Wohl jeder Anleger kennt diesen Börsenspruch: Die Hausse nährt die Hausse. Das gilt auch für Fonds. Liefert das Fondsmanagement über Jahre hinweg gute Ergebnisse, entwickelt sich eine bekannte Dynamik: Die gute Performance zieht, zusätzlich befeuert durch Fondsrankings in der Presse oder Auszeichnungen, neue Anleger an. Durch das gewachsene Volumen steigen die Bedeutung und der Bekanntheitsgrad dieser Fonds bei Anlegern und Vermittlern, was die Mittelzuflüsse noch verstärkt.
Beispiele gibt es aus der Praxis viele: So wurden beispielsweise aus den Fonds anfänglich relativ unbekannter Fondsboutiquen wie z.B. dem Ethna-AKTIV (12,6 Mrd. EUR), dem Carmignac Patrimoine (28,6 Mrd. EUR) oder dem FvS SICAV Multiple Opportunities (7,6 Mrd. EUR) im Laufe der Zeit riesige Flaggschiffprodukte mit z.T. zweistelligen Milliardenvolumen.
Diese Entwicklung ist natürlich nicht nur bei Mischfonds zu beobachten, sondern auch in anderen Bereichen. Man denke nur an den PIMCO Total Return, der zu seinen besten Zeiten unter dem früheren Manager Bill Gross alleine in der US-Version bis zu 225 Mrd. USD verwaltete, oder im Aktienbereich an den DWS Top Dividende mit aktuell 15,5 Mrd. EUR.
Ist ein hohes Fondsvolumen grundsätzlich schlecht für Anleger?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei kleinen Fonds sind steigende Fondsvolumina zunächst einmal positiv, da anfallende Fixkosten für die Administration der Fonds bei einem größeren Volumen auf mehr Schultern verteilt werden. Die meisten Kosten auf Fondsebene werden aber prozentual auf das Fondsvolumen berechnet. Das ist aus Anlegersicht bedauerlich, zumal kaum eine Fondsgesellschaft in Deutschland Anleger an den Größenvorteilen ihrer Fonds teilhaben lässt und die Gebühren mit steigendem Volumen senkt. Daher füllen hohe verwaltete Volumina die Kassen der Fondsgesellschaften, die deshalb zunächst einmal kein Interesse daran haben, Mittelzuflüsse zu begrenzen. Dass es manche Fondsgesellschaften--- lobenswerterweise --- trotzdem tun, liegt daran, dass sich nicht jede Strategie mit einem hohen Fondsvolumen so erfolgreich wie zuvor umsetzen lässt. Schließt eine Fondsgesellschaft einen Fonds aus Kapazitätsgründen, entscheidet sie sich damit bewusst gegen ihre kurzfristigen finanziellen Interessen und für die langfristigen Interessen ihrer Anleger, was ihr auf lange Sicht ebenfalls zugutekommen sollte.
In der Praxis sind Fondsgesellschaften, die die Mittelzuflüsse in ihren Fonds begrenzen, aber in der Minderheit. Im Mischfondsbereich hat sich beispielsweise das Haus C-QUADRAT hervorgetan, das u.a. als Plattform für die von ARTS quantitativ verwalteten Fonds fungiert. Aus Sorge um den zukünftigen Erfolg der beiden Mischfonds ‚C-Quadrat ARTS total Return Global AMI‘ Und ‚C-Quadrat ARTS total Return Dynamic‘ hatte das Team um Fondsmanager Leo Willert bereits im April 2011 beschlossen, keine Neuinvestitionen in diesen Fonds zuzulassen. Gleichzeitig wurden allerdings Produkte mit einer sehr ähnlichen Strategie neu aufgelegt, was diese Entscheidung z.T. konterkariert.
Auch im Aktienbereich sind Häuser wie First State Investments mit der Schließung einiger erfolgreicher Asien und Emerging Markets Fonds wie z.B. dem ‚First State Asia Pacific‘ diesen Weg gegangen. Aberdeen Asset Management, das u.a. 50 Mrd. USD in den Aktienmärkten der Schwellenländer und 56 Mrd. USD in den asiatischen Märkten verwaltet, hat zumindest ein Soft-Close eingeführt, das Neuanleger in den betroffenen Fonds mit einer Gebühr von zusätzlichen 2% belegt.
Wo zieht man die Grenze?
Auf die Frage, wo die Obergrenze des verwalteten Vermögens liegt, gibt es leider keine allgemeingültige Antwort, da dies primär von der Strategie des Fonds abhängt. Es gilt: Je kleiner und illiquider der Markt ist, in den der Fonds investiert, desto eher ist die Kapazitätsgrenze erreicht. Diese Grenze kann bei einem Fonds für Nebenwerte, je nach Unternehmensgröße, Anzahl der Positionen im Anlageuniversum und im Portfolio bereits bei wenigen hundert Millionen Euro liegen. Auch in anderen weniger liquiden Anlagesegmenten, wozu im Anleihenbereich z.B. ABS-Papiere, Nachrang-, High-Yield- oder Emerging-Markets-Unternehmensanleihen zählen, ist die Obergrenze für eine Strategie schneller erreicht als beispielsweise bei einem Fonds für liquide Staatsanleihen.
