Lange Zeit wurde die Verwaltungsgebühr eines Fonds, neudeutsch auch als Management Fee bekannt, als synonym für dessen Gesamtkosten erachtet. Heute sind wir – vor allem dank der fortschreitenden Finanzmarkt-Regulierung – ein deutliches Stück weiter. Wir wissen, dass es mannigfaltige Kosten bei Fonds gibt (lesen Sie hier mehr zu den verschiedenen Gebühren-Typen). Doch diese zu aggregieren, war aufgrund unterschiedlicher Standards bisher schwierig. Weil uns die EU-Richtlinie MiFID II unter anderem das Basisinformationsblatt KID („Key Investor Dokument“) beschert hat, können wir inzwischen alle Gebührenarten erfassen, einschließlich der Transaktionskosten eines Fonds.
Herausgekommen ist die neue Kostenkennziffer „Representative Cost“. Der von uns berechnete Datenpunkt kann mit und ohne Transaktionskosten ermittelt werden, und er kann monatlich oder annualisiert ermittelt werden. Er fasst alle Kostenaspekte auf Fondsebene in einer Kennzahl zusammen, ausgedrückt in Prozent des Fondsvermögens. Als da wären: die laufenden Gebühren, vor allem die Management Fee; die Performance Fee; Zielfondskosten und Transaktionskosten. Wir haben die Kennzahl jüngst vorgestellt, weitere Details finden Sie im Methodologie-Dokument.
20 Dickschiffe auf der neu kalibrierten Gebührenwaage
Doch weil alle Theorie grau ist, gehen wir zügig zur Fondspraxis über. Sie finden weiter unten eine Anzahl prominenter Fonds, die im deutschsprachigen Raum vertrieben werden. Es handelt sich samt und sonders um große, bekannte Produkte; darunter befinden sich Aktienfonds, Mischfonds, Rentenfonds und alternative Fonds – passive Produkte sind auch enthalten. Wir haben uns bei den aktiv verwalteten Produkten für die Fondstranchen entschieden, die typischerweise in den Depots von Privatanlegern landen.
In den vier Spalten auf der rechten Seite der Tabelle sind die wichtigen Kostenpunkte aufgeführt: Die Management Fee (Verwaltungsgebühr), die Ongoing Charges (laufende Gebühren), die Representative Costs ohne Transaktionskosten und, ganz zur Rechten, die Representative Costs mit Transaktionsgebühren. Die Tabelle ist nach dem Fondsvermögen sortiert. Die farbliche Unterlegung ist klar: je höher die Kosten, desto röter werden die unterlegten Felder; es bietet sich an, die Management Fees mit den Representative Costs (inklusive Transaktionskosten) abzugleichen. Hier treffen die „known knowns“ auf die „known unknowns“!
Tabelle: Die verschiedenen Kostenkomponenten bei Fonds
Bereits der erste Blick auf die Tabelle zeigt, dass die Management Fee längst nicht das Ende der Fahnenstange bei den Fondskosten ist. So erhebt der größte Fonds unserer Auswahl, der defensive Mischfonds M&G Optimal Income, eine Verwaltungsgebühr von 1,25 Prozent jährlich; gemäß der erweiterten, gängigen Kostenkennziffer Ongoing Charge (laufende Gebühr) fallen 1,43 Prozent an Kosten in einem Jahr an. Dies entspricht in etwa den Representative Costs ohne Transaktionsgebühren. Die Representative Costs inklusive Transaktionsgebühren belaufen sich auf 1,54 Prozent. Das ist eine deutliche Steigerung, hält sich aber in Maßen, wenn man sich andere Vertreter auf unserer Liste anschaut.
