Wir leben in ungewöhnlichen Zeiten. Laut einer Kolumne in der Financial Times weisen Staatsanleihen im Wert von über drei Billionen US-Dollar derzeit negative Renditen auf. (Für bildlich denkende Menschen: Das ist eine Eins mit 12 Nullen dahinter.) Man muss sich nur den Euro-Bond-Markt anschauen, um die Tragweite zu begreifen. Deutsche Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren befinden sich in negativem Terrain. Anleger sind also bereit, für das Privileg, Bundesanleihen halten zu dürfen, bares Geld zu zahlen. Das ist irrational. Oder etwa nicht?
Anleger, die heute zugreifen, müssen nicht von einem Crash-Szenario ausgehen. Natürlich kann es erneut zu einer Bankenkrise nach dem Beispiel des Jahres 2008/09 kommen. Dann wäre es ein lohnenswertes Unterfangen, Sicherheit gegen eine kleine Gebühr zu erhalten. Doch auch weniger radikale Szenarien machen ein Investment in sichere Staatsanleihen erklärlich. Denn bei einem Bond Investment geht es nicht nur um die Rendite, sondern auch um den Kurs. Rendite und Preis stehen in einem inversen Verhältnis zueinander. Dieses Duo drückt das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage aus. Übersteigt die Nachfrage das Angebot, treibt das den Kurs einer Anleihe nach oben, was wiederum für fallende Renditen sorgt. Zwei Faktoren treiben derzeit die Bond-Kurse:
1. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB wird bis mindestens September 2016 jeden Monat Euro-Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro vom Markt nehmen (genauer gesagt: Die nationalen Notenbanken der Euro-Mitgliedsstaaten werden dies im Auftrag der EZB tun.). Und das muss nicht das Ende der Fahnenstange sein. Theoretisch könnte die EZB unbegrenzt Geld drucken und ihr Programm zeitlich und auch vom Umfang ausdehnen. Anleger haben also gute Gründe für Annahme, dass (auch negativ rentierliche) Eurobonds Kurspotenzial haben. Das zeigte sich bereits am heutigen Montag mit dem Start des Kaufprogramms der EZB: Französische, niederländische und belgische Staatsanleihen wurden laut Agenturberichten ebenso gekauft wie deutsche Bunds. Die Kurse legten auf breiter Basis am Montag zu.
2. Sollten sich die deflationären Tendenzen in der Eurozone weiter bestätigen, dürfte das „Deflationsgespenst“ zur Realität werden. Wenn die Preise auf breiter Front sinken, ist das ein Albtraum für die Wirtschaft und für Aktienanleger, aber ein positives Szenario für Bond-Investoren. Dann werden aus negativen Renditen flugs Kursgewinne.
Für die defensiven Investoren: 3 Bond-Fonds mit Fokus auf Bundesanleihen
Somit wird deutlich, dass es mithin alles andere als irrational ist, heute in negativ rentierliche Bonds zu investieren. Wir haben einige Produkte für beide Szenarien zusammengestellt. Zum ersten einige Fonds für die Sicherheit und zugleich möglicherweise Rendite:
Warburg Ordo Rentenfonds (DE0009765289): Als einer der wenigen EUR-Staatsanleihefonds setzt dieses Produkt fast vollständig auf deutsche Titel. Dieser Warburg-Invest-Fonds wird von Vermögensverwaltung Grohmann & Weinrauter aus Königstein im Taunus beraten. Seine Outperformance-Ambitionen gegenüber dem Rex-P gründen auf einem Trendfolgesystem, das die aussichtsreichsten Laufzeitenbänder (1-10 Jahre) des Index REX identifizieren soll. Für die Performance setzt der Fonds auf Anleihen mit hohen Kupons und langen Laufzeiten, bei steigenden Zinsen werden die Laufzeiten sukzessive auf Geldmarktniveau verkürzt. Wegen dieser gewissermaßen knochentrockenen Linie ist dieser Fonds weit hinter vergleichbaren Fonds geblieben, was das Ein-Sterne-Rating illustriert. Immerhin: Per Ende Februar legte der Fonds um gut 2% zu.
