Im jüngsten Rating-Bericht zum PIMCO Total Return Bond Fonds hat Morningstar-Fondsanalystin Mara Dobrescu erneut die hohen Kosten bemängelt. Die Gebühren der Privatanleger-Tranche liegen deutlich über dem Median der Kosten vergleichbarer Produkte; das schränkt die Wettbewerbsfähigkeit des Fonds ein, so unsere PIMCO-Spezialistin (lesen Sie hier die Zusammenfassung des Berichts; registrierungspflichtig).
Weil der ehedem von PIMCO-Gründer Bill Gross verantwortete Fonds in den vergangenen Jahren mit einigen Fehlentscheidungen zu kämpfen hatte, sackte die risikoadjustierte Performance im Wettbewerbsvergleich deutlich ab. Inzwischen weist der PIMCO GIS Total Ret Bd E Acc nur noch ein Zwei-Sterne-Rating auf, was einer unterdurchschnittlichen Bewertung des Rendite-Risiko-Profils entspricht.
Doch nicht alle Investoren haben mit dem PIMCO Total Return eine unterdurchschnittliche Performance verbucht. Im Gegenteil: Wer nicht in der „E“-Tranche (ISIN: IE00B11XZ988), sondern in der „H“-Tranche (IE0032313243) investiert ist, hält einen überdurchschnittlich guten Vier-Sterne-Fonds. Der Grund: seine Kosten sind deutlich tiefer. Er kostet nicht 1,4% pro Jahr wie die Privatanleger-Tranche, sondern nur 0,67% -- weniger als die Hälfte also. Allerdings muss, wer in besagte H-Tranche investieren will, mindestens 5 Millionen US-Dollar mitbringen. Das dürfte die finanziellen Möglichkeiten der allermeisten Investoren übersteigen. Wer sogar 10 Millionen Dollar an verfügbarem Vermögen hat, das er in einen flexiblen USA-Rentenfonds investieren möchte, kann in die Tranche Total Return Bond Institutional mit der ISIN IE0002460867 investieren, die nur 0,5% pro Jahr kostet. Auch diese Tranche weist ein Vier-Sterne-Rating auf.
Morningstar Sterne Rating für mehr Performance-Übersicht
Zur Erinnerung: Eine Morningstar Sterne-Rating bekommt jeder Fonds, der einer homogenen Fondskategorie angehört und eine Historie von über drei Jahren aufweist. Die Ratings innerhalb einer Morningstar Fonds-Kategorie werden wie folgt verteilt: Die 10% der Fonds mit der besten risikoadjustierten Rendite bekommen fünf Sterne, die folgenden 22,5% erhalten vier, die mittleren 35% der Fonds drei, die nachfolgenden 22,5% zwei und die schlechtesten 10% der Fonds einer Morningstar-Kategorie werden mit einem Stern bewertet. Auch die Abschlusskosten fließen in die Berechnung der Sterne-Ratings ein (lesen Sie hier mehr zur Methodologie unseres Star-Ratings).
Die großen Kostenunterschiede zwischen den unterschiedlichen Tranchen des identischen Fonds sind ein wichtiger Grund für die unterschiedlichen Ratings. Damit ist die amerikanische Allianz-Tochter PIMCO nicht allein auf weiter Flur.
Von Kickbacks und nicht weitergegebenen Skaleneffekten
Es ist gang und gäbe, dass institutionelle Investoren weitaus bessere Konditionen bekommen als Privatanleger. Der wichtigste Grund ist die Tatsache, dass Privatanleger Kickbacks bezahlen, institutionelle dagegen nicht. Wenn sich die Kosten der Beratung aus den Produktkosten speist, bremst das die Performance des Fonds für den Anleger aus. Die unterschiedlichen Ratings der Tranchen identischer Fonds spiegeln also die Tatsache wider, dass die herkömmliche, provisionsbasierte Finanzberatung keinesfalls kostenlos ist; dass sie nach dem Kauf eines Fonds laufend Gebühren für die Beratung zahlen, fällt den meisten Anlegern nur nicht ins Auge, da die Vertriebsgebühren der Fonds --- wie auch die Gebühren für das Management --- automatisch einbehalten werden.
