Zweierlei Meldungen beherrschen dieser Tage die Marktnachrichten. Zum einen die scheinbar unaufhörliche Aktien-Rally, zum anderen die großen Wechselkursschwankungen überall auf dem Globus. Das Schlagwort „Währungskriege“ macht die Runde. Die Zentralbanken befinden sich weltweit in einem Abwertungswettlauf, um die heimische Exportindustrie zu schützen bzw. um ihre Volkswirtschaften zu reflationieren. Nachdem die SNB im Januar höchst überraschend für Marktteilnehmer den Schweizer Franken vom Euro entkoppelt hat, steht derzeit die eklatante Euro-Schwäche gegenüber so gut wie allen Währungen (vielleicht nur mit Ausnahme der türkischen Lira) im Vordergrund.
Viele Beobachter fragen sich, ob nun, bei einem Kurs von 1,05 US-Dollar die Abwertung des Euro ein Ende haben wird. Das ist allerdings keinesfalls ausgemachte Sache: Marktteilnehmer erwarten, dass die FED ab Juni an der Zinsschraube drehen wird. Die USA haben es in den letzten Jahren geschafft, sich ein wenig Inflation zu „erkämpfen“, die Arbeitslosenquote ist zuletzt auf 5,5% gesunken und im Jahr 2014 ist die Wirtschaft um 2,4% gewachsen. Für 2015 erwartet die Weltbank wieder ein Wachstum oberhalb der 3%. Eine Zinsanhebung der FED könnte die Abwärtsspirale des Euro erneut beschleunigen. Desweiteren stellt sich die Frage, ob die Wirtschaft in der Eurozone durch die geldpolitische Stimulierung der EZB tatsächlich dem Tal der Tränen entsteigen kann und das Anleihekaufprogramm die Deflation erfolgreich bekämpfen wird. Hier gibt es viele Skeptiker. Goldman Sachs schätzt für Ende 2017, dass ein Euro nur noch 90 US-Cent wert sein wird. Die Deutsche Bank gibt sich noch pessimistischer und glaubt, dass der EUR-USD-Wechselkurs in eineinhalb Jahren bei 0,85 US-Cent je Euro liegen wird. Es ist aber nicht allein der Euro-Dollar-Kurs, der den Markt derzeit deutlich bewegt. Der Euro hat insgesamt an Stärke verloren, was man klar an der Entwicklung anderer Währungspaare wie EUR/GBP, EUR/JPY oder EUR/CHF sieht.
Grafik 1: Entwicklung des Wechselkurses EUR/Fremdwährung seit November 2014
Grafik 1 zeigt die Euro-Schwäche: Wer vor 90 Tagen einen bestimmten Betrag X in 100 Dollar, 100 Yen oder 100 Schweizer Franken gewechselt hat, bekommt heute für denselben Betrag X nur noch gut 85 USD, 90 Yen oder knapp 88 Schweizer Franken. Gleichzeitig ist die Volatilität der Währungspaare angestiegen.
Tabelle 1: Volatilität einzelner Währungspaare und ausgewählter Standard-ETFs (Mitte März 2015)
Für den Wechselkurs EUR/USD bewegt sich die Volatilität auf 90-Tages-Sicht (Handelstage) bei gut 10% und auf Jahressicht immernoch bei 7%. Vor einem Jahr lag die 90-Tages-Volatilität noch bei 6,5% (Nicht in Tabelle 1 abgebildet). Das Währungspaar Euro-Dollar ist auf kurze Sicht also deutlich schwankungsanfälliger geworden. Noch drastischer fällt das Verhältnis zum Schweizer Franken aus: Hier liegt die Volatilität bis Mitte November bei 26%. Nicht währungsgesicherte Portfolios sind diesen Schwankungen vollständig ausgesetzt. Der Währungseffekt zeigt sich auch im Volatilitätsvergleich zwischen einem in Euro gehedgten ETFs auf den S&P500 und dem nicht währungsgesicherten Produkt: Wer sich für das Investment in US-Dollar entschieden hat, dessen Investment war auf 90-Tages-Sicht um gut 3% schwankungsanfälliger als der S&P500-ETF in Euro.
Performanceunterschiede: Auswirkung des Währungshedging
Vor dem Hintergrund der gestiegenen Volatilität der Währungskursentwicklungen, stellt sich nun die Frage für Investoren, welchen Pfad sie einschlagen sollen, wenn sie in Aktien der großen vier Währungsmärkte investieren wollen: Sehen sie die Währung als Risiko oder als Chance? Oder in der Fachsprache formuliert: Sind Währungsrisiken für Aktieninvestoren eine „gutes“ oder ein „schlechtes“ Risiko?
