Anlagefonds in Europa haben im Juli eine rege Nachfrage erfahren. Wie aus den Morningstar-Absatzschätzungen hervorgeht, sammelten Langfristfonds netto 56,5 Milliarden Euro ein. Das macht den Juli 2017 zum drittstärksten Monat seit Februar 2015. Getrieben wurde das Geschäft von der Nachfrage nach Renten- und Aktienfonds. Rentenfonds sammelten netto 24,3 Milliarden ein, Aktienfonds verbuchten eine Nettovertriebsbilanz von sehr hohen 17,1 Milliarden Euro.
Damit überflügelten die beiden klassischen Anlagefonds-Gruppen alternative Fonds und Mischfonds zwar deutlich. Mischfonds sahen Zuflüsse in Höhe von 10,3 Milliarden Euro, und alternative Fonds sammelten netto 5,5 Milliarden Euro ein. Allerdings bleiben alternative Fonds und gemischte Fonds eine wichtige Wachstumsquelle für die Fondsbranche – in den vergangenen zwölf Monaten lag ihr organisches Wachstum mit 9,5 Prozent bzw. 11,2 Prozent deutlich über dem Wachstum von Aktienfonds (4,3 Prozent).
Das organische Wachstum setzt die Mittelflüsse in einem gegebenen Zeitraum ins Verhältnis zum verwalteten Vermögen zu Beginn der Periode und exkludiert die Markteffekte. Die untere Tabelle zeigt, dass Rentenfonds in den vergangenen zwölf Monaten unter den großen Asset-Klassen das dynamischste Neugeschäft verzeichneten. Dieser Trend ist bereits seit Jahren ungebrochen.
Tabelle: Absatzbilanz im Juli nach Asset-Klasse
Die höchsten Mittelflüsse wurden auf Ebene der Fondskategorien von weltweit investierenden flexiblen Rentenfonds gesehen, denen 4,1 Milliarden Euro zugingen. Es war allerdings eine recht einseitige Sache, da diese Zuflüsse überwiegend auf das Konto des PIMCO GIS Income gingen, der 3,5 Milliarden Euro einsammelte. Damit setzte sich die schon fast absurde Nachfrage nach diesem Fonds in diesem Jahr fort, der flexibel in höherrentierliche Bonds investiert. Die extrem tiefen Renditen bei Staatsanleihen treiben Investoren bereits seit längerer Zeit in derartige flexible Bond-Produkte, und in diesem Jahr haben viele Investoren bzw. ihre Berater den PIMCO Income als Favoriten auserkoren. Derzeit besticht der Fonds weiterhin durch eine solide Performance. Ungeachtet des sehr hohen Wachstums trauen ihm unsere Fondsanalysten auch weiterhin Outperformer-Potenzial zu, wie aus dem Analyst Rating „Silver“ hervorgeht.
Die zweithöchsten Zuflüsse wurden bei der Kategorie „sonstige Renten“ gesehen. Ein zweiter Blick auf diese heterogene Fondskategorie zeigt, dass Fonds, die auf Senior Loans, ABS und andere höher rentierliche Bond-Segmente fokussiert sind, die Gewinner waren.
Nicht nur diese beiden Kategorien dominieren bereits seit längerer Zeit die Absatzrennlisten. Auch alternative Multi-Strategiefonds, Schwellenländer-Rentenfonds und EUR Mischfonds waren im Juli gefragt.
Tabelle: Die Morningstar Kategorien mit den höchsten Zuflüssen (ex Geldmarkt)
Ein Blick auf die unbeliebtesten Kategorien zeigt, dass die Nachfrage nach höherrentierlichen Papieren kein linearer Trend war: Fonds für Hochzinsanleihen standen auf der Verkaufsliste von Investoren, und vor allem bei US-Dollar-Fonds überwogen erneut die Abflüsse. Ein Grund hierfür könnte die deutliche Abwertung des US-Dollar gegenüber dem Euro sein, die im Juli an Fahrt aufnahm. Euro-Investoren und auch Anleger in Schweizer Franken, die bei High Yields auf der Währungsseite in diesem Jahr „offen“ sind, haben teils zweistellige Verluste in ihren Depots zu verzeichnen. Bei Dollar-Produkten fällt auf, dass UBS-Fonds besonders hohe Abflüsse hinnehmen mussten; bei Euro-Hochzinsanleihen sahen Fonds von Pictet, HSBC und Deutsche Asset Management die höchsten Abflüsse.
Auch Renten-Laufzeitfonds erlitten hohe Abflüsse. Anteilsscheinrückgaben mussten vor allem Produkte von La Caixa, Credit Suisse und Aletti Gestielle hinnehmen. Bei diversifizierten Rentenfonds musste der UniEuroRenta, das Flaggschiff-Rentenfonds von Union Investment, mit 730 Millionen Euro die höchsten Abflüsse hinnehmen.
Tabelle: Die Morningstar Kategorien mit den höchsten Abflüssen (ex Geldmarkt)
Das Anbieter-Ranking zeigt, dass PIMCO erneut der dominante Akteur im Fondsgeschäft europaweit war. In den ersten sieben Monaten des Jahres sammelte die Allianz-Tochter 31,6 Milliarden Euro ein. Dies ist eine beachtliche Trendwende. In den Jahren 2013 bis 2015 musste PIMCO hohe Abflüsse hinnehmen, die dem Unternehmen im Zuge des Abgangs von Unternehmensgründer sowie Schwächephasen beim (seinerzeitigen Flaggschifffonds) Rentenfonds PIMCO Total Return zu schaffen machten.
BlackRock (ex iShares) war der zweiterfolgreichste Anbieter von Publikumsfonds im Juli. Besonders stark fielen in diesem Jahr die Zuflüsse in Indexfonds (ex iShares ETFs) für institutionelle Investoren aus, die in Großbritannien domiziliert sind.
Auch der britische Anbieter Baillie Gifford war mit dem Vertrieb von Aktienfonds im Juli erfolgreich; bei Invesco standen indes alternative Fonds sowie Rentenprodukte im Vordergrund.
Tabelle: Die Fondsanbieter mit den höchsten Zuflüssen (ex Geldmarkt)
Aletti Gestielle, eine Tochtergesellschaft der Banco BPM, die vom italienischen (unabhängigen) Asset Manager Anima übernommen wird, musste erneut hohe Abflüsse hinnehmen. Es wurden vor allem Anteile von Laufzeitfonds zurückgegeben. In diesem Jahr musste Aletti Gestielle bereits 4,6 Milliarden Euro an Abflüssen hinnehmen. Diese Rückgaben könnten allerdings auch für die Investoren schlechte Ergebnisse mit sich bringen. Denn typischerweise weisen Laufzeitfonds italienischer Fondsanbieter nicht nur hohe Platzierungsgebühren, hohe laufende Kosten (oft inklusive Performance Fees) auf. Sie sehen vielmehr auch Rückgabegebühren vor, wenn Anleger ihre Fondsanteile vorzeitig verkaufen. Dies war im Juli erneut der Fall, was für Anleger Unschönes vermuten lässt. Unsere Kollegen bei Morningstar Italien haben bereits häufiger auf die anlegerunfreundliche Natur vieler Laufzeitfonds für Privatanleger hingewiesen.
Standard Life verzeichnete erneut bei seinen alternativen Fonds einen Aderlass. Die mehrere Fonds umfassende Produktreihe Global Absolute Return Strategies (GARS), die nach wie vor eine der vermögensstärksten Strategien in Europa ist, leidet wegen einer anhaltenden Performance-Schwäche unter Geldentzug. Diese Abflüsse konnten bisher nicht von Zuflüssen in Aktien und Rentenfonds der Schotten kompensiert werden.
Der Fall des Rentenspezialisten BlueBay illustriert, dass ungeachtet des Nachfragebooms bei Rentenfonds nicht jeder Anbieter zu den Profiteuren zählt. Auch wenn alternative Fonds im Juli höhere Abflüsse erlitten, musste BlueBay über den bisherigen Jahresverlauf Abflüsse aus seinen Rentenprodukten hinnehmen. Wegen der Performance-Schwäche etlicher Flaggschifffonds ist die Vertriebsbilanz des Hauses bereits seit gut zwei Jahren negativ. In den vergangenen zwölf Monaten gingen die Vermögenswerte in Rentenfonds um 23 Prozent aufgrund von Mittelabflüssen zurück.
Tabelle: Die Fondsanbieter mit den höchsten Abflüssen (ex Geldmarkt)
Kommen wir abschließend zur Absatzbilanz der größten Publikumsfonds in Europa. Dank der immensen Zuflüsse in diesem Jahr in Höhe von 22,5 Milliarden Euro konnte der bereits mehrfach angesprochene PIMCO GIS Income das verwaltete Vermögen in sieben Monaten auf 41,3 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Er ist nunmehr mit Abstand der größte Publikumsfonds in Europa. Bisher sieht PIMCO keine Notwendigkeit, die Mittelflüsse zu begrenzen und will auch keine Gefahr erkennen, dass die hohen Investments die Strategie des Fonds verwässern könnten.
Der defensive Mischfonds M&G Optimal Income Fund zählt ebenfalls zu den Gewinnern im Juli - wie auch im bisherigen Jahresverlauf. Seine höchst defensive Ausrichtung - über weite Strecken der vergangenen Jahre wies er eine negative Duration auf - brachte Anlegern längere Zeit Performance-Nachteile und dem Fonds über weite Strecken 2015 und 2016 hohe Abflüsse. Seit gut zwölf Monaten konnte der Fonds indes - vor allem wegen der Herbststürme 2016 kräftig Punkten und liegt auch in diesem Jahr deutlich vor der Konkurrenz - und den Aktien-Renten-Mischindex. Und wie es nun einmal ist: Anleger werden vom Erfolg immer wieder und offenbar unweigerlich angezogen.
Auch der ausgewogene Mischfonds JPM Global Income Fund liegt in diesem Jahr wieder in der Gunst der Anleger vorn, nachdem er über weite Strecken 2016 Abflüsse nach einem schwachen Jahr 2015 erlitt.
Neben dem bereits erwähnten SLI Global Absolute Return Strategies, der bereits rund zwölf Prozent seiner Assets in diesem Jahr einbüßte (hier: der britisch-domizilierte Fonds; die Luxemburger Variante, die nicht in der Tabelle vertreten ist, verlor prozentual gesehen noch mehr Assets infolge von Mittelabflüssen), musste auch der Carmignac Patrimoine Abflüsse hinnehmen. Auch wenn der ausgewogene Mischfonds in diesem Jahr vor seiner Benchmark liegt, hat er sich doch nicht gegenüber Konkurrenzfonds auszeichnen können, die im Schnitt in den ersten sieben Monaten 69 Basispunkte vor dem Carmignac-Flaggschiff lagen.
Tabelle: Die Absatzbilanz der größten zehn Publikumsfonds (ex Geldmarkt)
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