Darüber haben große Investoren eine große Verhandlungsmacht, weshalb der Fondsmanager ihres Vertrauens bereit ist, bei einer entsprechend hohen Investition Großkunden weitest möglich entgegenzukommen. Fondstranchen mit einer Mindestanlagesumme von über 10 Millionen Euro (bzw. Franken, US-Dollar oder GBP) sind in der Regel noch einmal deutlich günstiger als Tranchen mit Mindestanlagesummen von zwischen 100.000 und 500.000 Euro. Auch bei Großinvestoren gibt es also Abstufungen. (Womöglich sind die offiziellen Mindestanlagesummen in einzelnen Fällen auch eine Maßnahme um unwillkommene Kleinanleger abzuschrecken; wie aus unserer Datenbank hervorgeht weisen etliche Großanleger-Tranchen deutlich tiefere Volumina als Mindestanlagesummen auf.)
Angesichts der sehr weiten Schere zwischen den Kosten von Fondstranchen für institutionelle und Privatanleger lässt sich die These vertreten, dass es die teuren Retail-Tranchen Asset Managern erst möglich machen, ihren Großkunden sehr günstige Konditionen anzubieten und trotzdem auf ihren Schnitt zu kommen. Sehr häufig füttern großvolumige Retail-Tranchen die institutionellen Fondstranchen. Dass Fondsgesellschaften nur selten bereit sind, die erzielten Skaleneffekte an Privatanleger weiterzugeben, heben wir in unseren Fondsberichten regelmäßig kritisch hervor.
Dass diese Preisunterschiede durchaus signifikante Folgen für die Produktqualität haben, zeigt die untere Übersicht. In der Tabelle haben wir sehr große Fonds aufgeführt, deren unterschiedliche Tranchen unterschiedliche Sterne-Ratings aufweisen. Hohe Kosten bremsen die Performance aus, wie aus dem Abgleich der Ratings der Tranchen für Großkunden mit den Ratings der Privatanleger-Tranchen identischer Fonds hervorgeht. Die jeweils obere Zeile der 10 unten aufgeführten Fonds enthält die Retail-Tranche, die untere die institutionelle.
Tabelle: Institutionelle Anleger fahren günstiger – und besser – als Privatanleger
Wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, tragen die unterschiedlichen Kosten zu den Rating-Unterschieden bei. So weist die institutionelle Tranche des vor allem unter Euroland-Investoren geschätzten M&G Optimal Income Fund eine Mindestanlagesumme von 500.000 GBP auf. Die Management-Gebühr beläuft sich auf 0,75%. Diese Tranche weist ein Morningstar Fünf-Sterne-Rating auf und gehört damit zu den besten 10% der Morningstar Kategorie der defensiven GBP Mischfonds. Die Retail-Tranche mit einer Mindestanlagesumme von 500 GBP, die eine Management-Gebühr von 1,25% jährlich kostet, hat dagegen nur ein Vier-Sterne-Rating. Das ist überdurchschnittlich, aber nicht top. Grund sind die zusätzlichen 50 Basispunkte, die Anleger für diese Anteilsklasse berappen müssen.
Schroder Global Multi Asset oder vier Sterne für Dich, zwei Sterne für mich
Ein identisches Bild zeigen die neun anderen Fonds unserer Tabelle. Das quantitative Morningstar Sterne-Rating fällt bei den Retail-Tranchen durch die Bank niedriger aus als das Rating der institutionellen Fondsklassen. Besonders eklatant ist die Abweichung beim defensiven Mischfonds von Schroders. Die laufenden Kosten der Retail-Tranche des Schroder ISF Global Multi Asset Inc betragen 2,18%, während sie sich bei der institutionellen Share Class nur auf 0,99% summieren. Letztere Tranche hat ein Vier-Sterne-Rating, während Privatanleger bei ihrer Tranche nur einen Zwei-Sterne-Rating vorfinden.
Fonds wie der Allianz Europe Equity Growth, Pioneer Funds Euro Aggregate Bond, DNCA Invest Eurose und Deutsche Invest Top Dividenden zeigen, dass die Fixkosten Privatanlegertranchen doppelt so hoch sein können wie die von Fonds, die institutionellen Investoren offenstehen.
