Der Juni endete mit einem Paukenschlag in Gestalt des Brexit-Referendums, dessen Ergebnis kaum jemand erwartet hatte. Entsprechend dürften viele Anleger von der Ausstiegsentscheidung der Briten auf dem falschen Fuß erwischt worden sein. Doch die schnelle Erholung der Kurse und das Zusammenlaufen der Spreads auf der Bond-Seite innert weniger Tage dürfte für viele ebenfalls überraschend gekommen sein. „Einmal Crash und zurück“ war das Motto der sieben Tage zwischen dem 23. und 30. Juni, an deren Ende viele Aktienbarometer einen Großteil ihrer Verluste wieder wettgemacht hatten. Der britische Leitindex FTSE 100 notierte per Ende Juni (in Sterling) sogar über dem Prä-Referendum-Niveau!
Im Juni galt das Motto: "Einmal Crash und zurück"
Was sagen uns diese kurzfristigen Turbulenzen? Sie sollten uns nicht zum Schluss verleiten, Performance-Rennlisten über immer kürzere Zeiträume aufzustellen nur, weil wir die technischen Möglichkeiten besitzen, dies zu tun. Rennlisten, die eine Ein-Jahresperiode umfassen, sind bereits an sich ein Muster ohne viel Mehrwert, und entsprechend sind noch kürzere Ranking-Zeiträume für sich genommen regelrechter Unfug. Das Ergebnis einer Fondsanalyse von kurzen Zeiträumen abhängig zu machen kann sogar kontraproduktiv sein. Am Ende feiert man vielleicht einen Fonds, weil er so defensiv aufgestellt war, dass er an zwei Crash-Tagen nichts verlor und ignoriert dafür die Tatsache, dass sich der Fondspreis in einer nachfolgenden Hausse nicht bewegt hat?
Die Messung von markanten Performance-Ausschlägen innerhalb kurzer Zeitperioden ergibt nur dann einen Sinn, wenn man sie in einen Zusammenhang mit der Strategie bzw. der Positionierung des Fondsmanagers bringt. „Lassen sich die Aussagen des Fondsmanagers über seine Strategie mit den Fondsergebnissen validieren?“, ist eine Frage, die man anhand kurzfristiger Ergebnisse durchaus stellen und in seine Fondsanalyse einbeziehen sollte. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.
Dies wollen wir an den Favoriten unserer Leser der vergangenen drei Monate durchspielen. Die Messung der kurzfristigen Performance ist ein Plausibilitätscheck, mit dem wir eine erste Indikation bekommen können, ob dieses defensive oder offensive Verhalten mit der einsehbaren Aufstellung dieser Fonds in Einklang zu bringen ist.
Zur Erinnerung: Jedes Quartal erstellen wir ein Ranking der zehn am häufigsten angeklickten Fondsportraits auf morningstar.de. So lesen Sie die untere Tabelle, die nach den am häufigsten angeklickten aktiv verwalteten Fonds sortiert ist: Neben dem Namen und der ISIN des jeweiligen Fonds finden Sie das Sterne- und – soweit vorhanden – das qualitative Morningstar Analyst Rating. Abgerundet wird die Übersicht von der Performance zwischen Anfang Januar und Ende Juni. Neben den Fonds-Renditen haben wir auch die relative Performance gegenüber der Vergleichsgruppe und dem jeweiligen Vergleichsindex aufgeführt. Ein positiver Wert in den Spalten „Performance vs. Peergroup“ bzw. „Performance vs. Index“ bedeutet, dass ein Fonds seine Vergleichsgruppe bzw. den Index hinter sich gelassen hat; ein negativer Wert deutet auf eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung hin.
