Im Interview, das am 9. August auf fundplat.com veröffentlicht wurde, versuche ich, Anlegern die Scheu vor dem Fonds-Research zu nehmen, indem ich auf einfache und zugleich wichtige Tools aufmerksam mache, mit denen man recht schnell die Spreu vom Weizen trennen kann. Das Interview führte Thomas Caduff, CEO der Fundplat GmbH, eine B2B Event- und Media-Plattform mit Präsenz in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz. Ihm gebührt ein herzliches Dankeschön für die Genehmigung zum Nachdruck des Interviews.
Herr Masarwah, Morningstar gilt in Sachen Fondsanalyse als ein weltweiter Vorreiter. Wie viele Gesellschaften und Fonds haben Sie eigentlich auf dem Radar?
Ali Masarwah: Das freut mich, dass Sie uns so loben. Aber ich gebe gerne zu, dass unsere Fondsdatenbank sehr gut bestückt ist mit Informationen über Fondsproduzenten und ihren Produkten, was Fonds-Analysen manchmal zu einer Sisyphos-Arbeit ausarten lässt. Weltweit haben wir gut 6.400 Anbieter in der Datenbank mit weit über 200.000 Fonds. Die Zahl ist gigantomanisch groß, aber man sollte sich nicht verrückt machen lassen, sondern sich aufs Wesentliche beschränken.
Das wäre?
Kommt darauf an, was man analysieren will. Wenn ich den Fondsmarkt aus vertrieblicher Sicht anschauen möchte, dann könnte ich natürlich die Datenbank anschmeißen und Daten zu Zehntausenden Fonds exportieren, die in Deutschland zum Vertrieb zugelassen sind. Aber sinnvoller ist es, inne zu halten und zu überlegen, was wirklich für den Markt relevant ist. So ist es hilfreich zu wissen, dass der Fonds-Vertrieb zu rund drei Vierteln vom Sparkassen- und Genossenschaftssektor gestemmt wird. Entsprechend groß ist die Marktmacht der Deka und Union Investment. Dann gibt es noch ein paar Hände voll von ausländischen Playern, die Fidelitys und Templetons und Carmignacs dieser Welt, und leider nur eine Hand voll deutsche Vermögensverwalter, Stichwort: DJE und Flossbach von Storch, und: presto: Sie haben den Fondsmarkt im Wesentlichen erfasst. Online-Banken und Vermögensberater wie die DVAG sollte man natürlich nicht vernachlässigen, aber insgesamt ist der Markt doch überschaubar. In der Schweiz wird der Markt wird von der UBS und der Credit Suisse dominiert, und auch Häuser wie Julius Bär, Swisscanto oder Pictet sind prominent vertreten. Vermögensverwalter spielen in der Schweiz eine besondere Rolle, aber dieser Markt ist sehr kleinteilig und bestimmt nicht die großen Trends am Fondsmarkt.
Das klingt so, als wäre die Sache ganz einfach, aber Sie haben doch auch den europäischen Markt im Blick?
Ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber auch für Europa gilt das Motto: Das Relevante kommt zuerst! Darf ich dazu ein Beispiel geben?
Wir bitten darum!
Der europäische Markt ist in gut 30 verschiedene nationale Jurisdiktionen aufgeteilt mit Tausenden von Gesellschaften und Zehntausenden von Fonds. Da wäre es doch für Anleger in Deutschland oder der Schweiz wichtig zu erfahren, wer die besten Fonds hat und wer wo welche Stärken hat. Mit einem recht einfachen quantitativen Screening können wir sehr viel über die Qualität dieser Akteure sagen. Das Morningstar-Sterne-Rating wird nach einheitlichen, europäischen Kriterien vergeben und ermöglicht es nicht nur, einzelne Produkte in einzelnen Ländern zu bewerten, sondern man kann pan-europäisch vorgehen und die Verteilung der Sterne-Ratings anhand der verschiedenen Anbieter in Europa messen, und dann kommt man relativ schnell zu einem Urteil, wessen Fonds die beste risiko-adjustierte Rendite haben.
