Am 8. Mai feierte Jack Bogle, der legendäre Gründer der Investmentgesellschaft Vanguard und Spritus rector des ersten offenen Indexfonds, dem Vanguard 500, seinen 85. Geburtstag. Zu diesem Anlass haben wir noch einmal die zahlreichen Interviews Revue passieren lassen, die wir über die Jahre mit ihm geführt haben. Einige der besten Passagen aus diesen Interviews haben wir für Sie zusammengestellt.
1. Jack Bogle: Wenn ich vorsorgen will – für das Alter, den Kauf eines Hauses oder die Ausbildung der Kinder – ist es sehr wichtig, konsequent und ohne Unterbrechungen zu investieren. „Aber doch nicht auch an einem Tag, an dem der Markt abstürzt?“ werden Sie jetzt vielleicht einwenden. Ich sage Ihnen: Das ist genau der richtige Zeitpunkt. Und es ist sicherlich ein besserer Zeitpunkt für ein Investment als einen Tag bevor der Markt einbricht! Meiner Meinung nach haben viele Menschen auch vergessen, dass ein kurzzeitiger Kursrückgang zwar schlecht für diejenigen ist, die ihr Investment verkaufen wollen – aber gut für diejenigen, die kaufen. Und da an der Börse Verkäufer und Käufer aufeinander treffen, ist es immer für einen der beiden ein guter Zeitpunkt (hier gelangen Sie zum vollständigen englischsprachigen Interview).
Es ist bemerkenswert: Dieses Zitat stammt aus einem Interview, das wir am 23. September 2008 mit Bogle geführt haben. An den Märkten hatte die Finanzkrise gerade ihren Höhepunkt erreicht, nur wenige Tage zuvor war Lehman Brothers pleitegegangen. Einige Dinge sind besonders beachtlich. Zunächst die Zurückhaltung von Bogle. Damals gab es viele Untergangspropheten. Man konnte kaum den Fernseher oder das Radio einschalten, ohne dass jemand zu sehen war, der sagte „setzen Sie auf Bargeld! Rette sich wer kann!“. Es war beängstigend. Dass sich jemand in dieser Situation mit dem Hinweis vorwagte, es sei der richtige Zeitpunkt, um Aktien zu kaufen war erfrischend anders. Aber genau das war schon immer die Art von Bogle. Er glaubt nicht an taktische Asset Allocation. Anleger sollten seiner Meinung nach eine vernünftige Anlagestrategie verfolgen und nur etwas vorsichtiger werden, je näher das Rentenalter rückt.
2. Jack Bogle: Als Investor sieht man immer nur, was gut gelaufen ist. Vor allem bei anderen. Unser Nachbar macht alles besser. Er ist derjenige, der Wachstumsaktien kaufte, unsere Value-Aktien dagegen waren keine gute Investition. Und das stimmte auch - Ende der 1990er Jahre. Irgendwann wird die Versuchung zu groß, dann fangen die Leute an zu denken „ich muss jetzt alles anders angehen“. Und genau das ist der schlechteste Zeitpunkt. Ich finde es sehr wichtig, auf dem einmal eingeschlagenen Weg zu bleiben. Investieren Sie in Aktien, in Anleihen, so wie es zu Ihnen passt, und achten Sie nicht darauf, was Ihr Nachbar macht, sagt oder tut. Das ist eine der besten Regeln des Investierens. Schauen Sie Ihre Depotabrechnungen nicht an, öffnen Sie diese Briefe nicht. Das klingt ungeheuerlich, aber es ist wahr. Wenn Sie bei Eintritt in das Rentenalter Ihre Abrechnung anschauen, nach 45 Jahren, wenn Sie am Tag des Rentenbeginns Ihre Abrechnung öffnen, werden Sie vor Erstaunen umfallen, wie viel Geld Sie angesammelt haben (hier gelangen Sie zum vollständigen englischsprachigen Interview).