Tabelle: Die Favoriten unserer Leser im zweiten Quartal 2016
Kommen wir zunächst zu den Mischfonds in unserer Tabelle. Bei den meisten Fonds ergibt die Performance der ersten sechs Monate ein kohärentes Bild. Der FvS Multiple Opportunities legte in der ersten Jahreshälfte um relativ bescheidene 1,8% zu – und war damit erneut deutlich besser als vergleichbare global anlegende Mischfonds, die in der Regel Aktienquoten von durchschnittlich 40 bis 50% halten. Das „Erfolgsgeheimnis“ des Fonds: Wenig hektisches Trading, die Aktienquote blieb über die ersten sechs Monate dieses Jahres vielmehr konstant. Auch die (seit Jahren) stabile Goldquote von rund zehn Prozent trug zum stabilen Ergebnis des FvS-Fonds bei.
Wer in Risiko-Assets investiert, muss Verluste ertragen können
Dass der Multi Opportunities in substanziellem Maße auf Risiko-Assets setzt, zeigen freilich die Drawdowns, die höher ausfallen als die der anderen sechs Mischfonds der Auswahl. Der Hintergrund ist recht simpel: Wer eine positive Meinung zu Aktien hat, dürfte am besten fahren, kein Market Timing zu betreiben und bei der strategischen Asset Allokation auf Kurs zu bleiben. Verlustphasen gehören hier zum Alltag, ja sie sind eine Bedingung für nachfolgende Aufwärtsphasen.
Auch der Kapital Plus von Allianz Global Investors lag zwischen Januar und Juni deutlich vor der Vergleichsgruppe. Entsprechend der tieferen Gewichtung von Risiko-Assets – es handelt sich im Gegensatz zum flexibel investierenden FvS Multiple Opportunities um einen defensiven Mischfonds – war das minimale Plus von 0,1 Prozent eher mit defensiven EUR-Bonds als mit der Performance der (europäischen) Aktienseite in Einklang zu bringen.
Erstarkter Dollar rettet Carmignac-Bilanz
Das leichte Plus beim ausgewogen investierenden Carmignac Patrimoine bestätigt ebenfalls die sehr defensive Aufstellung des Fonds seit dem dritten Quartal des vergangenen Jahres. Er legte nur um 0,8 Prozent in der ersten Jahreshälfte zu. Auch hier gilt: Wer seine Aktienpositionen weitgehend absichert, rechnet mit Unbill an den Märkten und darf dann nicht jammern, wenn das prognostizierte Szenario nicht eintritt. Die Strategie ging auf, was allerdings auch auf die pünktlich zur Sechsmonatsbilanz eintretende Euroschwäche zurückging. (Dass sich der Euro über weite Strecken dieses Jahres relativ stark gegenüber dem US-Dollar zeigte, hatte den Fonds zwischenzeitlich belastet.)
Auch beim Nordea Stable Return ist das Bild stimmig. Das niedrige Aktien-Beta des Portfolios und auch die im Ergebnis richtige Gewichtung des US-Dollar dürften geholfen haben, wobei die Performance von starken sechs Prozent andeutet, das die Nordländer auch Rückenwind von ihren Aktienpositionen bekamen, die einen überdurchschnittlich hohen US- und Asien-Schwellenländer-Anteil aufwiesen (die Europa- bzw. Industrieländer-Aktien outperformten).
Beim Ethna-Aktiv fallen die überdurchschnittlichen Verluste ins Auge
Gemischt fällt indes das Bild des Ethna-Aktiv A aus, der, gemessen an seiner derzeitigen defensiven Positionierung, im ersten Halbjahr zu hohe Verluste zu verzeichnen hatte. Er lag deutlich hinter der Kategorie und noch deutlicher hinter dem Index. Des Rätsels Lösung: Das Management war mit einer für defensive Mischfonds sehr hohen Aktienquote von 42 Prozent ins Jahr 2016 gestartet. In der nachfolgenden Korrektur wurde die Quote auf acht Prozent gesenkt und bis Ende Mai nicht wesentlich erhöht. Mit anderen Worten: Die Verluste wurden realisiert, und die nachfolgende Erholung wurde wegen der gesenkten Investitionsquote ausgelassen. Die bescheidene Outperformance im Juni dieses Jahres dürfte die gerunzelte Stirn so mancher Anleger nicht wesentlich geglättet haben.
Auch bei den Aktienfonds unserer Auswahl gibt es wenig Überraschendes zu berichten. Aufgrund seiner traditionell defensiven Ausrichtung lag der DWS Top Dividende mit einem Plus von 3,8% meilenweit vor dem Durchschnitt global anlegender Dividendenfonds (genauer gesagt: 550 Basispunkte) und nur 0,7 Prozent hinter dem Index MSCI World High Dividend Yield.
Der DWS Deutschland wiederum gab 0,6 Prozent mehr nach als der durchschnittliche Deutschland-Aktienfonds. Das Minus von 12 Prozent war 2,1 Punkte schwächer als der DAX. Auch dieses Bild sollte Anleger nicht überraschen: Die Fonds, die das DWS Deutschlandteam managt, zeichnen sich durch eine überdurchschnittlich gute Performance in guten Börsenzeiten aus. In volatilen Märkten sind überdurchschnittliche Verluste die logische Konsequenz dieser Ausrichtung.
Neuer Guru vor den Toren?
Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass der DWS Aktien Strategie Deutschland nicht länger zu den beliebtesten Fonds der Leser auf morningstar.de gehört. Er wurde im zweiten Quartal von einem flexiblen Mischfonds ersetzt, den nur wenige Anleger oder Berater auf dem Radar haben dürften: vom IP White T („T“ steht für thesaurierend, es gibt auch eine ausschüttende Variante „A“). Der Fonds der Inter-Portfolio, eine Tochter der „Freie Internationale Sparkasse“ (gehört zur Sparkasse Bremen), wurde erst im Dezember 2014 aufgelegt und bringt es auf knapp 50 Millionen Euro an Fondsvermögen.
Fondsmanager Lars Rosenfeld investiert in Aktien und kurzlaufende Unternehmensanleihen und sichert in volatilen Märkten die Aktienquote ab. Das hat in diesem Jahr eine signifikante Outperformance gebracht. Allerdings lässt sich wegen des sehr kurzen Track Records nichts über die Nachhaltigkeit des Investmentprozesses ableiten, der vorwiegend auf Mid und Small Caps auf der Aktienseite setzt und auf der Bond-Seite derzeit die mit „A-“ geratete Linde Finance BV (9 Prozent Portfolioanteil) und die mit „BB“ bewertete Solvay Finance VAR (6,7 Prozent) am höchsten gewichtet.
So wenig man über den Prozess des IP White sagen kann, so aufschlussreich ist die höchst unfair gestaltete Performance Fee: Übertrifft der Fonds eine Hurdle Rate von fünf Prozent pro Jahr, fallen Gebühren in Höhe von 25 Prozent der darüber hinaus erzielten Rendite an. Es gibt keine High Water Mark, was heißt, dass sich der Fondsmanager unabhängig von etwaigen Verlusten in einem Jahr im nächsten Jahr erneut bedienen kann, wenn der Fonds besser als fünf Prozent in einem Jahr erzielt. Die kurze Fondshistorie zeigt bereits, dass der IP White für Anleger sehr teuer werden kann. Per 30. April 2015 belief sich die Gesamtkostenquote inklusive Performance Fee gemäß Jahresbericht auf 5,9 Prozent. Im Geschäftsjahr darauf kamen zu laufenden Kosten von bereits ansehnlichen 1,6 Prozent Performance Gebühren in Höhe von 2,13 Prozent hinzu.
Es bleibt zu hoffen, dass Anleger und Berater nicht nur die kurzfristige Outperformance im Blick haben, sondern auch die hohen Kosten in ihre Betrachtung einbeziehen. Die relativ hohen Zuflüsse der vergangenen Monate lassen indes den Schluss zu, dass einige Anleger und Berater offenbar meinen, einen neuen Mischfonds-Guru entdeckt zu haben.
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