Heimlich, still und leise hat die Fondsgesellschaft Union Investment die Gebühren etlicher Fonds offenbar zum Teil deutlich erhöht. Der genossenschaftliche Fondsanbieter hat im Zuge der Einführung einer neuen Pauschalgebühr und einer neuen Gebührenkennzahl die Kosten vieler Fonds nach oben gesetzt. Sie weisen heute deutlich höhere Fixkosten auf als die bisher ausgewiesenen Gesamtkosten. Das betrifft in erster Linie Aktienfonds, aber auch einige Renten- und Mischfonds.
Verteuert werden etliche Flaggschiffe. Die laufenden Kosten des Aktienfonds UniGlobal, der ein Vermögen von über 10,2 Milliarden Euro aufweist, sind 24 Basispunkte höher als der Durchschnitt der in den vergangenen drei Jahren ausgewiesenen Gesamtkostenquote TER (steht für Total Expense Ratio).
Eine Erhöhung um 0,24 Punkte würde nach dem derzeitigen Stand des Fondsvermögens den Anlegern im UniGlobal Mehrkosten in Höhe von rund 24,6 Millionen Euro verursachen. Auch der Aktienfonds UniDeutschland weist mit laufenden Kosten von 1,21 Prozent 18 Basispunkte mehr an Kosten auf als die bisherige TER. 23 Basispunkte mehr sind es beim 2,67 Milliarden Euro schweren Deutschland-Aktienfonds UniFonds.
Auch bei einigen Rentenfonds müssen Anleger künftig einiges mehr berappen. Das rund 4,6 Milliarden Euro schwere Bond-Flaggschiff UniEuroRenta weist heute eine laufende Gebühr von 0,82 Prozent aus. Das entspricht 0,11 Prozentpunkte mehr als die durchschnittliche TER zwischen 2011 und 2013. Das könnte auf ein Volumen von fünf Millionen Euro hinauslaufen, das Anleger an Gebühren zusätzlich zahlen müssten.
Kosten von Riesterfonds erhöhen sich um rund 30 Millionen Euro
Die veränderte Kostenkalkulation würde jährlich allein bei den beiden Flaggschifffonds UniGlobal und UniEuroRenta bis zu 30 Millionen Euro an Mehrkosten für Anleger ausmachen. Die beiden Fonds sind die Kernbestandteile der Riester-Rente von Union Investment. Insgesamt könnte die Differenz zwischen Ongoing Charges und TER bei den größten Aktien-, Renten- und Mischfonds für Privatanleger bei über 50 Millionen Euro liegen, wie eine vorläufige Schätzung von Morningstar zutage förderte. Angesichts dieser Größenordnung liegt es nahe, dass es sich hier nicht um Einzelfälle handelt, sondern um eine (bisher) nicht kommunizierte Gebührenerhöhung auf breiter Front.
Wir sind deshalb auf Schätzungen angewiesen, da sich Union Investment über die entscheidenden Fragen, nämlich nach der Reichweite und dem Umfang der Gebührenerhöhungen ausschweigt und darüber hinaus generell in Abrede stellt, dass es sich bei der Neustrukturierung der Fondsgebühren überhaupt um eine Gebührenerhöhung handele. (Dass die Gebühren des UniGlobal und UniEuroRenta steigen werden, hat uns Union Investment gleichwohl bestätigt. Mehr zu dieser nicht nur auf den ersten Blick verwirrend anmutenden Kommunikationspolitik unten).
Neue Regulierung bringt Wechsel von TER zu Ongoing Charges
Worum es im Detail geht: Im Zuge der neuen europäischen Fondsgesetzgebung UCITS IV wurde in diesem Jahr die Kennzahl „Ongoing Charges“ eingeführt. Sie findet sich in den neuen Fondsdokumenten KIID, die Anlegern Auskunft über die grundlegenden Merkmale von Fonds geben sollen. Ongoing Charges, zu Deutsch laufende Gebühren, werden mittelfristig die bisher verwendete Kostenkennziffer TER ablösen. Die Ongoing Charges enthalten – wie die TER - die auf Fondsebene anfallenden Kosten. Der Hauptunterschied zur TER ist, dass die Ongoing Charges bei Dachfonds auch die Kosten der enthaltenen Zielfonds berücksichtigt. Ansonsten sind die Unterschiede gering.
Anders formuliert: Handelt es sich bei einem Fonds nicht um einen Dachfonds bzw. investiert ein Fonds nicht in andere Fonds, dann sollten die Ongoing Charges (neu) und die TER (alt) weitgehend identische Größen sein. Die von uns betrachteten Fonds investieren nicht bzw. allenfalls in homöopathischen Dosen in andere Fonds, sodass dies als Grund für die erhöhten Kosten nicht in Frage kommt.
Union Investment weist also heute – so wie alle anderen Fondsanbieter auch – nunmehr statt der TER die Kennziffer Ongoing Charges in den Fondsdokumenten aus. So weit, so klar. Gleichzeitig hat Union Investment jedoch eine neue Pauschalgebühr eingeführt. Hier werden einige Kostenpositionen zusammengefasst. Dazu zählen variable Kosten wie die Depotbankgebühr, aber auch fixe Gebühren wie die Kosten für Datenversorgung und –pflege, Kosten für das Berichts-, Melde- und Rechnungswesen oder Ausgaben für das Risiko-Controlling.
Wie groß sind die Unwägbarkeiten der Kostenschätzungen?
Nun macht Union Investment geltend, dass die Höhe der (zukünftigen) Kosten der einzelnen Bestandteile „nicht unbedingt“ bekannt sei. Man habe für die Gesamthöhe der Pauschalgebühr eine Mischkalkulation zugrunde gelegt. „Da es bei uns bislang keinen Fonds mit einem abgelaufenen Geschäftsjahr unter vollständiger Berücksichtigung der Pauschalgebühr gibt, kann auf Basis der aktuell ausgewiesenen Ongoing Charges nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob und wie viel ein Fonds durch die beiden oben genannten Komponenten am Ende teurer oder billiger geworden ist“, so ein Sprecher von Union Investment. „Sehr wahrscheinlich“, so der Sprecher weiter, „werden einige Fonds am Ende etwas teurer werden und andere etwas billiger. Ob und wie viel genau kann man das aber erst am Ende des Geschäftsjahres sehen.“
Das klingt auf den ersten Blick nach sehr vielen Unwägbarkeiten, ist aber viel unkomplizierter als man vermuten könnte. Anleger sollten sich nicht irritieren lassen, sondern zum Kern der Sache vorstoßen. Die Kosten, die Union Investment nunmehr in einer neuen Kennziffer gebündelt hat, sind mitnichten neu. Sie werden lediglich seit Neuestem gebündelt. Die Einzelbestandteile flossen bereits zuvor in die TER ein, heute sind sie Bestandteil der Kennzahl Ongoing Charges. (Sie erinnern sich: Ongoing Charges bzw. die laufenden Kosten sind weitgehend identisch mit der TER, wenn man sie um Zielfondskosten bereinigt.)
Auf weitere Nachfrage haben Produktexperten von Union Investment uns gegenüber eingeräumt, dass die derzeit als Schätzungen ausgewiesenen laufenden Kosten der Union Investment-Fonds schlussendlich nicht weit von den tatsächlich von Anlegern zu tragenden Kosten liegen werden. Auch wenn erst die Jahresberichte der Fonds auf Heller und Pfennig Aufschluss über die tatsächlichen Fondskosten geben werden, sind die in den KIID-Dokumenten ausgewiesenen Kosten(-schätzungen) durchaus ernst zu nehmen. Aller Voraussicht nach handelt es sich also um bei einem Großteil der Differenz zwischen TER und Ongoing Charges um handfeste Gebührenerhöhungen.
Pauschalgebühr führt zu Diskriminierungen
Vollends unverständlich erscheint auf den ersten Blick auch, dass die Pauschalgebühr nicht Fonds für Fonds berechnet wird, sondern nach Asset Klassen (Aktien, Renten, Mischfonds, Geldmarktfonds). Das hat Zwangsläufig zur Folge, dass die neue Kostenstruktur nur bei den wenigsten Fonds tatsächlich „passt“. Im Zuge der Zuordnung nach Clustern berechnet Union Investment beispielsweise eine Pauschalgebühr von 25 Basispunkten für alle Aktienfonds. Dieses Verfahren nach der Gießkannenmethode impliziert, dass große Fonds künftig nicht von Skaleneffekten profitieren werden.
Dieses Vorgehen ist nur dann logisch erklärbar, wenn man unterstellt, dass die zugrundeliegende Motivation von Union Investment die gezielte Verteuerung der bisher relativ günstigen Flaggschifffonds ist. Fonds wie der UniGlobal waren mit Gesamtkostenquoten in den vergangenen Jahren von zwischen 1,30 und 1,39 Prozent im Vergleich zu Aktien-Flaggschifffonds anderer Fondsanbieter relativ günstig. Mit laufenden Kosten von nunmehr 1,58 Prozent nähert man sich dem Niveau anderer Fondsgesellschaften an.
Adé Performance Fees, herzlich willkommen Ongoing Charges
Der Zeitpunkt dieser Gebührenerhöhung ist zudem auch deshalb interessant, weil sie nahezu zeitgleich mit der von der deutschen Aufsichtsbehörde Bafin verfügten Umstellung der Erfolgsgebühr (Performance Fee) zusammenfällt. Zur Erinnerung: Aufgrund der Maßgaben der Bafin mussten die deutschen Fondsanbieter ihre bis dato für Anleger weitgehend unfair gestrickten Fonds-Erfolgsgebühren umstellen. (Lesen Sie unsere Analyse zur Regulierung der Performance Fees hier.) Die Umstellung der Performance Fees wird auch für Union Investment mit handfesten Ertragseinbußen verbunden sein.
Um Anlegern eine erste Indikation zu geben, wie stark die Gebühren prominenter Union-Fonds steigen könnten, haben wir die in den Fondsdokumenten KIID aufgeführten laufenden Gebühren mit der durchschnittlichen TER seit 2011 abgeglichen. Einen – offenbar prinzipiell gemeinten - Einwand von Union Investment, dass Ongoing Charges im Gegensatz zur TER die Gebühren von Zielfonds inkludieren, haben wir Rechnung getragen. Wir haben auch die Portfolios aller in der unteren Liste aufgeführten Fonds überprüft. Zielfonds haben wir überwiegend nur in homöopathischen Dosen ausmachen können, sodass die Differenz zwischen Ongoing Charge und TER nicht auf die Kosten von Zielfonds zurückgeführt werden kann.
Die Differenz zwischen Ongoing Charge und TER ist nicht auf die bisher nicht ausgewiesenen Kosten von Zielfonds zurückzuführen.
Die Tabelle unten auf dieser Seite enthält 30 große Union-Investment-Fonds, die vorwiegend von Privatanlegern genutzt werden. Lesen Sie die Tabelle so: Neben dem Fondsnamen und der Fondskennziffer ISIN finden Sie weiter rechts die Asset-Klasse des Fonds sowie seine durchschnittliche TER der Jahre 2011 bis 2013. Weiter rechts ist die neue Kennziffer Ongoing Charge aufgeführt sowie die Differenz zwischen den beiden Kennzahlen.
Im Check: Kostenentwicklung bei 30 Union-Dickschiffen
Um Investoren ein Gefühl für die möglicherweise auf den ersten Blick gering erscheinenden Unterschiede zwischen TER und laufenden Kosten zu vermitteln, haben wir auf Basis des per 30. Juni 2014 ermittelten Fondsvermögens die Differenz als absoluten Betrag ausgerechnet. Um so viel wird sich das Vermögen aller Investoren in den Fonds – ceteris paribus – in der Welt der Union-Investment-Pauschalgebühren mindern. Wir haben auch die zuletzt ermittelte Quote an Zielfonds für jeden Fonds ermittelt. Diese Angaben finden Sie in der äußeren Tabellenspalte rechts.
Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass bei den Flaggschifffonds die Differenz zwischen TER und Ongoing Charge mit der Ausnahme des UniOptimus –net ausnahmslos positiv ist. Das bedeutet, dass die Kosten für den Anleger bei 29 der 30 abgebildeten größten Publikumsfonds voraussichtlich steigen werden. Das gilt auch für das gesamte Sample, das wir untersucht haben. Von 61 betrachteten Aktienfonds werden unter dem Ongoing Charges Regime nur vier Produkte günstiger, bei sieben Fonds sind nach unserer Berechnung die TER der vergangenen drei Jahre auf demselben Niveau wie künftig die Ongoing Charges. 50 Fonds weisen allerdings höhere Kostenquoten auf als zuvor.
Bei Aktienfonds entspricht das einem jährlichen Volumen von 45 Millionen Euro an Mehrkosten, wenn man – ceteris paribus – das Vermögen dieser Fonds per 30. Juni zum Maßstab macht. Bisher nicht ausgewiesene Zielfondskosten können die höheren Ongoing Charges nur zu einem minimalen Anteil begründen, da diese Produkte nur in homöopathischen Dosen in andere Fonds investieren.
Deutlich weniger zusätzliche Kosten kommen auf Anleger in Mischfonds zu. Hier haben wir bei sechs großen Produkten Mehrkosten von 4,27 Millionen Euro ausgemacht. Bei Rentenfonds liegen die Ongoing Charges bei 25 der 30 größten Privatanlegerfonds über den durchschnittlichen TERs zwischen 2011 und 2013. Die Kosten von fünf Rentenfonds bleiben unverändert. Auch hier sind die Steigerungen nur in sehr geringem Umfang auf Zielfondskosten zurückzuführen. Als Erkenntnis bleibt unter dem Strich: Der Verdacht, dass Union Investment die Einführung der neuen Kostenkennziffer zu Gebührenerhöhungen auf breiter Front genutzt hat, steht bisher unwidersprochen im Raum. (Lesen Sie hier den Kommentar: Aufsichtsräte für Fonds!)
Tabelle: Vorher und Nachher: Die Kostenquoten großer Union-Investment-Fonds
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