Indexfonds bleiben eine veritable Alternative

In den USA ist die Aufregung derzeit groß: Der Vanguard Total Bond Markt Indexfonds hinkt erstmals in einer Zehnjahres-Periode seiner Fonds-Kategorie hinterher. Diesen Befund nehmen wir zum Anlass, über die Eigenschaften von breit diversifizierten Rentenfonds zu diskutieren.  

Ali Masarwah 19.11.2019
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Wenn der Aktienmarkt ein hochnervöses Wesen ist, das kurzfristig willkürlich hin und her schwankt, so gilt das erst recht für den Anleihenmarkt. In den vergangenen Monaten waren Investoren weltweit in Aufruhr, nachdem die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen unter das Renditeniveau der zweijährigen Papiere gefallen waren, was als Vorbote einer Rezession gilt. (Was keinesfalls ausgemachte Sache ist, wie wir bereits gezeigt haben.)

Diese Aufregung hat sich inzwischen gelegt: Schrittweise sind die Renditen am US-Anleihemarkt gestiegen, und inzwischen liegt der Spread zwischen zweijährigen und zehnjährigen US-Staatsanleihen wieder bei recht komfortablen 0,26 Prozent (per 12. November).

Nach der Debatte um die inverse Zinskurve kommt jetzt die Aktiv-Passiv-Debatte

Doch da ja bekanntlich jede Woche eine neue Sau durchs Dorf gejagt wird, ließ die nächste Debatte in den USA nicht lange auf sich warten. Sie mutet auf den ersten Blick esoterisch an, da sie die Performance eines Indexfonds zum Gegenstand hat. Allerdings meinen wir, dass die aktuelle Diskussion in den USA zum einen nicht nur eine Nische am Rentenfondsmarkt dort betrifft, sondern auch für Investoren hierzulande Relevanz hat.

Es geht vordergründig um die Performance des weithin beachteten Indexfonds in den USA, den Vanguard Total Bond Market Index. Das ist ein nicht-börsennotierter Indexfonds, der die Performance des Bloomberg Barclays U.S. Aggregate Bond Index abbildet. Man muss wissen, dass es sich nicht um irgendeinen Fonds handelt, sondern um den größten Rentenfonds in den USA mit einem Vermögen von gut 245 Milliarden US-Dollar. Er kostet, wie bei Vanguard zu erwarten ist, mit fünf Basispunkten sehr wenig Geld. (Es gibt auch einen kleineren Vanguard ETF auf den identischen Index, der mit knapp vier Basispunkten sogar noch günstiger ist.)

Auch beim Bloomberg-Index, den der Fonds abbildet, handelt es sich nicht um irgendeinen Index, sondern um das Bond-Barometer schlechthin. Es bildet die wichtigsten Bereiche des US-Anleihemarktes ab. Staatsanleihen machen in dem Index nur etwa die Hälfte des Gewichts aus. Hoch gewichtet sind Unternehmensanleihen (25 Prozent) wie auch Hypothekenanleihen (MBS, 24 Prozent), und ein Schnaps Kommunalanleihen (Municipal Bonds) ist ebenfalls enthalten (ein Prozent). Wer in solche Indexfonds investiert - der Vanguard-Indexfonds steht natürlich stellvertretend für die meisten passiven Intermediate-Term Indexfonds -, hat den gesamten US-Rentenmarkt in einem "One Stop Shop" eingesammelt. 

Wer konservativ investieren will, setzt auf Indexfonds

Nun trug es sich zu, dass der Vanguard Total Bond Markt Index, sehr zum Ärger der Manager aktiv verwalteter Rentenfonds, längerfristig stets besser abgeschnitten hat als die aktiv verwalteten Fonds, die ebenfalls in der Kategorie Intermediate-Term Bond vertreten sind. Genauer gesagt hat der Vanguard-Fonds seit seiner Auflage in jeder rollierenden Zehnjahresperiode besser als der Durchschnitt der Kategorie abgeschnitten.

Bis Ende Oktober. Seitdem ist die Investment-Community in den USA in Aufruhr. Die Performance des Indexfonds ist erstmals in einer zehnjährigen Periode unter die Durchschnitts-Performance der Kategorie gefallen. Ist das ein Fanal für Renten-Indexfonds am größten Rentenmarkt der Welt? Kommt nun die Stunde der aktiven Manager? Möglich ist es, aber für wahrscheinlich halten meine Kollegen in den USA das nicht. Mein Kollege John Rekenthaler hat sich die Sache etwas näher angeschaut. Ich fasse einige seiner Argumente zusammen, warum Renten-Indexfonds für Anleger weiterhin eine gute Wahl sein dürften - besser als die meisten aktiv verwaltete Fonds. Übrigens lassen sich seine Erkenntnisse auch auf den europäischen Fondsmarkt übertragen, wo die Konstellation ähnlich ist.

Der Vanguard-Fonds war bisher unverwundbar, jetzt ist er es nicht mehr

Die Outperformance des Vanguard-Fonds geht auf den Effekt der Jahres 2008/09 zurück. Wegen erhöhter Risiken bei aktiv verwalteten Rentenfonds in Zeiten der Finanzkrise - die AAA-Papiere, Sie erinnern sich! - konnte der Vanguard-Indexfonds 2008/9 eine Outperformance von sagen und schreibe 975 Basispunkten gegenüber der Intermediate-Term Kategorie erwirtschaften. Wegen dieses Vorsprungs konnte der Vanguard-Fonds in der Zehnjahresbetrachtung praktisch nicht schlechter abschneiden als die Kategorie. Doch jetzt geht das, weil die Performance-Effekte der Finanzkrise "herausgerollt" wurden. In diesem Jahr hat der Vanguard Total Bond Market nur durchschnittlich performt, und weil die Outperformance-Quelle in der Zehnjahresbetrachtung nunmehr fehlt, ist durchschnittlich nun einmal nicht gut genug.   

Doch was sagt uns die Tatsache, dass aktiv verwalteten Rentenfonds eine bessere Performance aufweisen als der Index? Sie gehen höhere Risiken ein! Ist das gut oder schlecht? Das hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Wer glaubt, dass die US-Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs bleibt, der sollte aktiv verwalteten Fonds den Vorzug geben. Denn sie sind wesentlich riskanter aufgestellt als der Vanguard Total Market Bond Index. Er weist eine Treasury-Quote von 41 Prozent auf gegenüber nur 19 Prozent beim durchschnittlichen aktiv verwalteten US-Rentenfonds. Aktive Fonds weisen übrigens auch hohe Gewichtungen in den Hochzins- und CMBS-Segmenten des US-Rentenmarkts auf (letztere sind sehr viel riskanter als der relativ sichere Häusermarkt, der sich hinter dem MBS-Kürzel verbirgt).

Das Fazit: Konservative Investoren kaufen Renten-Indexfonds

Das bringt uns zum interessanten Fazit, dass Anleger, die nicht von einer weiteren Expansion der US-Wirtschaft ausgehen und mit einer Abschwächung der Konjunktur rechnen, lieber auf Nummer sicher gehen und auf Indexfonds a la Vanguard setzen sollten. Zumal Indexfonds immer den Vorteil viel niedriger Kosten haben als auch die günstigsten aktiv verwalteten Fonds. 

Kurzfristig mögen also die aktiven Manager die Nase vorn haben, aber wer der Meinung ist, dass Kosten für die Performance wichtig sind und seinen Rentenfonds eher als konservatives Gegengewicht zum Aktienanteil seines Portfolios sehen möchte und weniger als Performance-Turbo, der wird auf Indexfonds setzen.

Dieser Befund gilt übrigens auch für Euro-Investoren, die mit dem Bloomberg Barclays Euro Aggregate Total Return ebenfalls ein vergleichsweise konservatives ETF-Underlying haben, das deutlich konservativer aufgestellt ist als viele aktive verwaltete diversifizierte Euro-Rentenfonds - von flexiblen Euro-Rentenfonds ganz zu schweigen! Auch in Europa mischen aktive Euro-Rentenfonds in höherem Maße Unternehmensanleihen und andere riskantere Papiere bei, als das bei den typischen ETFs, die den gesamten Euro-Rentenmarkt abbilden, der Fall ist. Das macht - so paradox das klingen mag, Renten-ETFs zur defensiven Alternative für Euro-Anleger.   

Dieser Beitrag ist ein Teil der Themenwoche zu Anleihen und Anleihefonds 2019. Hier kommen Sie zum Übersichtsartikel, der auch auf alle Artikel verlinkt

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Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich