Im Windschatten der Großen lebt es sich sehr bequem. Zumindest in der deutschen Fondsbranche, wenn es um die Gestaltung der Erfolgsgebühren von Fonds geht. Die variable Vergütung, in der Fachsprache Performance Fees genannt, bleibt umstritten. Während die großen vier Anbieter Allianz Global Investors, Deka, DWS und Union Investment in diesem Jahr freiwillig ihre Luxemburger Fonds auf die strengen Bestimmungen der Bafin umgestellt haben, halten die anderen deutschen Anbieter die Füße still. Sie nehmen in Kauf, dass Anleger in Luxemburger Fonds (Fonds mit Länderkürzel „LU“ in der Kennziffer ISIN) gegenüber Anlegern in deutschen Fonds (Fonds mit Länderkürzel „DE“) bei der variablen Fondsvergütung benachteiligt werden. Dies ergab eine Umfrage von Morningstar unter deutschen Fondsanbietern mit Präsenz in Luxemburg und Irland.
„So lange es keinen Druck gibt, unsere ausländischen Fonds entsprechend den Bestimmungen der Bafin umzustellen, wird sich vermutlich nicht viel ändern“, heißt es lapidar aus dem Haus einer mittelgroßen Gesellschaft auf unsere Nachfrage. Diese Haltung ist ein Ärgernis, das mehr Aufmerksamkeit von Anlegern und Beratern erfordert. Schließlich sind hohe Gebühren einer der wichtigsten Gründe für die mäßige Performance von Fonds.
Es gibt eine rühmlich Ausnahme: Die DJE Kapital AG. Die Jens-Ehrhardt-Fonds aus Luxemburg wurden per Anfang Juli dieses Jahres entsprechend den Bafin-Musterkostenklauseln umgestellt. Alle anderen befragten Anbieter sehen sich nicht unter Zugzwang und ziehen sich mehrheitlich auf den Standpunkt zurück, dass die Gebühren ihrer Fonds den gesetzlichen Bestimmungen in Luxemburg oder Irland entsprächen. Das ist gleichermaßen richtig wie irrelevant. In Luxemburg oder Irland ist es in der Tat nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass Investmentfonds mit Verlustvorträgen (High Water Marks) ausgestattet sein müssen. Wer also bei der Erfolgsgebühr seiner Luxemburger Fonds keine High Water Mark einführt, verstößt nicht gegen Luxemburger Recht. In Luxemburg ist es allerdings mitnichten verboten, die variablen Gebühren von Fonds anlegerfreundlich zu gestalten. Und genau hierum geht es in der Sache: um Fairness gegenüber dem Anleger. Ändern wollen die befragten Anbieter die Gebührenstruktur offenbar zunächst nicht.
Bafin schiebt unfairen Praktiken einen Riegel vor
Treten wir zunächst einen Schritt zurück und blicken auf die Hintergründe der aktuellen Diskussion. Worum es im Detail geht, ist schnell berichtet. In den vergangenen zehn Jahren sind die fixen Fondskosten, in erster Linie die Management-Gebühren, laufend gestiegen. Parallel dazu wurden bei immer mehr Fonds variable Erfolgsgebühren eingeführt. Sie wurden auf zumeist auskömmliche Fixgebühren draufgesattelt, sodass im Ergebnis Fonds in den vergangenen Jahren für Anleger deutlich teurer geworden sind. Das hat schlussendlich die Aufsichtsbehörde Bafin auf den Plan gerufen. Um die variablen Gebühren für Fonds anlegerfreundlicher zu machen, hat die Bafin im Spätsommer 2012 neue Bedingungen für die Berechnung dieser Erfolgsgebühren festgelegt, die zum Juli 2013 in Kraft traten. Der wichtigste Punkt der Bafin-Regelung war die verbindliche Einführung eines Verlustvortrags, in der Fachsprache High Water Mark genannt. Fondsmanager dürfen Anlegern nicht länger die Performance Fee jedes Jahr aufs Neue in Rechnung stellen, unabhängig davon, ob der Fondspreis alte Höchststände erreicht hat oder nicht.
Deutsche Fonds dürfen darüber hinaus künftig auch nicht mehr die Brutto-Performance als Grundlage für die Berechnung der Performance Fee verwenden. Sie darf künftig erst nach Abzug der jährlichen Fixkosten berechnet werden. Die für die Berechnung der Performance Fee relevante Periode darf zudem nicht kürzer sein als 12 Monate. Diese Bafin-Regeln sind im Interesse der Anleger, und wir begrüßen diese Neuerungen ausdrücklich (lesen Sie mehr zu unserer generellen Einschätzung zu Performance Fees hier und die ausführliche Analyse zu den Bafin-Regeln hier).