Übrigens haben die teils überhöhten Gebühren für Privatanlegertranchen auch Folgen für unser qualitatives Rating, dem Morningstar Analyst Rating. Unser nach vorne gerichtetes Rating beruht auf fünf Pfeilern, unter anderem auf der Anlegerfreundlichkeit der Fondskosten. Dabei richtet sich die Bewertung der Kostenstruktur an den Kosten der Retail-Tranche aus. Sind diese überdurchschnittlich hoch, gibt es Punkteabzug, auch wenn die institutionelle Tranche eines Fonds anlegerfreundlicher gepreist ist.
Dieser Umstand zeigt sich in der rechten Spalte der oberen Tabelle. Sie listet, sofern vorhanden, zunächst das Morningstar Analyst Rating auf. Rechts daneben sehen Sie die Bewertung der Kostenstruktur der Fonds unserer Auswahl. Es ist kein Zufall, dass die Bewertung der Kosten durch die Bank schlechter ausfällt als das Gesamt-Rating der Fonds. Übrigens bringt es keiner der aufgeführten großen europäischen Fonds auf das beste Rating „Gold“ – eine negative bis neutrale Bewertung der Kosten drückt auf die Gesamtbewertung.
Besonders negativ fäll in diesem Zusammenhang das „Negative“-Teil-Rating der Kosten des AllianceBernstein Global High Yield auf, der nicht über ein „Bronze“ Gesamt-Rating kommt.
Fazit: Aus den oben aufgeführten Rating-Unterschieden könnten die Verantwortlichen der Fondsbranche den Schluss ziehen, dass die Senkung von Kosten sowie die Trennung der Vertriebs- und Produktkosten in ihrem ureigenen Interesse liegt. Das würde aus vielen mittelmäßigen Fonds ordentliche Performer machen. Die ewige Diskussion um die Kosten aktiv verwalteter Fonds könnte zumindest auf einer sachlicheren Ebene geführt werden, als es heute der Fall ist. Inzwischen erwägen Aufsichtsbehörden quer durch Europa, gegen Anbieter von indexnahgemanagten Fonds mit zu hohen Gebühren vorzugehen bzw. tun es in einzelnen Ländern bereits.
Dabei geht es mehr als um Petitessen: Wenn mit unschöner Regelmäßigkeit 70,80 oder 90% der Retail-Fonds einer Fondskategorie schwächer abschneiden als ihr Vergleichsindex, lassen sich hohe Kosten nur sehr schlecht sachlich begründen. Die Fondsbranche könnte sich bei der Trennung von Produkt- und Vertriebskosten und der Weitergabe von Skaleneffekten der Debatte über den Stellenwert von aktivem Management viel entspannter stellen. Wenn die Outperformer-Quote näher bei 50% statt 10% liegen würde, fände die Diskussion unter anderen Vorzeichen statt . Das würde Anleger mutmaßlich weniger motivieren, die Sinnfrage aktiver Fonds zu stellen, als vielmehr zu einer ernsthaften Suche nach den – gar nicht so seltenen – Outperformer-Fonds aufzumachen.
Würde die Fondsbranche davon absehen, sich auf Gedeih und Verderb im Breitengeschäft an den Provisionsvertrieb zu ketten, würde es auch im Vertrieb zu einem echten Konditionenwettbewerb kommen. In dieser perfekten Investmentwelt würden Fondsgesellschaften und Berater gleichermaßen um das Interesse von Anlegern kämpfen, statt, wie es heute der Fall in weiten Teilen Europas ist, eine Unheilige Kickback-Allianz zu bilden.
Man darf gespannt sein, was die derzeitigen regulatorischen Maßnahmen in Großbritannien, den Niederlanden und, in Ansätzen, auch in der Schweiz für Folgen haben werden auf die Produkt- und Vertriebsarchitektur in Europa. Dass der sehr schlechte Leumund von aktiven Fondsmanagern zu einem großen Teil auf die in den Produktkosten enthaltenen Vertriebsvergütungen zurückgeht, dürfte im positiven Szenario eine Neuerfindung der Fondsbranche in Europa zur Folge haben. Im Negativszenario verliert die Fondsbranche im Privatkundenvertrieb noch weiter gegenüber der Versicherungsbranche an Boden, was auch für Anleger bedauerlich wäre, die in Zeiten tiefster Zinsen erst recht auf Performance-Produkte angewiesen sind.
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