Nachdem wir die Trends am europäischen Markt für Strategic Beta ETFs untersucht haben, wollen wir uns nun mit zwei weiteren globalen Märkten für Strategic Beta ETFs befassen: die USA und Japan. Wir greifen dabei auch die Frage auf, ob die Entwicklungen in diesen beiden Märkten auch im europäischen ETF-Markt reflektiert werden bzw. wo die Unterschiede liegen.
Fangen wir mit den USA an, dem mit Abstand größten Markt für Strategic Beta ETFs. Per Ende 2018 steckten 88 Prozent der weltweit investierten Gelder weltweit in US-domizilierten Strategic Beta ETFs. Diese Dominanz überrascht nicht, da die USA mit Abstand die längste Tradition unter allen Anlageregionen mit Blick auf Style Investments haben – nicht zuletzt auch angetrieben von der Morningstar Style Box, die bereits früh das Bewusstsein für die Faktoren "Size" und "Value" geschaffen hat. (Freilich sprach man damals, in den 1990er Jahren, landläufig von "Styles" und nicht von Faktoren).
Im Mai 2000 wurden mit dem iShares Russell 1000 Growth IWF und dem iShares Russell Value IWD die beiden ältesten Strategic Beta ETFs in den USA aufgelegt. Diese beiden ETFs, und etliche andere auch, etablierten sich rasch. Derweil man in Europa bei ETF Underlyings wie dem ATX, DAX und SMI verharrte, haben die Investoren in den USA längst - im übertragenen Sinne - den ATX Value und ATX Growth für sich erschlossen. Insbesondere aufgrund der großen Performance-Divergenzen bei Small vs. Large und Value vs. Growth ist es bedauerlich, dass in Europa frühzeitig lediglich Dividenden als - nicht gänzlich unumstrittenen - Faktor entdeckt wurden.
Grafik: Strategic Beta Markt in den USA stagniert seit 2015
Heute gibt es 693 Strategic Beta ETFs in den USA mit einem verwalteten Vermögen von gut 705 Milliarden US-Dollar. In gewisser Hinsicht konvergieren die Märkte Europas und der USA: Nach jahrelangem überdurchschnittlichen Wachstum stagniert der Markt für Strategic Beta auch in den USA bei einem Marktanteil von rund 20 Prozent am Gesamt-ETF-Markt. Rückblickend betrachtet erreichte dieses Marktsegment 2015 mit einem Marktanteil von 21,5 Prozent seinen Höhepunkt. Seitdem begrenzt das Wachstum herkömmlicher, kapitalgewichteter ETFs das Wachstum von Strategic Beta ETFs; das ist auch der Fall in Europa.
Die Zahl der Neuauflagen stagniert auch in den USA. Im vergangenen Jahr wurden nur 59 Neuauflagen gezählt, ein Rückgang von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wie in Europa könnte man also die These aufstellen, dass der Markt einen gewissen Sättigungseffekt aufweist.
Unterschiede gibt es indes zwischen den Märkten USA und Europa mit Blick auf die am weitesten verbreiteten Strategien. Während der beliebteste Strategietypus in Europa, Divienden-ETFs, sukzessive an Bedeutung verliert, wächst der Anteil an Value-ETFs in den USA. Gegenüber dem Vorjahresniveau wuchs der Marktanteil der ETFs, die Substanzwerte-Indizes widerspiegeln, von 24,1 auf 25,1 Prozent. Das ist insofern bemerkenswert, als die Value-Prämie schon lange nicht mehr sprudelt. Doch angesichts der Problematik des Faktor-Timings erscheint das Vorgehen von Investoren in den USA konsequent. Aktuell sind 177 Milliarden US-Dollar in 53 Value-ETFs investiert. Mit 24 Milliarden Dollar an Neugeldern sammelten Value-ETFs 2018 das meiste Geld ein - insgesamt knapp ein Drittel von allen Zuflüssen in Strategic Beta Strategien.
Leicht gesunken ist der Marktanteil von Dividendenstrategien, und zwar auf 23,6 Prozent nach 24,1 Prozent per Ende 2007. Diese ETFs landen auf Platz drei nach Vermögen. Auf Platz zwei nach verwaltetem Vermögen haben sich Growth-ETFs geschoben, die auf einen Anteil von 23,9 Prozent nach 22,5 Prozent per Ende 2017 kommen.
Risiko-orientierte und Multi-Faktor-ETFs wuchsen 2018 weiter deutlich. Sie kommen auf 7,8 Prozent bzw. 6,1 Prozent. Hier lässt sich eine Ähnlichkeit mit Europa konstatieren; neue, sophistiziertere Ansätze gewinnen an Bedeutung. Freilich bedeutet die unverändert große Beliebtheit der drei Faktoren Value, Dividenden und Growth, dass der Markt für Strategic Beta ETFs auch in den USA recht konzentriert ist. In diesen drei Gruppen stecken über 72 Prozent aller Assets in Strategic Beta ETFs in den USA.
