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Was Anleger über die Chancen und Risiken von Anleihen wissen müssen

Anleihen sind bei Anlegern überall präsent: In Lebensversicherungen, in Fonds und natürlich halten Investoren Bundesanleihen auch in "Reinform". Und über allem wabert das Nullzinsgespenst. Grund genug, uns dieser Asset-Klasse in einer Themenwoche anzunähern.  

Ali Masarwah 18.11.2019
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Wenn nichts spannender ist als Wirtschaft, dann ist die Hauptakteurin im täglichen Krimi der Finanzmärkte zweifellos die Anleihe. Sie kommt auf den ersten Blick hochaufgeschlossen und konservativ daher, entwickelt aber mitunter höchst volatile Seiten. Sie ist praktisch allgegenwärtig und begegnet Investoren in den unterschiedlichsten Aufmachungen - im Gewand von Lebens- und Rentenversicherungen, in Gestalt von Fonds oder ETFs, als Fremdwährung, oder auch in Reinform in Gestalt einer Bundesanleihe.

Angetrieben wird die Anleihe weder von Diesel noch Benzin, sondern vom Zins. Doch welche Mechanik kommt bei Anleihen zum Einsatz? Was treibt ihr Verhalten an? Sind die Schulden kurzfristiger Natur, entscheiden die Hüter des Geldes, die Notenbanken, über Renditen der Kurzläufer. Bei Langläufern ist das anders. Diese Regel haben viele Investoren in Deutschland leider nicht verstanden. Hier kommen wesentlich mehr Akteure ins Spiel, die den Kurs der Anleihe antreibt. Unter anderem mischen die Erwartungen zum Wirtschaftswachstum, die Inflationserwartungen, das Angebot und die Nachfrage bei den Renditen längerfristiger Anleihen kräftig mit.

Fallen die Zinsen bzw. die Renditen, dann nehmen Langläufer die Gestalt einer fetten Henne an; wohl dem, der sie hält! Doch wehe dem, der bei tiefen oder negativen Zinsen in Anleihen investieren muss. Er wird real einen Verlust erwirtschaften. Allenfalls eine Deflation kann seine Rendite noch retten.

Bond-Renditen verzweifelt gesucht 

Diese feuilletonistische Annäherung zeigt, dass Investoren heute mit einer kniffligen Situation konfrontiert sind. Wer sich am klassischen Rentenmarkt engagieren will, wird bis zur Fälligkeit nichts verdienen. Seit März dieses Jahres ist die Rendite umlaufender deutscher Staatsanleihen negativ, ja, alle Laufzeiten deutscher Anleihen notieren in negativem Terrain. Anleger bezahlen dem Bund also dafür, dass sie ihm Geld leihen. Den Tiefpunkt markierte die Umlaufrendite Anfang September mit minus 0,73 Prozent. Seitdem ist der Markt von einem kaum bemerkten aber doch kontinuierlichen Renditeanstieg geprägt. Heute, Mitte November, liegt die Umlaufrendite bei minus 0,26 Prozent. Die Rendite der viel beachteten zehnjährigen Bundesanleihe lag Mitte November bei minus 0,25 Prozent und wird damit nur von ihren zehnjährigen Schweizer Pendants unterboten, die bei minus 0,44 Prozent rentieren.

Deutlich besser sieht die Situation in anderen Währungsräumen aus. Seit dem globalen Renditeanstieg in den vergangenen zwei Monaten kratzen zehnjährige US Treasuries an der Zwei-Prozent-Marke. Das klingt recht ordentlich, aber Anleger müssen bedenken, dass sie bei einem Engagement in den USA ein Währungsrisiko eingehen. Sollte, wer die hohe Schwankungsintensität, die ein Fremdwährungs-Investment in Kauf nimmt, dann nicht gleich nach Mexiko, Brasilien oder Indien schauen, wo Renditen von mehr als sechs Prozent winken? Möglich ist das. Doch dort gesellt sich zum Währungsrisiko das Bonitätsrisiko, das die Kurse ins Wanken bringen kann. Das ist mehr Risiko, als die meisten eher konservativen Renten-Anleger bereit sind zu tragen - Argentinien lässt grüßen!

Wie man die Sache dreht und wendet: Um auf eine Rendite von einem Prozent und mehr zu kommen, ohne ein Währungsrisiko einzugehen, muss man in Richtung Italien oder Griechenland blicken, wo die "Zehnjährigen" zwischen 1,2 und 1,4 Prozent Rendite bieten. Das ist nicht üppig, zumal die meisten Anleger Fonds kaufen, und dort werden Produkt-Gebühren fällig. Aktiv verwaltete Euro-Staatsanleihefonds bringen es oft auf Kosten von rund einem Prozent, sodass günstige Indexfonds eine veritable Alternative im Bereich der Euro-Staatsanleihen darstellen. 

