Die chinesische Wirtschaft befindet sich nach wie vor in der Flaute. Einerseits hat sich das Wachstum im zweiten Quartal aufgrund der Erholung des Kreditwachstums im ersten Quartal leicht erhöht, wie aus unseren Berechnungen hervorgeht (das offiziell gemeldete Wachstum war indes rückläufig). Indes ist das Kreditwachstum im zweiten Quartal ins Stocken geraten, und wir gehen davon aus, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird, was ein Abflachen des Wirtschaftswachstums für den Rest dieses Jahres signalisiert.
Unterdessen drohen der Handelskriege mit den USA zu eskalieren. Der durchschnittliche US-Zollsatz für chinesische Waren droht im September auf 17,5 Prozent anzusteigen. Diese drohende Gefahr hat die chinesische Währung im bisherigen Verlauf des Augustes eine steile Abwertung beschert.
Das Wichtigste in Kürze:
- Das offizielle reale BIP-Wachstum sank im zweiten Quartal gegenüber den ersten um 0,2 Punkte auf 6,2 Prozent. Unser alternativer Proxy-Index deutet indes auf einen Anstieg auf 5,8 Prozent von 5,4 Prozent hin. Eine Erholung im zweiten Quartal erscheint angesichts des steigenden Kreditwachstums seit Januar logisch, dessen Wirkung sich typischerweise mit einer Verzögerung von einem bis zwei Quartalen manifestiert;
- Der weltweite Handel hat die chinesische Wirtschaft bisher nicht wesentlich belastet, und selbst die Handelsbilanz mit den Vereinigten Staaten hat sich im zweiten Quartal stabilisiert. Die Tariferhöhungen im Mai sowie die drohenden Zollerhöhungen im September werden jedoch dazu führen, dass die Zölle bis zum vierten Quartal auf 17,5% steigen werden (siehe den ersten Chart unten);
- Das Wachstum der Anlageinvestitionen blieb stabil, wobei das Wachstum der Infrastrukturausgaben durch die anhaltende Schwäche der Produktionsinvestitionen ausgeglichen wurde, wahrscheinlich aufgrund von Sorgen über die drohenden Handelskonflikte;
- Nach einer Erholung im ersten Quartal blieb das Kreditwachstum im zweiten Quartal unverändert. Wir erwarten nicht, dass die Regierung eine vollständige kreditgetriebene Erholung anstrebt, da China bereits eine sehr hohe Schuldenlast aufweist.
Trotz des offiziell gemeldeten Rückgangs könnte sich das Wachstum im zweiten Quartal leicht erholt haben. Chinas offizielles reales BIP-Wachstum sank im zweiten Quartal von 6,4 Prozent auf 6,2 Prozent. Unser alternativer Proxy signalisierte jedoch einen Anstieg der Wachstumsrate auf 5,8 Prozent, nachdem er in den vorangegangenen drei Quartalen um 5,4 bis 5,6 Prozent oszillierte. Der Zeitpunkt für eine Erholung des Wachstums im zweiten Quartal ist logisch - das Kreditwachstum begann im Januar gegenüber dem Tiefpunkt zu steigen, und das Wirtschaftswachstum folgt dem typischerweise mit einer Verzögerung von einem bis zwei Quartalen.
Wir glauben, dass die offiziellen BIP-Zahlen sowohl den Zeitpunkt als auch das Ausmaß der chinesischen Konjunkturabschwächung nicht korrekt widerspiegeln. Was den Zeitpunkt betrifft, so gehen wir davon aus, dass sich das Wachstum Ende 2017 verlangsamt hat. Es ist durchaus möglich, dass China die Kommunikation der wirtschaftlichen Abschwächung bis Ende 2018 aufgeschoben hat, um den Handelskrieg zwischen den USA und China als Sündenbock für ein langsameres Wachstum zu nutzen.
Wie aus unserer Analyse hervorgeht, ist der Schuldenabbau in China zum Stillstand gekommen. Indes hat sich die Kluft zwischen Kreditwachstum und nominellem BIP-Wachstum stabilisiert.
Rückläufige Nettoimporte von asiatischen Handelspartnern spiegeln wahrscheinlich eine vorübergehende Verbesserung wider, da China die Importe von Vorprodukten einschränkt, um sich auf einen Rückgang der US-Exporte einzustellen. Bisher musste China seine Fremdwährungsreserven nicht in größerem Umfang verkaufen. Dies liegt zum Teil daran, dass die Kapitalabflüsse bescheiden waren, aber auch daran, dass China bei der Abwertung seiner Währung flexibler agierte: Anfang August überschritt der Yuan-Dollar-Kurs erstmals seit 2008 wieder die 7-Yuan-Marke.
Im zweiten Quartal setzte die People's Bank of China die Liquiditätszufuhr fort, um die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen zu fördern. Das hatte sichtbare Auswirkungen auf die Interbankenzinsen. Die Auswirkungen der Kreditvergabe waren jedoch nicht beeindruckend: Das Wachstum der gesamten Finanzierungsströme (Total Social Financing, TSF) blieb gegenüber dem Vorquartal mit einem Wachstum von 11,4 Prozent unverändert. Das flache Kreditwachstum passt zu unserer Prognose, wonach das Kreditwachstum in diesem Jahr bei zwischen elf und zwölf Prozent verharren wird, was einen ausreichenden Impuls zur Stabilisierung der Wirtschaft, aber keine vollständige Erholung bringen würde.
Auf der einen Seite blieb das Wachstum bei der Emission von Staatsanleihen hoch (bei etwa 20%), und der Rückgang der Schattenbankkredite verlangsamte sich von minus zehn auf minus acht Prozent. Dies wurde jedoch durch einen Rückgang des Kreditwachstums auf 8% von 8,3% im Vorquartal vollständig ausgeglichen. Das Wachstum der Kredite an private Haushalte verlangsamte sich leicht, insbesondere bei kurzfristigen Krediten, da die Banken nach der schnellen Expansion in den letzten sechs Jahren vor einem steigenden Kreditkartenkreditrisiko zurückschrecken.
Der Hauptgrund für das langsamere Kreditwachstum lag jedoch in dem Rückgang der Kreditaufnahme der Unternehmen außerhalb des Finanzsektors auf 11,2 nach 11,9 Prozent im März. Während Unternehmen einen Teil ihrer Kredite nunmehr über den Anleihenmarkt umgeleitet haben, hat dies das rückläufige Kreditwachstum nicht vollständig kompensiert. Obwohl die Zinsen in den letzten 18 Monaten gesunken sind, bleiben die Credit Spreads hoch, was erklärt, warum wir keinen Anstieg der Anleiheaufnahme gesehen haben, wie er im Lockerungszyklus 2016 stattgefunden hat.
Die Quote der Unternehmensschulden am BIP dürfte 2019 auf rund 171% steigen, und die Verschuldung der Haushalte dürfte auf 55 Prozent steigen. Infolgedessen schätzen wir, dass sich das Gesamtkreditvolumen/BIP Ende 2019 auf 266 Prozent belaufen wird. Das bringt uns zum Schluss, dass China den Schuldenabbau nicht wirklich vorantreibt.
* Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung des Berichts „China's Economy in the Doldrums as Trade War Impact Looms“, das Kunden von Morningstar Direct hier nachlesen können. Den Bericht „Are China and the U.S. Headed for a New Cold War?” finden Abonnenten hier.
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