Tabelle: Die Strategic Beta Strategien in den USA in der Übersicht
Mit Blick auf die Größe der Anbieter zeigt sich der US-Markt für Strategic Beta ETFs noch konzentrierter als vor gut einem Jahr. Per Ende 2017 wurde rund 60 Prozent des Vermögens von iShares- und Vanguard-ETFs verwaltet; ein Jahr später waren es gut 65 Prozent. IShares führte das Feld mit einem Marktanteil von 40,7 Prozent an, gefolgt von Vanguard mit großem Abstand mit 24,4 Prozent. PowerShares (Invesco) folgt mit 9,2 Prozent. Schwab ETFs, WisdomTree, SPDR und First Trust kommen auf jeweils 4,2 bis 4,6 Prozent.
Tabelle: Die größten Strategic Beta Anbieter in den USA
Ein Blick auf die Kosten zeigt, dass Strategic Beta ETFs in den USA ihren Boden gefunden haben. So stiegen die Kosten kapitalgewichtet von 0,27 auf 0,33 Prozent. Einfach gewichtet gingen die Kosten indes von 0,48 auf 0,38 zurück. Das spricht dafür, dass die großen ETFs offenbar ihre Gebühren verteidigen können, derweil die Zahl der günstigen ETFs gestiegen ist, die allerdings nicht ein großes Volumen aufweisen.
Die Kosten von Aktien-ETFs ist kapitalgewichtet signifikant um elf Basispunkte auf 0,37 Prozent gestiegen. Einfach gewichtet gingen die Kosten indes von 0,45 Prozent auf 0,38 Prozent zurück.
Bei Bond-ETFs sanken die Kosten kapitalgewichtet indes von 0,4 Prozent auf 0,31 Prozent deutlich. Einfach gewichtet verharrten die Kosten gegenüber dem Vorjahr bei 0,31 Prozent. Dies illustriert, dass der Preiskampf auf der Aktienseite an Heftigkeit verloren hat, derweil die größeren Bond-Produkte nach wie vor um die Gunst von Investoren mit aggressiven Preissenkungen buhlen. Bedenkt man, dass Strategic Beta ETFs auf der Bond-Seite noch ein relativ kleines Phänomen darstellt, dann ließe sich die These aufstellen, dass hier die Entwicklung der Aktienseite mit Zeitverzögerung nachvollzogen wird.
Tabelle: Die Kosten von Strategic Beta ETFs in den USA
Kommen wir nun zum asiatischen Markt, der mit einem Plus von gut zwölf Prozent das stärkste Asset-Wachstum von allen globalen Strategic Beta Märkten im vergangenen Jahr zeigte. Allerdings ist das Vermögen mit 23,7 Milliarden Dollar eher begrenzt.
Der asiatische Markt wird von Japan dominiert. Wie aus der Tabelle unten hervorgeht, stecken 16,3 Milliarden US-Dollar in Strategic Beta ETFs, die in Japan domiziliert sind, gefolgt von 2,99 Milliarden Dollar in australischen Strategic Beta ETFs. Mit sehr großem Abstand folgt Südkorea mit Assets in Höhe von 1,78 Milliarden Dollar.
Tabelle: Der asiatisch-pazifische Markt für Strategic Beta ETFs
Der japanische Markt für Strategic Beta ETFs ist mit einem Marktanteil von knapp 69 Prozent der größte Markt in Asien/Pazifik, hat aber im Berichtszeitraum Anteile an Südkorea, Taiwan und China abgegeben. Per Ende 2017 machte Japan noch knapp 74 Prozent des Strategic Beta Markts in Asien aus. Auch Australien hat Marktanteile verloren. Es sind also vor allem die kleineren Märkte, die sich in einer Sturm-und-Drang Phase befinden.
Unverändert wird der japanischen Markt von der japanischen Notenbank geprägt, die seit einigen Jahren als wichtiger Käufer von ETFs agiert. Aufgrund bestimmter Kriterien der Notenbank stehen ETFs auf den Index JPX-Nikkei 400 im Vordergrund, bei dem Unternehmen hoch gewichtet werden, die Investments in physisches und Humankapital tätigen. Die Aktionen der Notenbank erklären, warum in Japan Strategic Beta ETFs und dabei vor allem Quality-Produkte einen derart hohen Stellenwert besitzen.
Während der US-Markt einige Gemeinsamkeiten mit den europäischen aufweist und die Entwicklungen in den USA es möglich erscheinen lassen, dass die abwärts gerichtete Gebührenspirale bei Strategic Beta ETFs nicht gen null tendieren muss, finden sich in Asien wenig Gemeinsamkeiten mit Europa. Allenfalls ließe sich eine gewisse Nähe der Bank of Japan mit der Schweizer SNB festmachen, die ebenfalls ein großes Wertpapierportfolio unterhält. Allerdings besteht der große Unterschied darin, dass die BoJ ausschließlich Inlands-Aktien(ETFs) kauft, derweil die Schweizer SNB vor allem durch Investments in US-Aktien von sich reden macht und ihre Käufe nach der Marktkapitalisierung der Unternehmen ausrichtet, um den zugrundeliegenden Markt nicht zu prägen.
Hier gelangen Sie zur Übersicht zum globalen Strategic Beta Markt
Hier gelangen Sie zur Analyse des europäischen Strategic Beta Marktes
Hier gelangen Sie zur Übersicht zum amerikanischen und asiatischen Strategic Beta Markt
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