Wer auf Renditejagd ist, und das sind heute sehr viele Anleger, sollte ein Blick auf Unternehmensanleihen werfen, die einen Schnaps mehr Rendite bringen. Für die meisten Anleger sind hier Papiere von bonitätsstarken Emittenten zu empfehlen, die im Investmentgrade-Bereich notieren. Die Noten der Rating-Agenturen geben Aufschluss über die Risiken. Unternehmensanleihen mit Ratings von "AAA" (Fitch, S&P) bzw. "Aaa" (Moody's) weisen die höchste Qualität auf - und bringen die niedrigsten Renditen. Je niedriger die Qualität, desto höher die Rendite. Sie ist im Sub-Investmentgrade- (vulgo: Junk-) Bereich am höchsten. Allerdings bergen Papiere mit einem Rating ab "BB+" bzw. "Ba" und weniger hohe Risiken in sich, die konservative Anleger eher nicht eingehen sollten. 

Performance ist bei Bonds nicht alles

Doch wer nur die Renditejagd im Blick hat, hat Wesentliches übersehen. Denn Performance ist das eine. Das andere ist, dass Bonds eine ganz ureigene Funktion in breit gestreuten Portfolios haben: Sie dienen dazu, die Aktienrisiken auszubalancieren. Ohne klassische Bonds können Aktienportfolios Schiffbruch erleiden. Wie schmerzlich Aktienverluste sein können, haben die Jahre 2000 bis 2003; 2007 bis 2009, und 2011 bis 2012 bewiesen.

Aktuell ist bei Neu-Investments zwar wenig zu holen, aber es gibt nicht in jeder Marktphase üppige Bond-Prämien zu ernten. Schmalhans mag heute Küchenmeister bei Bonds sein, aber der Diversifikationsvorteil klassischer Anleihen dürfte sich auch in der nächsten Krise manifestieren.  

Performance-Erwartungen sollten neu kalibriert werden

Wer sich also den Bond-Markt nähern will, muss drei Faktoren abwägen: die hohen Bewertungen der meisten Bond-Kategorien einerseits – das wohltuende Diversifikationspotenzial andererseits. Und als dritter, richtig fieser, Faktor steht bei den sparwütigen Investoren die säkulare Nachfrage nach Anleihen, welche die Renditen stetig nach unten gedrückt hat.

Vermutlich sollten Investoren sich vor allem vergegenwärtigen, dass die Entwicklung der vergangenen 30, 40 Jahre eine Anomalie darstellten: Der langwährende Renditerückgang seit Anfang der 1980er Jahre hat uns alle verwöhnt: Es gab nicht nur Diversifikationseffekte, sondern auch reichlich Prämien an den Rentenmärkten zu ernten. Glücklich, wer an diesen Märkten partizipieren konnte. Künftig geben die tiefen Renditen den Takt für die Performance vor. Es gilt sich also zu bescheiden, nicht aber notwendigerweise von Staatsanleihen zu verabschieden.

Es gibt also viele gute Gründe, sich den Bond-Markt genauer anzuschauen. Das wollen wir in dieser Woche tun und laden Sie auf eine Reise durch die Welt der Bond-Investments ein. Folgende Artikel werden wir in der Bond-Woche veröffentlichen:

 

Montag, 18.11.:  

Was Anleger über die Chancen und Risiken von Anleihen wissen müssen

Rentenfonds 2019: Performance, Nachfrage, Standortbestimmung

Euro-Staatsanleihen: Basisbausteine für Euro-Investoren

 

Dienstag, 19.11.:  

Fünf Fakten für Rentenfonds-Anleger (und was sie daraus ableiten können)

Indexfonds bleiben eine veritable Alternative

Diversifizierte Fonds für Euro-Anleihen

Was die Kennzahl "Duration" für Rentenfonds-Anleger bedeutet

 

Mittwoch, 20.11.:  

Und wenn Dividenden wirklich der neue Zins wären?

Mario Draghis letzter Streich - und wie ETF-Anleger davon profitieren können

Euro-Unternehmensanleihen: Spagat zwischen Rendite und Sicherheit

 

Donnerstag, 21.11.: 

ETFs bringen dem Anleihemarkt zuvorderst Liquidität und nicht mehr Risiko

Wer mit US-Anleihen liebäugelt, muss das Währungsrisiko vertragen können

Sind Rentenansprüche eine Anleihe?

 

Freitag, 22.11.:                        

Bei Rentenfonds profitieren Anleger besonderes selten von Skalen-Effekten

Auf den größten Bond-Markt der Welt setzen: Fonds für US-Anleihen

Schwellenländer-Bonds: Riskant und schwer verzichtbar

                        

Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich