Zweifelsohne eignen sich die meisten Fonds am besten für langfristig orientierte Investitionen. Zum einen wegen ihrer Kostenstruktur, zum anderen wegen möglicher steuerlicher Nachteile beim Verkauf und natürlich auch wegen der Verwendung als Produkt für die Altersvorsorge.
Vor diesem Hintergrund überrascht es, wie viele Fonds in Europa und Großbritannien aufgelegt, aber auch wieder vom Markt genommen werden. Beim Blick in unsere Datenbanken Morningstar Direct, die auch Angaben zu bereits geschlossenen Fonds enthält, sind mir spontan einige Zahlen aufgefallen.
Derzeit gibt es 36.500 Fonds in Europa. Von Anfang 2008 bis Ende 2012 wurden 12.918 Fonds auf den Markt gebracht. In der gleichen Zeit verschwanden in Europa aber auch 17.837 Fonds von der Bildfläche, entweder durch Zusammenlegung mit einem anderen Fonds oder durch Liquidierung. Mit anderen Worten: In diesen fünf Jahren wurde mehr als ein Drittel der heute existierenden Fonds aufgelegt und 48% geschlossen!
Das Verschwinden einiger, vor allem europäischer Fonds lässt sich darauf zurückführen, dass in der Finanzkrise einige Fondsgesellschaften fusionierten und dann ihre Angebotspalette reduzierten. Allerdings trifft das nur auf einen Teil zu: Zwar wurden 2008 etwas und 2009 sogar deutlich mehr Fonds geschlossen als in den Jahren 2010 bis 2012, doch selbst wenn man für diese beiden Krisenjahre den Durchschnittswert von 2010 bis 2012 ansetzt, kommt man immer noch auf einen Rückgang von 15.700 Fonds, etwa 43% des aktuellen Fondsuniversums.
Vergangenes Jahr ging es munter weiter: in Europa wurden 3.063 Fonds vom Markt genommen, 2.372 Fonds wurden neu aufgelegt. Vor allem Fonds mit einer alternativen Anlagestrategie, Derivate- oder Rohstofffonds wurden auf den Markt gebracht. In absoluten Zahlen gesehen ist diese Anlagekategorie zwar immer noch klein, aber es wurde ein Anstieg verbucht, der 16% beziehungsweise 14% des gesamten Fondsuniversums entspricht.
Diese Fondskategorien waren auch die einzigen, in die in den vergangenen fünf Jahren unter dem Strich mehr Geld eingezahlt als abgezogen wurde. Mittlerweile ist jeder vierte Fonds ein solcher Spezialitätenfonds, 50% sind Rohstofffonds. Um diese immensen Zuwachsraten zu verdeutlichen: Auf Platz 3 der größten Gewinner stehen Immobilienfonds, hier führte der Anstieg allerdings nur dazu, dass diese Anlageprodukte 4,3% des Gesamtvolumens ausmachen.
Der Boom der Fonds für Alternative Investments und Rohstoffe spiegelt die Suche der Anleger nach Investitionsmöglichkeiten wider, die eine niedrige Korrelation mit traditionellen Anlageklassen haben, und die Fondsgesellschaften kommen diesem Bedürfnis nach.
Diese neuen Produkte müssen nicht schlecht sein, sie können sich für den Investor lohnen. Aber in solchen Zeiten kann es sein, dass auch Fondshäuser auf den Zug aufspringen und neue Produkte auf den Markt bringen, obwohl sie keine besondere Expertise auf diesem Gebiet haben – und das kann für den Investor böse enden. Das ist Grund zur Besorgnis, ebenso wie die hohe Zahl der aufgelegten und wieder geschlossenen Fonds.
Denn das deutet darauf hin, dass zu viele Investmentgesellschaften Fonds als eine Art Versuchsballon ansehen und nicht als langfristig angelegtes Anlageprodukt. Da auch der Vertrieb nach immer neuen Stories verlangt, um Anlegern das Investieren (resp. das Kaufen!) schmackhaft zu machen, vermitteln Fondsgesellschaften häufig in der Außendarstellung, das Investieren so eine Art Erlebnisurlaub für gelangweilte Anleger ist. Doch das ist er natürlich nicht und das haben wir häufig bemängelt (lesen Sie hier weiter)! Investieren. Angesichts dieser Konstellation kann man jedem Investor nur raten, beim Fondskauf genau hinzuschauen. Oder, wie der Lateiner sagt: Caveat emptor.
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