Die Staatsschuldenkrise und das daraus resultierende Niedrigzinsumfeld haben das Verhalten von Privatanlegern in Europa stark geprägt. Abgeschreckt von der hohen Aktienmarktvolatilität wurden Aktienfonds 2012 überwiegend verkauft. Sie mussten Mittelabflüsse in Höhe von 6,8 Milliarden Euro hinnehmen. Wären nicht 13,7 Milliarden Euro im vierten Quartal 2012 in Aktien-Vehikel investiert worden, wäre das Bild für das Gesamtjahr noch negativer gewesen. Ungeachtet der per Saldo stark gestiegenen Aktienkurse in der zweiten Jahreshälfte verharrten Fondsinvestoren also an der Seitenlinie. Einerseits.
Die Flucht aus dem Risiko galt - andererseits - allerdings nicht für Zinsprodukte: Hier konnten die Risiken offenbar gar nicht groß genug sein: Europas Fondsanleger investierten 2012 netto 176,5 Milliarden Euro in festverzinsliche Produkte. Das ist rund zwölfmal mehr, als in den vorangegangenen fünf Jahren insgesamt in Rentenfonds investiert wurde. In erster Linie profitierten von diesem Run Produkte für höher verzinsliche Papiere. Klassische Fonds für Staatsanleihen mussten indes überwiegend Mittelabflüsse hinnehmen.
Dieses zweigeteilte Bild zeigt die zwei wichtigsten Tendenzen der Geldflüsse in europäische Publikumsfonds für das abgelaufene Jahr, die Morningstar regelmäßig analysiert.
Tabelle: In welche Anlageklassen das Geld 2012 floss
In Mio. Euro, Stand: 22.1.2013, Quelle aller Tabellen: Morningstar Direct.
Wie aus der Morningstar-Absatzstatistik weiter hervorgeht, zählten Mischfonds, die in Aktien und Anleihen investieren, ebenfalls zu den Profiteuren des vergangenen Jahres. In einem unsicheren Marktumfeld sind Anleger verstärkt dazu übergegangen, Fondsmanager mit der Asset-Allocation-Entscheidung zu mandatieren. Dabei flossen die meisten Gelder in flexibel und defensiv anlegende Produkte. Ob Anleger mit dieser Delegation gut gefahren sind, ist eine andere Frage. Zahlreiche Untersuchungen - auch unsere eigenen Studien - haben immer wieder gezeigt, dass die meisten Mischfondsmanager kein glückliches Händchen beim Timing zwischen Aktien und Renten haben (lesen Sie hier weiter).
Performance von Geldmarktfonds rutschte 2012 auch nominal in negatives Terrain
Geldmarktfonds wurden 2012 indes stark verkauft. Nach der jüngsten Zinssenkung im Juni 2012 zogen Anleger aus den kurzfristigen Zinsvehikeln 28,7 Milliarden Euro im zweiten Halbjahr aus Geldmarktfonds ab. Auch nominal liegt die Performance vieler dieser Fonds im negativen Bereich.
Die untere Übersicht zeigt in einzelnen, wo das meiste Geld im abgelaufenen Jahr investiert wurde. Die Rangliste der Morningstar-Fondskategorien mit den höchsten Nettoinvestitionen weist 8 Renten-Kategorien, 1 Geldmarktkategorie und nur 1 Aktienkategorie auf. Letztere besteht interessanterweise aus global investierenden Emerging-Markets-Aktienfonds, die 18,5 Milliarden Euro an Zuflüssen verzeichnen konnten.
Tabelle: Die am meisten nachgefragten Fondskategorien 2012
Mit Blick auf die Zuflüsse in Rentenfonds konnten Fonds der Kategorie „Other Bond“ – „Sonstige Rentenfonds“ –, hinter der sich vor allem hochverzinsliche und flexible Rentenfonds sowie Laufzeitfonds befinden, mit 44,1 Milliarden Euro die höchsten Zuflüsse verbuchen, gefolgt von Fonds für globale Schwellendänderanleihen, Hochzinsfonds mit Währungssicherung, Euro-Unternehmensanleihen und US-Hochzinsfonds.
Überwiegend verkauft wurden indes auf der Rentenseite vor allem Euro-Kurzläufer sowie britische Staatsanleihen. Auf der Aktienseite wurden Fonds für deutsche, französische und Eurozonen-Standardwerte in großem Stil abgestoßen. Diese Zahlen sprechen nicht für die Market-Timing-Fähigkeiten der Anleger - alle drei genannten Aktienkategorien erzielten im vergangenen Jahr hervorragende Renditen - man vergegenwärtige sich nur die DAX-Performance von annähernd 30%!