Standard-Mischfonds von Union Investment sehr sportlich gepreist
Deutlich sportlicher geht es mit Blick auf die Kosten beim defensiven Mischfonds „PrivatFonds: Kontrolliert“ zu. Dieser Fonds von Union Investment, dem Fondshaus des genossenschaftlichen Bankensektors in Deutschland, zählt zum Standardrepertoire im Vertrieb der Volks- und Raiffeisenbanken, wie es auch das hohe Fondsvermögen andeutet. Der Anbieter erhebt eine marktübliche Management Fee in Höhe von 1,20 Prozent. Doch der Fonds ist deutlich teurer, wie der Blick auf die Ongoing Charges zeigt. Diese Jahresgebühr beläuft sich auf 1,94 Prozent. Das liegt vor allem an den Kosten für die Zielfonds, in die der Fonds investiert. Doch das ist nicht das Ende der Geschichte. Da in den Ongoing Charges keine Performance Fee enthalten ist, muss man den Blick weiter rechts auf die Representative Costs wenden, die eine Gesamtkostenquote von sehr hohen 2,59 Prozent ausweisen. Inkludiert sind hier geschätzte Performance Fees von 0,65 Prozent des Fondsvermögens (kalkuliert per 12.2.2019).
Nun ließe sich einwenden, dass eine Performance Fee impliziert, dass der Fonds einen Mehrwert gegenüber seiner Benchmark erzielt hat. Allerdings zeigt ein Blick auf die relevante Benchmark, die Union Investment dem Fonds verpasst hat, dass es sich hier um den Dreimonats Euribor plus 125 Basispunkte handelt. Eine Geldmarktplus-Benchmark ließe sich als wenig ambitioniert bezeichnen, wenn man bedenkt, dass sich das Fondsuniversum vor allem aus Aktien und Renten speist, die beide in den vergangenen Jahren einen guten Lauf hatten. Auch über die Angemessenheit der Höhe der Performance Fee, immerhin 25 Prozent, ließe sich trefflich diskutieren. Und so summieren sich die Kosten auf stattliche 2,6 Prozent in einem Jahr. Die Transaktionskosten sind mit 0,02 Prozent immerhin tief, was allerdings auch keine Überraschung ist, da es sich hier faktisch um einen Dachfonds handelt, der Fondsanteile zum NAV, also ohne große Kosten, kaufen und verkaufen kann.
Beim Ethna-AKTIV schlagen die Handelskosten ins Kontor
Ähnlich rasant verläuft auch die Kostenprogression beim Ethna AKTIV. Der defensive Mischfonds „startet“ mit einer bereits üppigen Management Fee von 1,5 Prozent. Die laufende Gebühr steigt auf 1,81 Prozent. Insgesamt stehen dann Gesamtkosten inklusive Transaktionskosten von 2,46 Prozent unter dem Strich. Beim Ethna-AKTIV schlagen vor allem Handelskosten von über 50 Basispunkten ins Kontor, weniger die Performance Fee, die mit geschätzt 0,12 für dieses Jahr deutlich niedriger ausfällt. Doch „niedrig“ ist hier wirklich nur als „relativ niedrig“ zu verstehen; beim Ethna-AKTIV werden 20 Prozent der Erträge, die über der Nulllinie anfallen, als Erfolgsgebühr fällig. Immerhin bedeutet dies, dass bei einem Verlust von 7,3 Prozent 2018 zuletzt keine Performance Fee angefallen ist.
Der Idee nach müsste das Fondsmanagement des Ethna-AKTIV an der Transaktionsgebühr arbeiten, wobei die Portfolio-Umschlagquote für diesen Fonds historisch gesehen sehr hoch war und sich die Frage stellt, ob hohe Handelskosten bei diesem Fonds nicht Strategie-immanent sind. (Leider müssen wir hier im Ungefähren bleiben, denn die Anbieter von Fonds sind nicht länger verpflichtet, die Umschlagquote ihrer Fonds zu publizieren, weshalb die Informationslage diesbezüglich dürftig geworden ist.)
Auch der DWS Concept Kaldemorgen ist teurer, als es der Blick auf die Management Fee vermuten lassen würde. Die Management Fee beläuft sich auf 1,5 Prozent, die laufenden Kosten liegen bei 1,58 Prozent. Hinzu kommen geschätzt 0,36 Prozent Transaktionskosten (per 4.9.2018) sowie 0,76 Prozent (geschätzt) an Performance Fees.