Bantleon Return (LU0430091412): Anleger, die ausschließlich auf deutsche Staatsanleihen setzen, müssen bei diesem Fonds der Bantleon Bank aus Zug Abstriche machen. Allerdings liegt die Deutschland-Quote dieses Fonds mit derzeit über 75% im Kategorievergleich - dieser Fonds befindet sich in der Kategorie Renten EUR diversifiziert - sehr hoch. Das Zinsänderungsrisiko ist durch die Beschränkung auf Restlaufzeiten bis zu 6 Jahren begrenzt. Im Gegensatz zum Trendfolgefonds von Warburg wird dieser Fonds prognosebasiert, also nach fundamentalen Kriterien, gesteuert. Neben der Durationssteuerung sind das Management der Zinskurve und die Analyse der Bonität der Emittenten Kernbestandteile der Investmentstrategie. Dieser Fonds konnte aufgrund seiner sehr konservativen Ausrichtung mit den meisten Produkten seiner Kategorie nicht mithalten und weist ein Zwei-Sterne-Rating auf.
ESPA Bond Euro-Reserva (AT0000858121): Dieser Fonds investiert mit Blick auf die Zielländer deutlich freier als die ersten beiden Fonds unserer Auswahl, verfolgt allerdings eine ähnliche Strategie: Er vermeidet die Bonitätsrisiken und hielt sich seit 2011 weitgehend von Euro-Peripherieländern fern. Dies bewirkte, dass der Fonds in den vergangenen zwei Jahren deutlich hinter anderen Euro-Staatsanleihefonds zurückblieb. Dass die Durationssteuerung in der Vergangenheit nicht durchgehend überzeugend war, ändert nichts daran, dass dieser Fonds bei einer Verschärfung der Eurokrise einen wirksamen Schutz für Euro-Bond-Portfolios bieten dürfte. Dieser Fonds hält das Morningstar Analyst Rating "Bronze".
Für die risikofreudigeren Investoren: 3 Fonds für die Spread-Papiere
Deutlich sportlicher geht es bei den nächsten drei Fonds zu, die das „optimistische“ QE-Szenario spielen. Von der Spread-Einengung der Europeripherie-Bonds profitieren, lautet bei diesen Fonds, die alle über gute Morningstar Analyst Ratings verfügen, das Motto.
BlueBay Investment Grade Euro Government Bond Fund (LU0549537040): Dieser Fonds ist gute Auswahl für Anleger, die einen flexibel verwalteten Euro-Staatsanleihefonds suchen und bereit sind, eine recht großzügige Beimischung von bis zu 15% in Unternehmensanleihen zu tolerieren. Raphael Robelin und Mark Dowding, die Leiter des Investment-Grade Teams bei Blue Bay, verantworten diesen Fonds. Ihr Ziel ist es, den Barclays Euro Aggregate Treasury Index um 50 bis 100 Basispunkte zu übertreffen. Dies erfordert einen flexiblen wie diversifizierten Ansatz. Das sehr erfahrene Team setzt dabei auf Relative-Value-Strategien und scheut sich nicht, unkonventionelle Instrumente wie CDS auf Staatsanleihen einzusetzen. Der Fonds hält das Morningstar Analyst Rating "Bronze".
HSBC Euro Gvt Bond Fund Acc (FR0000971293): Michael Antonas, der über 20 Jahren Erfahrung besitzt, wird von einem 6-köpfigen Team in Paris und Düsseldorf unterstützt. In diesem Fonds kommen etliche Bond-Strategien zum Einsatz, unter anderem werden die Durationssteuerung und Ländergewichtung aktiv gemanagt. Dabei greift das Team auf ein quantitatives Top-down-Modell zurück. Auch wenn der Fonds eine schwierige Phase im Jahr 2010 durchleben musste, hat die Strategie seitdem sehr gute Ergebnisse gezeitigt, unter anderem aufgrund der rechtzeitigen Investition in Staatsanleihen der Euro-Südländer. Zuletzt waren deutsche und französische Bonds untergewichtet, dagegen wiesen Spanien-Bonds eine Übergewichtung auf. Dieser Fonds hält das Morningstar Analyst Rating "Silver".
Petercam Bonds EUR (BE0943877671): Dieser Fonds, der von Carl Vermassen verantwortet wird, ist eine gute Wahl für Anleger, die einen diversifizierten Euro-Staatsanleihefonds mit Outperformer-Potential suchen. Vermassen verfügt über 17 Jahre Erfahrung im Bond-Management. Er ist ein klassischer Top-down-Manager, der das große Makrobild an den Anfang des Prozesses stellt und dabei große Abweichungen vom Index einzugehen bereit ist. Allerdings hat die Entscheidung 2011, an Griechenland-Bonds festzuhalten, dem Fonds stark geschadet. Seit 2012 hat Vermassen indes mit seiner hohen Gewichtung von Euro-Peripherieanleihen sehr vieles richtig gemacht. Dieser Fonds hält das Morningstar Analyst Rating "Silver".
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