Bei Mischfonds lassen sich hohe Fondsvolumina in der Regel noch relativ gut verwalten, wenn die Top-Down Asset-Allokation eine große Rolle spielt, zumal hier häufig gehandelte Derivate wie Indexfutures zum Einsatz kommen können. Diese Instrumente sind einerseits hochliquide und können andererseits dabei helfen, dass die Positionen im Fonds nicht kontinuierlich umgeschichtet werden müssen.
Die Frage, die sich Anleger hier stellen müssen, lautet: War der Mischfonds in der Vergangenheit vor allem aufgrund seiner Top-Down-Allokation erfolgreich oder gab es andere Renditequellen, die sich mit stark steigendem Vermögen nicht mehr ohne weiteres anzapfen lassen?
Bei den von Morningstar gerateten Fonds fällt die Bilanz gemischt aus: So grenzte sich der FvS SICAV Multiple Opportunities (Analyst Rating: ‚Bronze‘), der von Dr. Bert Flossbach verwaltet wird, neben einer geschickten Asset Allokation auch durch hervorragende Ergebnisse aus der Aktienauswahl im Nebenwertesegment (z.B. Freenet, Bechtle, Drillisch) von der Konkurrenz ab. Mit dem aktuell verwalteten Volumen von mehr als 6 Mrd. EUR fallen Nebenwerte als wesentliche Renditequelle aber weg. Auf die Frage nach Kapazitätsgrenzen äußert sich die Fondsgesellschaft eher vage, dass der Fonds offen bleiben würde, solange gute Ergebnisse für Anleger erzielt werden könnten. Dies ist auch einer der Hauptgründe dafür, wieso wir, trotz überragender Performance in der Vergangenheit derzeit nicht über ein ‚Bronze‘-Rating hinausgehen.
Auch der Ethna-AKTIV (Analyst Rating: ‚Neutral‘) war in seinen Anfangsjahren im Small- und Micro-Cap-Segment unterwegs, was angesichts des aktuellen Fondsvolumens keine nennenswerte Rolle mehr spielt. Seit Mitte 2007 wird der Ethna-AKTIV als Mischfonds verwaltet. Im Rahmen ihrer aktiven Top-Down-Steuerung kauften die Fondsmanager beispielsweise im Jahr 2009/2010 stark im Nachranganleihensegment zu, das z.T. bis zu 25% des Fondsvolumens ausmachte. Auch bei diesem Fonds sind wir der Meinung, dass dies mit dem derzeitigen verwalteten Volumen aus Liquiditätsgründen nicht mehr ohne weiteres wiederholbar wäre. Zu Fragen nach dem Kapazitätsmanagement bleibt auch Ethenea eher im Ungefähren.
Tun Fondshäuser genug, um bestehende Anleger zu schützen?
Fondsschließungen aufgrund eines zu hohen verwalteten Volumens sind leider noch eine Seltenheit. Das gilt vor allem in Deutschland -- in angelsächsischen Ländern sind Vertriebsbeschränkungen zum Schutz der Bestandsanleger dagegen eine bekannte Praxis. Das heißt allerdings nicht, dass die Performance aller großvolumigen Fonds gefährdet ist, solange es noch genügend Performancequellen gibt, die sich auch mit einem hohen verwalteten Vermögen nutzen lassen. Tendenziell ist es allerdings so, dass ein wachsendes Fondsvolumen die Möglichkeiten der Fondsmanager kontinuierlich einschränkt, da diese auf immer größere, liquidere Anlagesegmente ausweichen und die Portfoliokonstruktion anpassen müssen, um Liquiditätsrisiken Rechnung zu tragen. Beispielsweise werden Aktienwetten dann nicht mehr durch eine favorisierte Aktie dargestellt, sondern durch einen Korb bestehend aus der favorisierten Aktie sowie aus Titeln, die nicht die erste Wahl des Fondsmanagers sind. Zudem sind Investitionen in illiquideren Marktsegmenten wie z.B. Nebenwerten ab einer bestimmten Fondsgröße nicht mehr in größerem Umfang möglich, so dass ihr Einfluß auf die Gesamtperformance des Fonds vernachlässigbar ist.
Durch die Einschränkungen, die ein stark wachsendes Volumen mit sich bringt, kann dann aus einem exzellenten Fonds ein guter Fonds oder sogar ein mittelmäßiger Fonds werden. Auch wenn der Worst Case nicht eintritt steht fest: Ein ausuferndes Fondswachstum ist nicht im besten Interesse der Anleger.
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