Allerdings weist die neue Bafin-Regelung aus Sicht des Anlegers ein - logisches - Manko auf. Sie ist auf deutsche Fonds begrenzt. Produkte, die deutsche Fondsgesellschaften in Luxemburg und Irland auflegen, sind von dieser Regel prinzipiell nicht erfasst. Das führte zu dem Kuriosum, dass Fonds mit dem ISIN-Länderkürzel "DE" mit Blick auf Performance Fees seit Juli 2013 in der Praxis deutlich anlegerfreundlicher gestaltet sind als viele Luxemburger („LU“)-Fonds. Besonders kurios ist diese Diskrepanz, wenn sie bei den LU- und DE-Fonds desselben Anbieters zu beobachten ist. Diese Diskriminierung folgt keiner für Anleger erkennbaren Logik. Da viele deutsche Anbieter in den vergangenen Jahren aufgrund der günstigen Standardortbedingungen für Fonds in großem Umfang Produkte im Herzogtum südwestlich der Eifel aufgelegt hatten, sind gleichwohl viele Anleger von dieser Ungleichbehandlung betroffen.
Die Großen bewegen sich, die Kleinen kassieren weiter
Doch die Branche hat sich inzwischen bewegt: Die Sparkassentochter Deka kündigte Ende des vergangenen Jahres als erste deutsche Fondsgesellschaft an, dieses Kuriosum zu beenden und implementiert die deutsche Bafin-Regelung nunmehr freiwillig bei ihren Luxemburger Fonds. Kurz darauf zog Allianz Global Investors nach. DWS und Union Investment konnten sich zunächst nicht zu dieser großen Geste durchringen, gaben aber dann im Zuge einer intensiven Diskussion in der interessierten Öffentlichkeit nach. Im Frühjahr dieses Jahres kippte auch die genossenschaftliche Fondsgesellschaft Union Investment als letzte der großen vier um und kündigte an, künftig alle ihre Fondsanleger in den Genuss fairer(er) gestalteten Performance Fees kommen zu lassen (lesen Sie mehr hier).
Danach herrschte Schweigen im Walde. Die großen Anbieter waren froh, die Diskussion um die ohnehin umstrittenen Erfolgsgebühren einigermaßen unbeschadet überstanden zu haben. Und die kleineren Anbieter waren froh, dass die Diskussion abgeebbt war, ohne dass Anleger, Berater und die Medien groß zur Kenntnis genommen hatten, dass nicht alle deutschen Gesellschaften freiwillig den Geltungsbereich der Bafin-Kostenklauseln weit gefasst hatten. Mit einer Umfrage über die Praxis der mittelgroßen deutschen Fondshäuser in Sachen Performance Fees wollten wir diesen Dornröschenschlaf beenden. Wir haben nachgeschaut und etliche Anbieter ausgemacht, die Fonds für deutsche Anleger von Luxemburg heraus anbieten, die nicht-Bafin-konforme Performance-Fee-Regelungen anwenden.
Es handelt sich um eine große, recht heterogene Gruppe: von mittelgroßen Vermögensverwaltern wie die DJE Kapital und Flossbach von Storch, die eigene Fondsgesellschaften gegründet haben, bis hin zu großen Service-Kapitalanlagegesellschaften, die Fonds für Vermögensverwalter auflegen, wie etwa Universal-Investment, Alceda, IPConcept, DWS und Sal Oppenheim. Das Ergebnis unserer Umfrage lässt sich anhand folgender ad hoc zusammengestellter Anbieter-Typologie zusammenfassen:
1. Die Fairen
Leider findet sich nur ein Vertreter dieser Spezies. Die einzig uneingeschränkt positive Botschaft für Anleger kommt aus dem Hause DJE Kapital AG, hinter der der unabhängige Vermögensverwalter Dr. Jens Ehrhardt steht. Alle Fonds der Luxemburger DJE-Kapitalanlagegesellschaft wurden per 1. Juli dieses Jahres auf die Regelungen der Bafin umgestellt. Bis dahin gab es allerdings auch erheblichen Verbesserungsbedarf. Vor dem 1. Juli 2014 waren die Erfolgsgebühren der Luxemburger DJE-Fonds, wie beispielsweise der milliardenschwere Aktienfonds DJE Dividende & Substanz, ohne Verlustvortrag ausgestattet, und die Performance Fee von zehn Prozent bezog sich, im Falle des DJE Dividende und Substanz, auf den Preisindex des MSCI World, in dem Dividenden nicht eingerechnet werden. Nunmehr gilt für die Luxemburger DJE-Fonds einheitlich folgende Regelung: DJE-Aktien- und Mischfonds haben künftig eine Hurdle Rate von 6%, bei Bond-Fonds greift die Performance Fee ab einer Nettorendite von 4 Prozent. Alle Regelungen sehen nunmehr eine High Water Mark vor, die - ebenfalls Bafin-konform - für fünf Jahre gilt verbindlich gilt. DJE-Fonds-Anleger können sich also über die Fairness der Verantwortlichen bei der DJE Kapital AG freuen.
2. Die Paragrafenreiter
Einige Anbieter, unter ihnen auch die Vermögensverwalter Flossbach von Storch und Mainfirst, machen geltend, dass sie nur in Luxemburg Fonds auflegen und keine deutschen Fonds bewirtschaften. Insofern seien keine ihrer Anleger benachteiligt. Das ist wörtlich genommen zwar richtig – und dennoch geht dieser Einwand am Thema vorbei. Fakt ist, dass deutsche (DE-)Fonds nunmehr faire Performance-Gebühren aufweisen müssen. Es steht den Anbieter von Luxemburger (LU-)Fonds frei, ihre in Deutschland ansässigen Anleger so fair zu behandeln, wie es nunmehr Allianz Global Investors, Deka, DWS, Union Investment und die DJE Kapital AG in ihren Luxemburger Fonds tun. Den Vertretern dieser Schule könnte man mit Fug und Recht in Sachen Performance Fees das Wort wie folgt im Munde verdrehen: Wir behandeln unsere Anleger alle gleichermaßen unfair.
3. Die Hilflosen
Besonders häufig ist diese Typologie bei den Service-Kapitalanlagegesellschaften zu finden. Diese Anbieter legen als Dienstleister Fonds für Vermögensverwalter auf. Dazu zählen Häuser wie Universal-Investment, BayernInvest, IPConcept, Alceda, DWS und Oppenheim. Man sollte sich nichts vormachen: Diese Gesellschaften sind die Herren im eigenen Hause und könnten ohne Zustimmung der externen Partner die Gebührenkonstruktionen der von ihnen aufgelegten Fonds umstellen. Das tun sie allerdings nicht, weil sie es sich nicht mit ihren Kunden in einem lukrativen Geschäftsfeld verderben wollen. Bisher haben die Service-KAGen die Gestaltung der Gebührenmodelle faktisch weitgehend den Fondsinitiatoren überlassen. Heute „redet“ man mit ihnen – mit offenbar unterschiedlicher Intensität. Während die BayernInvest auf Nachfrage angibt, „mit allen Fondsinitiatoren Gespräche darüber zu führen, die Performance Fees der Luxemburger Fonds an die Bafin-Regelungen anzupassen“, verstehen sich die anderen dagegen eher als beratende Instanz. Der Ausgang der Beratung liegt in Abwesenheit verbindlicher Regeln nahe: Alceda teilt mit, es sei „in naher Zukunft nicht geplant, die Performance Fees der Partnerfonds umzustellen“. "Wir prüfen gemeinsam mit den jeweiligen Fondspartnern in jedem Einzelfall die Performance-Fee-Regelungen", so die ebenfalls unverbindliche Antwort von Universal-Investment. Besonders groß ist in diesem Zusammenhang der Spagat der DWS, die neben der Luxemburger Oppenheim Plattform auch eine Service-Gesellschaft mit DWS-Brand unterhält. Mit Vermögensverwaltern wie Multi Invest (Oppenheim) und der Frankfurter Performance Management (DWS) befinden sich zwei prominente Vermögensverwalter auf den Deutsche-Bank-Plattformen, die nicht Bafin-konforme Performance Fees bei ihren Fonds umsetzen, derweil die von DWS-Fondsmanagern verantworteten Retail-Fonds allesamt Bafin-konform sind. Für Anleger gilt das Motto: Bei hauseigenen DWS-Fonds sind die Performance Fees fair gestaltet, bei Partnerfonds lohnt es sich hingegen, hinzuschauen.
4. Die Nicht-Zuständigen
Die Vertreter dieser Typologie weisen darauf hin, dass Fonds mit nicht-Bafin-konformen Performance Fees häufig nicht für den deutschen Markt gedacht seien. International seien die Bafin-Kriterien unüblich, und insofern sei es nicht nur unnötig, die Fondsgebühren Bafin-konform zu gestalten, sondern im transnationalen Wettbewerb vielmehr nachgerade schädlich, weil dann deutsche Anbieter gegenüber der ausländischen Konkurrenz im Nachteil seien. Dieses Argument haben wir von der DWS, Universal-Investment und Alceda vernommen. Von Universal-Investment erfolgte der Hinweis, dass „Fonds ohne quartalsweise Auszahlung der Performance Fees in Finnland nicht zum Vertrieb zugelassen werden“. Wir wollen an dieser Stelle – möglicherweise zu Unrecht - die Frage nach der Bedeutung des finnischen Markts für die deutsche Fondsindustrie unbeantwortet lassen. Allerdings gibt es genug Luxemburger Fonds dieser besagten Fondsgesellschaften, die Fonds überwiegend für deutsche Anleger auflegen - und bei denen besteht Handlungsbedarf. Übrigens: Wie aus unserer Datenbank hervorgeht, werden viele der in Deutschland aufgelegten Fonds nicht nur in Deutschland vertrieben. Genauer gesagt wird rund die Hälfte der DE-Fonds auch pan-europäisch oder sogar global vertrieben, so dass man einwenden könnte, dass es bereits Anleger im Ausland gibt, deren Portfolios am deutschen Performance-Fee-Wesen genesen. Warum sollten also nicht auch Luxemburger Powered-by-Bafin-Fonds Anlegern aus dem Ausland zugute kommen? Die Vertreter dieser "Schule" sollten zudem die Kirche im Dorf lassen: Bei der High Water Mark handelt es sich nicht um ein exotisches oder rein deutsches Feature, sondern um einen international gängigen und gleichermaßen elementaren Bestandteil der Performance Fee, der bei Geldmanagern globaler Standard ist.
5. Die (selbsterklärten) Über-Erfüller
Einige deutsche Fondsgesellschaften mit Luxemburger Aktivitäten machen geltend, dass sie die Bafin-Kriterien deshalb nicht erfüllen, weil diese nicht das Maß aller Dinge seien. „Das alleinige Abstellen auf so genannte „Bafin-konforme“ Regelungen führt nicht unbedingt zu einem höheren Verbraucherschutz. Vielmehr ist die angemessene inhaltliche Ausgestaltung einer Performance Fee-Regelung entscheidend“, heißt es bei MM Warburg. Das Hamburger Haus legt damit durchaus den Finger in die Wunde. Die Bafin hat mit Blick auf die Performance Fee keine Vorgaben hinsichtlich der Höhe und Angemessenheit der Benchmark bzw. Hurdle Rate gemacht, ein Manko, das auch wir bereits bemängelt haben (lesen Sie hier mehr). Es macht einen großen Unterschied, ob eine Gesellschaft 10, 15, 20 oder 25 Prozent der Fonds-Outperformance für sich einbehält und relativ zu was sie die Outperformance definiert. MM Warburg macht geltend, dass die Performance Fee beim Warburg Value Fund bei relativ niedrigen zehn Prozent liegt und zudem strikter gestaltet ist, als es die Bafin-Vorgaben vorsehen; die High Water Mark ist nicht auf die letzten fünf Jahre begrenzt, sondern bezieht sich auf den gesamten Zeitraum seit Auflage des Fonds. Allerdings erklärt das nicht, warum der rund 450 Millionen Euro schwere Aktienfonds die ggf. anfallende Performance Fee quartalsregelmäßig entnimmt. Man könnte auch darüber streiten, ob die Hurdle Rate des Warburg Value Fund von 3 Prozentpunkten über der Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe wirklich ambitioniert ist.
Und die Moral der Geschichte? Anleger und Berater haben es in der Hand
So weit, so unbefriedigend. Unser Fazit lautet, dass kleinere und mittelgroße deutsche Fondsanbieter nur zu gerne im Windschatten der großen vier fahren, oder, weniger freundlicher formuliert, nach dem Motto verfahren: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. Allianz Global Investors, Deka, DWS, Union Investment, DJE Kapital AG: War da was? „So lange es keinen Druck gibt, unsere ausländischen Fonds entsprechend den Bestimmungen der Bafin umzustellen, wird sich vermutlich nicht viel ändern“, hatten wir eingangs die Vertreterin einer mittelgroßen KAG zitiert. Nun sind Anleger und Berater am Zug – ihre Reaktion, ihr Feedback wird letztlich darüber entscheiden, ob in der deutschen Fondslandschaft mit Blick auf die Gestaltung der Performance Fees weiterhin mit zweierlei Maß gemessen wird.
Was sind die Folgen dieser für Anleger unbefriedigenden Gebührenstrukturen? Wir haben einige Beispiele für unfair gestaltete Performance Fees zusammengetragen. Lesen Sie hier weiter.
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.