Zugegebenermaßen kann ich es nicht guten Gewissens empfehlen, 45 Jahre lang nicht die Höhe des Altersvorsorge-Depots zu kontrollieren. Aber worum es Bogle wirklich geht, ist unser zu kurzfristig angelegtes Verhalten, unsere Ungeduld. Es ist am wahrscheinlichsten, dass wir zu einem ungünstigen Zeitpunkt an unsere Altersvorsorge denken und einen Blick auf unser Depot werfen: wenn der Markt gerade sehr gut oder sehr schlecht gelaufen ist. Genau dann ist die Gefahr am größten, dass man einen großen Fehler begeht und zum falschen Zeitpunkt kauft oder verkauft. Dessen sollte man sich bewusst sein – denn das bewahrt Investoren davor, eine falsche Entscheidung zu treffen. Das ist letztlich entscheidend für den Erfolg.
Mit Äußerungen zu einem anderen Thema hat sich Bogle keine Freunde an der Wall Street gemacht: Beim Thema Managementgebühren und Stewardship. Unter Stewardship verstehen wir investorenfreundliches Verhalten. Mit klaren Worten kritisiert er viele andere Fondsgesellschaften, die nicht treuhänderisch im Sinne ihrer Anleger handeln. Wir sprachen mit ihm anlässlich seines Buches The Clash of the Cultures über das Thema.
3. Jack Bogle: Bei der Diskussion über „Stewardship“ geht es mir darum, wie sehr die Fondsgesellschaft die Interessen ihrer Anleger über die ihrer Fondsmanager stellt. Und letztlich geht es dabei meist um Kosten. Zu allererst kommen hier die Gesamtkosten. Sind sie sehr hoch, machen die Fondsmanager nicht ihre Arbeit. Die Kosten sollten vergleichbar zu denen anderer Fonds sein oder niedriger, vielleicht sogar deutlich niedriger. Vanguard ist da nicht zu schlagen, aber die Kosten sollten zumindest im Vergleich zu anderen Fonds niedrig sein. Zweitens sollten die Fondsgesellschaften langfristige Anlagestrategien verfolgen und nicht kurzfristig spekulieren. Sie sollten umsichtig investieren. Ablesen lässt sich das zu einem gewissen Grad an der Umschlagshäufigkeit in einem Portfolio. Heutzutage liegt die Quote eines Investmentfonds im Schnitt bei 100%, was bedeutet, dass eine Aktie im Regelfall ein Jahr gehalten wird. Das ist zweifelsohne Spekulation, und das kostet Geld (hier gelangen Sie zum vollständigen Interview).
Studien von Morningstar untermauern diese Einschätzung. Es wurden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, welche Aussagekraft einzelne Faktoren für die zukünftige Performance eines Fonds haben. Dabei zeigte sich, dass die Kostenquote einer der verlässlichsten, wenn nicht gar der verlässlichste Indikator für die zukünftige Entwicklung ist. Bei der Auswahl eines Fonds sollten Sie also auf sehr niedrige Kostenquoten achten.
Auch die Aussagen von Bogle zu Transaktionskosten sind bedeutsam. Viele denken, die Gesamtkostenquote eines Fonds entspricht tatsächlich den gesamten Kosten eines Fonds. Dem ist aber nicht so. Die Gesamtkostenquote berücksichtigt beispielsweise nicht die Maklergebühren, die beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren anfallen. Auch Geld-Brief-Spannen sind nicht enthalten, ebenso wie Kursveränderungen durch große Transaktionen, die so genannten „Market Impact“-Kosten. Und letztere können durchaus hoch sein, gerade bei einem Fonds mit großem Volumen, der in wenig gehandelte Werte investiert. Man muss also alle Kosten in Betracht ziehen.
Darüber hinaus ist die Anmerkung von Bogle über das Spekulieren auch für Investoren wichtig, die ihr Portfolio selbst verwalten. Wenn Sie viel handeln, fallen auch bei Ihnen hohe Transaktionskosten an. Das schmälert die Rendite. Auch müssen Sie vielleicht höhere Steuern zahlen. All das sollte man im Hinterkopf haben, wenn man sein Portfolio selbst verwaltet.
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