
Die starke Nachfrage nach bewährten Fonds zeigt sich auch auf der „obersten“ Ebene, also anhand der Bilanz der Fondsanbieter: Angesichts der Bond-Hausse überrascht nicht, dass sich die Häuser mit den stärksten Zuflüssen wie eine Who-is-who-Liste von Bond-Spezialisten liest. PIMCO toppte auch im Oktober mit großem Abstand die Liste der Anbieter mit Zuflüssen von 3,92 Milliarden Euro, gefolgt von Credit Suisse, Alliance Bernstein und BlackRock. Die höchsten Zuflüsse von Januar bis Oktober verbuchten PIMCO, AllianceBernstein und Axa mit Zuflüssen in Höhe von 25,29 Milliarden, 10,36 Milliarden bzw. 8,04 Milliarden Euro.
Tabelle: Top-Anbieter nach Mittelzuflüssen im Oktober 2012
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