Performance Fees und taktische Strategien machen Fonds teuer
Aufmerksame Leser werden es schon vermutet haben: Unsere Übersicht deutet an, dass taktische Fondsstrategien typischerweise hohe Handelskosten produzieren. Und erhebt ein Fonds Performance Fees, weist er ein hohes Ertragspotenzial für die Fondsgesellschaft auf, was sich in einem entsprechend niedrigeren Rendite-Potenzial für den Anleger niederschlägt.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Management-Gebühren nicht zwangsläufig stark von den finalen Fondskosten divergieren müssen. Bei Fonds die wenig umschichten und keine Performance Fee verlangen, können die Management Gebühren fast identisch sein mit den Representative Costs. Das wird bei den ETFs unserer Auswahl deutlich. Beim iShares EURO STOXX 50 beläuft sich die Management Fee auf 0,16 Prozent pro Jahr. Die Gesamtkosten inklusive Transaktionsgebühren liegen bei 0,18 Prozent. Der Spread zwischen laufenden Gebühren und Representative Cost beim Xtrackers Euro Stoxx 50 und beim iShares MSCI Europe ETF beläuft sich auf einen Basispunkt.
ETFs erheben keine Performance Fees, und Produkte, welche die typischen Standardindizes abbilden, haben typischerweise Umschlagquoten von deutlich weniger als zehn Prozent. (Das ist eine gute Gelegenheit mit einem weit verbreiteten Mythos aufzuräumen: ETFs müssen nicht verkaufen, wenn die Märkte fallen; Transaktionen fallen bei ETFs dann an, wenn Indexbestandteile ausgetauscht werden. Das passiert typischerweise selten bei Standard-Marktindizes, häufiger dagegen bei Indizes, die aktive Strategien umsetzen; denken Sie hier an Indizes mit Gleichgewichtungsstrategien. Hier sind die ETF-Transaktionskosten deutlich höher als bei kapitalisierungsgewichteten ETFs.)
Doch nicht nur ETFs sind erfreulich statisch, was den Verlauf der skizzierten Gebührenkaskade anbelangt. Der Abstand zwischen Management Fee und Representative Costs ist sehr gering beim Allianz Europe Equity Growth, DWS Top Dividende und DWS Deutschland. Bei diesen Fonds sind die Transaktionskosten gering, und sie erheben keine Erfolgsgebühren.
Fazit
Die Ergebnisse unserer Auswertung deuten an, dass vor allem Performance Fees und Transaktionskosten auch Fonds mit moderat anmutenden laufenden Kosten zu regelrechten Gebührenfressern machen können. Bedenkt man, dass die mittel- und langfristig der entscheidende Faktor für den Erfolg oder Nichterfolg eines Fonds sind, sollten Anleger rigoros jede Kostenposition hinterfragen. Das kann mitunter sehr einfach sein. So lassen sich immer wieder Fondsstrategien finden, die aus Vertriebsgründen in preislich unterschiedlich strukturierte Fondshüllen verpackt sind. Der oben erwähnte Allianz Europe Equity Growth, der in Luxemburg domiziliert ist, ist beispielsweise deutlich attraktiver gepreist als der Allianz Wachstum Europa, ein ähnliches Produkt, das in Deutschland aufgelegt ist und eine Performance Fee von 20 Prozent aufweist.
Auch sollten Investoren hinterfragen, ob der Fondsmanager ihres Vertrauens eine aktive oder bloß eine aktionistische Handelsstrategie verfolgt. Ersteres kann durchaus höhere Handelsgebühren rechtfertigen, Letzteres ist eher ein Grund, Abstand von diesem Fonds zu nehmen.
Das bringt uns zu den Limitationen dieser Auswertung: sie sagt nichts über die Angemessenheit der Kosten aus; sie hat den Anspruch, Aufschluss über die gesamten Fondskosten zu geben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und, last but not least, auch wenn die Fondskosten eine ganz entscheidende Rolle spielen, gibt es noch andere Kriterien zu beachten, die über Erfolg oder Scheitern eines Fonds entscheiden: die Person des Fondsmanagers und sein Team; der Investmentprozess, die Anlegerpolitik der Fondsgesellschaft sowie die Kohärenz der Vergangenheits-Renditen. Fondsanalyse, wie wir sie bei Morningstar betreiben, und die sich im Morningstar Analyst Rating verdichtet, ist also ein ganzheitlicher Prozess.
Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier.
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