Absichern oder nicht, lautet mithin die Frage. Wer die Abwertungsrunde beim Euro bereits für das Ende der Geschichte hält und mit einer Erholung rechnet, tut gut daran, die Fremdwährung zu hedgen. Wer – wie die bereits erwähnten Skeptiker - von einer weiteren Schwächung der Gemeinschaftswährung ausgeht, sollte seine Fremdwährungsposition „offen“ lassen. Vor ähnlichen Überlegungen stehen Anleger im Franken-Raum: Halten sie das SNB-Erdbeben Mitte Januar für einen Einmaleffekt und gehen von einer Erholung des Euro aus, sollten sie von einer Absicherung ihrer Euroaktien-Investments absehen.
Damit stellen sie sich allerdings gegen den Marktkonsens und damit auch gegen Mario Draghi und die EZB: Die untere Tabelle soll Investoren ein Gefühl für die erheblichen Performance-Unterschiede vermitteln, die durch die Entscheidung pro oder kontra einer Fremdwährungsabsicherung resultieren können. Wir haben dafür jeweils einen ungesicherten und einen währungsgesicherten Aktien-ETF auf die großen vier Märkte aufgeführt, in die Anleger mit breit gestreuten Portfolios typischerweise investieren. Auch wenn die Historie einiger Produkte noch nicht sehr lang ist, zeigen sich die Unterschiede doch recht deutlich.
Tabelle 2: Eine Auswahl an Aktien-ETFs auf die vier großen Währungsregionen, gesichert und ungesichert
Für Euro-Investoren zeigt sich die immense Volatilität des Währungspaares EUR/USD in den unterschiedlichen Ergebnissen der beiden S&P 500 ETFs. In den vergangenen 12 Monaten (per Ende Februar 2015) legte der nicht-währungsgesicherte S&P 500 ETF um sage und schreibe gut 40% zu. Wem es wichtig war, die reine US-Aktienmarkt-Performance einzufangen (wer also das Währungsrisiko für sich als per se schlechtes Risiko definiert hat), musste sich mit einem relativ mageren Plus von 14,3% begnügen.
Ähnlich deutlich war der Unterscheid beim Wechselkurs EUR/GBP. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres konnten Anleger im nicht-währungsgesicherten MSCI UK ein herausragendes Ergebnis von gut 13,4% erzielen. Die gegenüber Euro abgesicherte ETF-Tranche legte „nur“ um 6,2% im Januar und Februar zu (annualisiert ist das aber immernoch eine Traumrendite!).
Wer auf schweizer Aktien setzte, konnte im Januar mit einem ungesicherten Portfolio sämtliche Verluste, die schweizer Aktien im Zuge des SNB-Entscheids, den Franken vom Euro zu entkoppeln, hinnehmen mussten, durch Währungsgewinne wettmachen. In den vergangenen 12 Monaten belief sich der Performance-Unterschied ebenfalls auf sehr hohe 16 Prozentpunkte.
Das Für und Wider der Währungsabsicherung
Nachdem wir beispielhaft die Auswirkungen der Währungsabsicherung illustriert haben, steht der Anleger nun vor der Frage: „to hedge or not to hedge?“ Naturgemäß lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten. Sie hängt von vielerlei Faktoren ab. Der wichtigste ist der Anlagehorizont. Wer sein Geld über 10, 15 oder 20 Jahre (oder noch länger) investieren will, dem wird ein Währungshedge vermutlich weniger wichtig sein als einem Investor mit einem mittelfristigen Anlagehorizont von, sagen wir, fünf Jahren. Die obige Tabelle zeigt, dass Produkte mit Währungshedge deutlich teurer sind als Produkte ohne Währungshedge. Bei einem Anlagehorizont von 1-3 Jahren fallen ein paar Basispunkte nicht ins Gewicht, bei 15 oder 20 Jahren dagegen sehr wohl.
Gegen einen Hedge bei Langfristengagements sprechen auch die ausgeprägten Währungszyklen, die zwischenzeitlich erhebliche Verschiebungen mit sich bringen können, sich langfristig jedoch häufig ausgleichen (jedenfalls bei den großen, liquiden Währungen der Industrieländer). Das Verhältnis zwischen Währungspaaren mag sich sehr volatil gestalten, aber über längere Zeiträume werden die Ausschläge merklich geglättet. Anders mag sich das beim Verhältnis zwischen Industrieländern und Emerging Markets darstellen. Insbesondere bei Ländern mit hohen Verschuldungsquoten und negativen Leistungsbilanzen können Investments in Lokalwährungen Anlegern erhebliche Verluste bescheren, die sich auch langfristig nicht ausgleichen.
Eine ganz bestimmte Gruppe von Investoren, die streng genommen in diesem Fall nicht als klassische Finanzinvestoren agieren, sollten indes gründlich über die Absicherung des Währungsrisikos nachdenken, und zwar bei allen Fremdwährungs-Exposures, egal, ob es sich um Aktien oder Bonds handelt: Personen, die Cash-Flows in einem fremden Währungsraum generieren. Durch unvorhergesehene Währungsschwankungen können Anleger hier nämlich aus dem Tritt geraten. Beispielsweise können nicht wenige Häuslebauer, vorwiegend aus Osteuropa, die Immobilienkredite in Franken aufgenommen hatten, von derartigen Risiken heute ein Lied singen.
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