Gerade für aktive Bond-Investoren ist es wichtig zu verstehen, was der Unterschied zwischen „Laufzeit“ und „Duration“ ist. Beide Kennzahlen klingen ähnlich, doch die Unterschiede sind groß. Einige mögen auch wissen, dass es unterschiedliche Grundlagen für die Berechnung der Duration gibt, doch die Feinheiten, geschweige denn die Berechnungsformell, sind in aller Regel ein Buch mit sieben Siegeln. Fangen wir zunächst mit den Basics an:
„Laufzeit“ und „Duration“ haben einen gemeinsamen Nenner: Es geht um die Kapitalbindung. Beide Kennzahlen werden deshalb in Jahren ausgedrückt. Allerdings bezeichnen sie unterschiedliche Sachverhalte.
Die Laufzeit (Englisch: Maturity) ist ziemlich einfach zu erklären. Eine Anleihe hat eine Laufzeit, welche die Länge der Zeit ausdrückt, bis das Kapital zurückgezahlt werden muss. Aus einer zehnjährigen Anleihe erhält man ab dem Emissionsdatum zehn Jahre lang jährlich oder monatlich Zinsen. Am Laufzeitende der Anleihe wird das Kapital an den Anleihehalter vollständig zurückgezahlt.
Die Kapitalbindungsdauer oder Duration einer Anleihe ist hingegen ein eher abstrakter Begriff. Er wird in der Regel verwendet, um die Sensitivität der Anleihe für Zinsänderungen zu messen. Grob gesagt zeigt die einfache Duration die durchschnittliche Bindungsdauer einer Kapitalanlage mit exakt festgelegtem Zahlungsstrom an. Sie drückt den Zeitraum aus, den ein Investor (im Mittel gerechnet) bis zum Erhalt der Rückflüsse aus der Anlage warten muss. Sie wird manchmal auch als durchschnittliche Kapitalbindungsdauer oder ökonomische Laufzeit bezeichnet.
Insbesondere aktive Bond-Investoren, etwa Fondsmanager, achten auf Zinsbewegungen, da sich jede Bewegung nach oben oder unten mit dem gegenteiligen Effekt bei den Anleihekursen auswirkt. Dies resultiert daher, dass durch den Anstieg der Zinsen eine bestehende Anleihe (deren Zins jetzt unter dem Marktzinssatz liegt) im Wert sinkt, während ein Rückgang der Zinsen den Anleihe-Wert steigen lässt.
Verschiedene Arten der Duration
Zu den am häufigsten verwendeten Methoden zur Messung der Duration zählen die modifizierte und effektive Duration nach Macaulay. Die Macaulay-Duration ist nach Frederick Macaulay benannt, der diese Sensitivitätskennzahl im Jahre 1938 entwickelte. Sie bildet einen gewichteten Mittelwert der Zeit zu jeder Zinszahlung (Kupon) und Kapitalauszahlung einer Anleihe ab. Die modifizierte Duration (modified Duration) fußt auf einer etwas komplizierteren Berechnung, die die Auswirkungen von Zinsbewegungen berücksichtigt. Sie zeigt die prozentuale Kursänderung einer Anleihe in Abhängigkeit von einer Marktzinsveränderung an.
Die effektive Duration ist eine weitere, noch kompliziertere Kennzahl, die verwendet wird, um die Sensibilität für Zinsänderungen zu beurteilen, wenn kündbare Anleihen (diejenigen, die vor Fälligkeit ausgezahlt werden) beteiligt sind. Für unsere Fondsanalysen nutzen wir die zweite Durations-Kennzahl, die von den Fondsgesellschaften zur Verfügung gestellt wird. Die durchschnittliche effektive Duration ist ein kapitalgewichtetes Maß für die effektive Duration von Anleihen in einem Fonds. Sie ist ein besonders nützliches Instrument, um einzuschätzen, wie sich Zinsbewegungen auf die Fondsbeteiligungen auswirken. Anleihen mit längeren Laufzeiten reagieren empfindlicher auf Zinsänderungen als solche mit kürzeren Laufzeiten.
Investoren, die sinkende Zinsen erwarten, sollten nach Anleihen oder Rentenfonds mit längeren Laufzeiten oder Durationen schauen. In den vergangenen drei Jahrzehnten ist dieses Szenario aufgegangen. Die Strategie, auf lange Laufzeiten zu setzen hat – mit einigen Unterbrechungen - bestens funktioniert. Hingegen sollten Investoren, die steigende Zinsen erwarten, kürzere Laufzeiten oder Durationen präferieren, um das Exposure zu den höheren Zinsen zu limitieren.