Tabelle: Die ungeliebten Kategorien 2012
Bond-Monokultur auch bei den favorisierten Fonds
Auf der Ebene der einzelnen Fonds stechen – analog zu den Geldzuflüssen in die großen Kategorien – flexible und hochverzinsliche Rentenfonds hervor. Der beliebteste Rentenfonds nach Zuflüssen war der europäische Klonfonds des US PIMCO Total Return Bond Fund, der Nettomittelzuflüsse von 7,7 Milliarden Euro verzeichnete. Der AllianceBernstein AB American Income Portfolio lag dank hoher Zuflüsse im vierten Quartal dicht hinter dem Bill-Gross-Fonds.
Tabelle: Die Beststeller-Wertpapierfonds 2012
Mit dem Alternatives-Fonds Standard Life Global Absolute Return Strategies und dem Mischfonds M&G Optimal Income Fund befanden sich nur zwei Top-Seller unter den am meisten abgesetzten Fonds 2012 – ansonsten dominierten Rentenfonds.
Big ist fast auch immer beautiful
Kommen wir nun zur Absatzbilanz der größten europäischen Wertpapierfonds. Die Liste der Top-Seller-Fonds weist einige Überschneidungen auf mit der Liste der größten Publikumsfonds am europäischen Markt auf. Fonds wie der PIMCO Total Return, PIMCO Global Investment Grade Credit, Starndard Life Global Absolute Return und M&G Optimal Income Fund zählen zu den großen Tankern. Sie wurden häufig gesucht. Anleger haben also auf die großen Namen gesetzt.
Tabelle: Licht und Schatten bei den großen Tankern 2012
Allerdings gibt es auch einige interessante Abweichungen. So musste der Templeton Global Bond, der größte Wertpapierpublikumsfonds in Europa, im vergangenen Jahr Abflüsse in Höhe von 1,7 Milliarden Euro hinnehmen. In den ersten 3 Quartalen 2012 stimmten Anleger, die offenbar von der unterdurchschnittlichen Performance 2011 überrascht wurden, in großem Stil mit den Füßen ab.
Das zeigt, dass viel Aufklärungsarbeit bei Investoren nötig ist. Der von Michael Hasenstab verwaltete Templeton Global Bond trägt das sehr gute Morningstar Analyst Rating „Silver“. Allerdings haben wir immer betont, dass Anleger die Risiken des Fonds kennen müssen, der sehr große Wetten eingeht und fernab der Benchmarks investiert. Was lange Zeit sehr gut funktionierte, ging 2011 schief, und es folgten 2012 hohe Abflüsse. Ironischerweise hatten viele der Verkäufer 2012 das Nachsehen: Hasenstabs Wetten gingen 2012 auf, und wer frühzeitig verkaufte, war nicht mehr dabei.
Auch ein zweiter großer Tanker fiel im Jahresverlauf 2012 in Ungnade: Der Carmignac Patrimoine, der größte Mischfonds am europäischen Markt, musste im vierten Quartal Abflüsse von 270 Millionen Euro hinnehmen. Auch wenn per Saldo die Geldflüsse bei dem Flaggschiff des französischen Asset Managers Carmignac Gestion 2012 positiv blieben, scheinen Anleger zuletzt ungeduldig geworden zu sein. Im abgelaufenen Jahr blieb der Patrimoine 7,8 Prozentpunkte hinter seiner 50:50 Aktien-Renten-Benchmark. Dieser Fonds trägt das höchste Morninstar Analyst Rating „Gold“ – Anleger sollten deshalb nicht nur anhand einer Schwächephase die Geduld verlieren, sondern dem Fondsmangement Luft zum atmen geben.
PIMCO, PIMCO über alles ...
Keine großen Überraschungen gibt es mit Blick auf die erfolgreichsten Fondsgesellschaften 2012, die sich wie eine Who-is-Liste prominenter Rentenfondsmanager liest (mit Ausnahme von M&G und Aberdeen). PIMCO und AllianceBernstein führten das Feld der erfolgreichsten Anbieter mit großem Abstand an.
Tabelle: Welche Fondsanbieter vom Bond-Run profitierten
Deutlich weniger erfolgreich verlief das Jahr europaweit für deutsche Fondsanbieter (vorausgesetzt, man schlägt PIMCO nicht Allianz Global Investors zu, was angesichts der nunmehr auch organisatorischen Trennung beider Allianz-Töchter angemessen erscheint).
Union Investment als bester deutscher Anbieter liegt weit abgeschlagen auf Platz 21 der europäischen Absatzrangliste, Allianz Global Investors bringt es auf Rang 29. Danach kommt lange Zeit nichts. Erst auf Rang 67 bzw. 78 folgen die mittelgroßen Asset Manager Assenagon und MainFirst.
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