Und das sind?
Bei großen Häusern dominieren regelmäßig Anbieter wie PIMCO, Fidelity, J.P. Morgan, BlackRock oder UBS; bei ETF-Anbietern hat BNP Paribas aktuell die Nase vorn, dicht gefolgt von Vanguard. Wirklich spannend wird es übrigens bei den kleinen Anbietern. Schon seit Jahren wissen wir dank unserer Rating-Analyse, dass die Londoner Boutique Fundsmith exzellente Fonds hat. Seit zwei Jahren ist Fundsmith auch in Kontinentaleuropa vertreten. Wir konnten recht früh auf diesen Anbieter exzellenter Fonds hinweisen, weil wir den pan-europäischen Markt im Blick haben. Das alles kann man nachlesen in der Morningstar-Rating-Analyse, die jedes Quartal herauskommt und die auf morningstar.de sowie auf morningstar.ch veröffentlicht wird und frei verfügbar ist.
Wie stabil sind Ihre Bewertungen der Anbieter?
Die sind erstaunlich stabil. Natürlich gibt es eine Fluktuation, vor allem bei den kleinen Anbietern, aber insgesamt sind die Sterne-Ratings bei Fonds, die lange am Markt sind, recht träge. Die die Ratings berücksichtigen eine Fondshistorie von bis zu zehn Jahren. Anbieter, die ihre Produktpalette nachhaltig bewirtschaften und eine gute Fonds-Qualität aufweisen können, sind da im Vorteil.
Aber Sie haben auch ein qualitatives Rating, das Ihre Fondsanalysten händisch herstellen.
Ja, gut, dass Sie das ansprechen: Unser Morningstar Analyst Rating, das in Europa schon seit gut neun Jahren am Markt ist, hat sich inzwischen etabliert, wenn es darum geht, Fonds qualitativ zu beurteilen. In den kommenden Monaten werden wir das System etwas neu kalibrieren. Es wird einerseits etwas vereinfacht und umfasst dann nicht mehr fünf Säulen, die sich die Analysten anschauen, sondern nur noch drei. Dafür wird die Bedeutung der Fondskosten stärker hervorgehoben.
Was wird die Umstellung Ihrer Ratings für Folgen haben?
Die Folgen werden für die Anbieter teurer Fonds unschön sein. Bisher war es so, dass wir im Analyst Rating eine Tranche als maßgeblich identifiziert haben und das Rating aller Tranchen identisch ausfiel. Ab diesem Herbst stellen wird das System auf ein Rating nach Fondstranchen um. Weil den Kosten künftig eine noch größere Bedeutung zugemessen wird, kann es sein, dass die institutionellen Tranchen eines Fonds ein positives Medaillen-Rating haben werden, also mit Bronze, Silber oder Gold bewertet sein werden, die Retail-Tranchen können bei hohen Kosten dagegen auf «Neutral» abfallen.
Warum sind Sie so fixiert auf die Fondskosten?
Aus einem einfachen Grund. Günstige Fonds sind besser als teure Fonds. Alle Studien, egal, ob sie von der Wissenschaft kommen oder auf empirischen Erkenntnissen von Beobachtern und Praktikern wie uns fußen, ermitteln regelmäßig, dass die Kosten von Fonds der entscheidende Faktor sind, wenn es um die Frage geht, welche Fonds erfolgreich sein werden. Da sind ETFs oft im Vorteil, aber wenn aktiv verwaltete Fonds günstig sind, haben auch sie eine gute Performance-Prognose und können durchaus Indizes bzw. Indexfonds übertreffen. Dadurch, dass wir die Kosten in den Fokus nehmen, wollen wir Anleger dazu bewegen, auf die wirklich wichtigen Aspekte des erfolgreichen Investierens zu stoßen.
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