Anleihen und Rentenfonds mit längerer Duration weisen in der Regel auch höhere Renditen auf als Kurzläufer. Sie kompensieren damit das gegebene höhere Zinsänderungsrisiko, das die Investoren übernehmen. Die Kennzahl der durchschnittlichen effektiven Duration bestimmt auch, wo die Fonds entlang der Zinsempfindlichkeitsachse der Morningstar Fixed-Income Style Box landen, die Ratings von beschränkt zu moderat bis extensiv aufweist (Für weitere Informationen, wie die Bond Style Box funktioniert, klicken Sie hier für ein Methodologie-Papier auf Englisch).
Messung der Auswirkung einer Zinsänderung
Investoren können die Duration nutzen, um einzuschätzen, wie stark der Wert einer Anleihe oder eines Rentenfonds durch eine Änderung der Zinssätze betroffen wäre. Bei einer Anleihe mit einer Duration von fünf Jahren wäre eine Wertsteigerung von 5 Prozent für jeden Rückgang um einen Prozentpunkt der Zinssätze zu erwarten (Sie erinnern sich, dass sich die Zinsen und die Kurse von Anleihen in entgegengesetzte Richtungen bewegen).
Wenn die Zinsen um einen Prozentpunkt steigen, würde die Anleihe voraussichtlich um 5 Prozent sinken. Diese Kennzahl macht es Investoren leicht, Vergleiche auf gleicher Basis für die Zinssensitivität von Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten und Zinsen (Kupon) zu ziehen. Eine Anleihe mit einer Duration von 6 Jahren reagiert in der Regel doppelt so empfindlich auf Zinsänderungen wie eine Anleihe mit einer Duration von drei Jahren, unabhängig von der Laufzeit oder den Zinszahlungen.
Kein perfektes System
Obwohl die Duration ein nützliches Werkzeug bei der Bestimmung der Zinssensitivität einer Anleihe oder eines Portfolios von Anleihen sein kann, ist sie weit von einer perfekten Maßzahl entfernt. Die Duration ist besonders nützlich bei der Messung der Sensibilität bei Zinsänderungen für Anleihen, die mit (als risikolos angenommene) Staatsanleihen korrelieren. Für Unternehmensanleihen kann die Duration nützlich sein, um die relative Empfindlichkeit zwischen den beiden Arten von Bonds zu messen. Anleger müssen aber bedenken, dass Unternehmensanleihen nicht unbedingt synchron mit Staatsanleihen laufen. Auch wenn zwei Anleihefonds die gleiche durchschnittliche effektive Duration haben, könnten sie immer noch unterschiedlich auf Zinsänderungen reagieren, wenn die zugrunde liegenden Anleihen unterschiedlich sind.
In der aktuellen Niedrigzinsphase ist es für Anleihe-Investoren ein guter Zeitpunkt, besonderes Augenmerk auf die Rollen zu legen, die sowohl die Laufzeit als auch die Duration im Hinblick auf die Sensibilität für Zinsänderungen spielen. Doch diese Kennzahlen allein sind bei weitem nicht ausreichend bei der Überlegung, in Anleihen zu investieren. Beachten sollte man auch die Bonität und den Anleihe-Typ, nicht zu schweigen vom Fondsmanagement und von den Gebühren für Investitionen in Rentenfonds.
Buy-and-Hold-Investoren sind gegen Durationsrisiken immun
Doch möglicherweise sind diese Erläuterungen überhaupt nicht von Relevanz für Investoren, nämlich dann nicht, wenn sie eine Anleihe bis zur Fälligkeit halten wollen. Wer sich die Ur-Funktion von Bonds vergegenwärtigt, laufende Zinszahlungen und Diversifikationsvorteile in Aktienportfolios, der kann ruhig schlafen und die Auszahlung des Nennwerts am Ende der Laufzeit abwarten. Buy-and-Hold-Investoren sind gegen Durationsrisiken immunisiert. Auch angesichts der oftmals eingeschränkten Liquidität bei Bonds, die oft höhere Handelskosten als bei Aktien mit sich bringt, ist bei Bonds das Motto: weniger Aktionismus für mehr Rendite. Ob Buy-and-Hold-Anleger, die heute einen Bond kaufen, eine attraktive Rendite erzielen werden, ist freilich eine andere Frage.
Dieser Beitrag ist ein Teil der Themenwoche zu Anleihen und Anleihefonds 2019. Hier kommen Sie zum Übersichtsartikel, der auch auf alle Artikel verlinkt.
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