Wurde ich für das eingegangene Risiko belohnt? Die meisten Anleger stellen die Frage nach ihrem Anlageerfolg bekanntlich anders. Sie beschränken sich in aller Regel auf die Betrachtung der Rendite ihres Investments. Die Risiken auszublenden, ist jedoch ein Fehler. In unserer zweiteiligen Serie haben wir zunächst die wichtigen Risikokennziffern erklärt. Wir kommen im zweiten Teil nun zum Thema risikoadjustierte Rendite.
Neben der absoluten Fondsrendite, die auf Fonds-Factsheets und auch der Morningstar Webseite dargestellt wird, gibt es risikobereinigte Performancekennziffern, die eine Antwort auf die Frage geben sollen, ob die Rendite eines Fonds auch in Anbetracht der eingegangenen Risiken noch attraktiv ist. Eine hohe absolute Rendite kann nämlich bedeuten, dass dafür auch sehr hohe Risiken eingegangen wurden, was in schwierigeren Zeiten entsprechend starke Verlustrisiken implizieren könnte.
Sharpe Ratio
Die Sharpe Ratio wurde von Nobelpreisträger William Sharpe entwickelt. Für die Berechnung der Sharpe Ratio wird zunächst die Verzinsung einer risikolosen Anlage (Geldmarktsatz) von der Rendite des Fonds abgezogen. Die verbleibende Rendite wird durch das eingegangene Risiko (Standardabweichung) geteilt. Je mehr Ertrag ein Fonds pro Risikoeinheit erwirtschaftet, desto besser wurden Anleger für das eingegangene Risiko entlohnt und desto höher die Sharpe Ratio.
Das lässt sich an einem Beispiel illustrieren: Fonds A erzielte 10% p.a. über die letzten drei Jahre mit einer Standardabweichung von 20%. Dies resultiert in einer Sharpe Ratio von 0,5. Fonds B generierte lediglich 8% p.a., aber mit einer geringeren Standardabweichung (15%), wodurch sich insgesamt eine etwas höhere Sharpe Ratio von 0,53 ergibt. Fonds A hatte die bessere Rendite, aber Fonds B lieferte mehr Rendite für das eingegangene Risiko und wäre vorzuziehen.
Je höher die Standardabweichung (Volatilität) eines Fonds, desto höhere Renditen sind erforderlich, um eine hohe Sharpe Ratio zu erzielen. Dagegen benötigen Fonds mit geringerer Volatilität weniger hohe Renditen, um eine attraktive Sharpe Ratio auszuweisen. Eine hohe Sharpe Ratio garantiert somit nicht, dass ein Fonds risikoarm ist. Eine hohe Sharpe Ratio ergibt sich auch dann, wenn ein Fonds Anleger für hohe Risiken mit einer entsprechend hohen Rendite kompensiert.
Anleger sollten auch beachten: Die Aussagekraft der Sharpe Ratio leidet bei negativen Renditewerten. In diesem Fall weisen Fonds bei gleichem Ertrag eine geringere Sharpe Ratio auf, auch wenn sie eine niedrigere Volatilität gezeigt haben.
Information Ratio
Die Information Ratio setzt die Differenz zwischen Fonds- und Indexrendite ins Verhältnis zum Tracking Error. Daraus folgt, dass die Aussagekraft stark von der Verwendung einer geeigneten Benchmark abhängt. Während die Sharpe Ratio stärker auf das Marktrisiko abstellt, definiert die Information Ratio Risiko als Abweichung von einem Index (Benchmark), d.h. resultierend aus aktivem Management. Der Tracking Error ist ein Maß dafür, wie eng ein Fonds seinem zugehörigen Index folgt. Er wird als Standardabweichung der Renditedifferenzen zwischen Fonds und Index im betrachteten Zeitraum berechnet. Während man bei einem Indexfonds einen niedrigen Tracking Error erwarten würde, sollte dieser bei aktiv gemanagten Fonds höher ausfallen.
Die Information Ratio soll darüber Aufschluss geben, ob ein Fonds durch seine Abweichungen vom Index die Benchmark übertreffen konnte. Sie soll zudem die Konsistenz der relativen Performance messen. Konsistent bessere Renditen deuten auf hohe Managementfähigkeiten hin, während Sprunghaftigkeit eher mit Glück als mit Können assoziiert werden könnte. Die Information Ratio lässt sich somit als Maß für den Erfolg aktiven Managements interpretieren. Je höher die Kennzahl, desto besser, aber für die Aussagekraft bei negativen Abweichungen der Fondsrendite von der Indexrendite gilt Ähnliches wie bei der Sharpe Ratio. In diesem Fall kann es vorkommen, dass der Fonds mit der höchsten Information Ratio nicht immer der beste ist. (Es gibt modifizierte Berechnungsverfahren für beide Kennzahlen, um die Vergleichbarkeit zu verbessern.*)
R², Beta und Alpha
R², Beta und Alpha sind Entwicklungen der Modernen Portfoliotheorie. R² zeigt an, in welchem Ausmaß sich die Bewegungen eines Fonds aus der Bewegung eines Index (der stellvertretend für den Gesamtmarkt steht) erklären lassen. Ein R²-Wert von 100 würde bedeuten, dass sich der Fonds in vollständigen Einklang mit der Benchmark bewegt.
So würde etwa ein Indexfonds, der den MSCI Europe nachbildet, in Bezug auf diesen Index ein R² von nahezu 100 aufweisen. Wenn also der MSCI Europe um zehn Prozent ansteigt, kann man ähnliches für den Fonds erwarten. Je niedriger R², desto geringer der Zusammenhang zwischen Fonds und gewähltem Index.
Beta ist ein Maß für die Veränderung eines Fonds im Verhältnis zu einer Veränderung des Marktes (Index). Ein Fonds mit einem Beta von über 1 entwickelt sich in Aufwärtstrends besser als der zugehörige Index, schneidet im Gegenzug bei fallenden Kursen schlechter ab. Umgekehrt wird ein Fonds mit einem Beta unter 1 in steigenden Märkten hinterher hinken, in Abwärtsphasen jedoch nicht so stark leiden wie der Gesamtmarkt.
Alpha zeigt den Betrag, um den ein Fonds seine Benchmark (Index) übertroffen hat, unter Berücksichtigung des Marktrisikos (welches durch Beta gemessen wird). Ein positives Alpha ist das Ziel aktiver Fondsmanager, die antreten, mit ihren Anlageentscheidungen den Markt zu schlagen. Das Alpha kann auch negativ ausfallen. Es sagt allerdings zunächst einmal nichts darüber aus, wodurch die Über- oder Fehlrendite gegenüber dem Index entstanden ist: durch Gebühren, (In)kompetenz, Glück …
Ein letzter Hinweis zum Schluss: Maßgeblich für die Aussagekraft der Kennzahlen wie Alpha, Beta oder Information Ratio ist die Wahl einer geeigneten Benchmark. Stimmt der gewählte Referenzmarkt nicht mit dem tatsächlichen Anlageuniversum des Fonds überein, führen die relativen Rendite-Risiko-Kennzahlen in die irre
*Vgl. Craig L. Israelsen; “A refinement to the Sharpe ratio and information ratio”, Journal of Asset Management, 2005
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