Hatten Anleger im Februar noch mit einer gewissen Trägheit auf die Ausbreitung des Corona-Virus reagiert, so brachen im März die sprichwörtlichen Dämme. Das deuten unsere ersten Absatzschätzungen für Fonds in Europa an, die auf der Auswertung von Tagesdaten von über 25.000 Langfristfonds basieren, die in Europa aufgelegt sind. Unsere monatlichen Absatzzahlen basieren auf gut 30.000 Fonds, für die uns typischerweise Monatsdaten vorliegen. Unsere aktuelle Schätzung basiert also auf rund 83 Prozent der per Ende Februar vorhandenen Fondsdatensätzen.
Zu beachten ist, dass uns große Anbieter wie PIMCO oder Franklin Templeton, aber auch zahlreiche skandinavische und britische Fondshäuser, für die meisten ihrer Fonds keine Tagesdaten liefern, sodass es sich hier um eine vorläufige Darstellung handelt. Indes liegt die Abdeckung bei Häusern wie iShares, UBS, Creadit Suisse, Vanguard, JPMorgan, Union Investment, DWS, Fidelity, Schroders, Deka, Pictet, Lyxor, Swisscanto, Allianz Global Investors und Xtrackers per 27. März bei zwischen 94 und 100 Prozent.
Bei Aktienfonds haben Anleger zur Unzeit den Exit gesucht
Wie aus unseren vorläufigen Schätzungen hervorgeht, mussten Aktienfonds bis zum 27. März Abflüsse von gut 54 Milliarden Euro hinnehmen. Damit deutet sich an, dass der März höhere Abflüsse mit sich brachte als der bisher schlechtesten Vertriebsmonat, dem Januar 2008, als Anleger knapp 46 Milliarden Euro aus Aktienfonds aus Europa abzogen. Mit gut 85 Prozent liegt die Marktabdeckung von Aktienfonds auf Tagesdaten-Basis im Vergleich zu den Februar-Daten recht hoch.
Da die höchsten Abflüsse in der Woche 9. bis 13. März (16,5 Milliarden Euro) bzw. in der Folgewoche, vom 16. bis 20. März (24,5 Milliarden Euro), anfielen, also in der Zeit, in der die Kursstürze am Aktienmarkt am stärksten waren, steht zu befürchten, dass viele Anleger zur Unzeit den Ausstieg aus Aktienfonds suchten. In der Folgewoche, die von einer ordentlichen Erholung geprägt war, verbuchten Aktienfonds dagegen nur Zuflüsse in Höhe von 2,2 Milliarden Euro. Viele Anleger waren also nicht mehr dabei.
Auch wenn es unsere März-Erhebung, wie gesagt, auf vorläufigen Daten basiert, so deutet sich dennoch ein verheerendes Bild für die Anlegerrendite an. Investoren fingen erst in den letzten Februartagen an, Geld aus Aktienfonds abzuziehen. Bis zum 24. Februar verbuchten Aktienfonds noch für den Monat Februar Zuflüsse. Für den vergangenen Monat lag der Nettoabsatz mit gut einer Milliarde Euro im Plus, wobei in den letzten vier Handelstagen Abflüsse von knapp zwölf Milliarden Euro anfielen. Das ist eine höchst ernüchternde Tendenz.
Rentenfonds brechen dramatisch ein
Besonders deutlich fielen die Mittelabflüsse im März aus Rentenfonds aus, die nach den vorläufigen Daten per 27. März gut 85 Milliarden Euro an Rückgaben hinnehmen mussten. Zum Vergleich: Im Oktober 2008, dem bis dato schwächsten Absatzmonat für Rentenfonds, zogen Anleger knapp 53,5 Milliarden Euro aus europäischen Rentenfonds ab. Auch wenn zahlreiche große Rentenfonds, vor allem sind hier die meisten Fonds von PIMCO und Franklin Templeton zu nennen, die uns keine Tagesdaten melden, dürfte dieser Negativ-Rekord Bestand haben, da viele der ausstehenden Fonds, etwa der PIMCO Income, auf Risikopapiere setzt und daher wohl kaum Zuflüsse in dem für Spread-Papiere verheerenden Monat verbucht haben dürfte. Per 27. März lagen uns Daten zu 83 Prozent der Rentenfonds vor, die wir per Ende Februar erfasst hatten.
Wie aus unseren vorläufigen März-Daten hervorgeht, mussten Mischfonds Abflüsse von 23,5 Milliarden Euro hinnehmen. Ob es sich hier um einen Rekordwert handelt, muss an dieser Stelle offen bleiben, da uns nur Daten zu knapp 80 Prozent der Mischfonds am europäischen Markt vorliegen. Im Mai 2009 beliefen sich die Abflüsse auf 16,4 Milliarden Euro, womit der bisherige Absatz-Tiefststand für Aktien-Renten-Fonds markiert wurde.
Aus alternativen Fonds zogen Anleger im März rund 15 Milliarden Euro ab. Im Oktober 2008 hatte der bisherige Tiefststand bei Abflüssen in Höhe von 12,7 Milliarden Euro gelegen. Auch hier ist die Marktabdeckung mit gut 81 Prozent per 27. März relativ lückenhaft, sodass sich noch einiges per März Ultimo ändern kann.
Die markantesten Mittelflüsse auf Einzelfonds-Ebene
Auf Ebene der einzelnen Fonds musste der UBS ETF MSCI ACWI mit 3,4 Milliarden Euro nach vorläufigen Schätzungen per 27. März die höchsten Abflüsse bei Langfristfonds hinnehmen. Der UniGlobal Vorsorge verlor gut drei Milliarden Euro. Spiegelbildlich zu diesen hohen Abflüssen gab es bei risikoärmeren Fonds der UBS (Focused US Treasuries Bond bzw. Focused High Grade Bond) und Union Investment (UniEuroRenta) eine hohe Nachfrage. Im Falle der Schweizer Gesellschaft standen Umschichtungen im Wealth Management der Mutterbank im Vordergrund, bei der genossenschaftlichen deutschen Fondsgesellschaft fanden Umschichtungen aus dem Risiko-Topf der Riester-Rente in den Sicherheits-Topf statt. Für Anleger stellt sich auch an dieser Stelle die Frage, ob diese prozyklischen Umschichtungen der Langfristrendite guttun werden.
Aufmerksamkeitserregend waren die hohen Abflüsse aus der Luxemburger Variante des M&G Optimal Income Fund, der gut 2,2 Milliarden Euro an Rückgaben verkraften musste. Auch der AllianceBernstein American Income Fund musste Abflüsse in etwa der gleichen Höhe hinnehmen. Auch etliche Renten-ETFs litten unter Rückgaben, etwa der iShares Core Euro Corporate Bond ETF, der größten Renten-ETF in Europa, der Abflüsse von 2,4 Milliarden Euro per 27. März verkraften musste. Auch der Schwellenländer-Renten-ETF, iShares JP Morgan USD Emerging Bond ETF, musste Rückgaben von rund zwei Milliarden Euro verzeichnen.
Zuflüsse konnten dagegen im März Rohstoff-Fonds im Allgemeinen und Gold-Produkte im Besonderen verbuchen, so etwa der Invesco Physical Gold ETC, der gut 1,6 Milliarden Euro an Zuflüssen per 27. März verbuchte. Auch der iShares Physical Gold ETC sammelte rund 1,4 Milliarden Euro netto ein.
Der Aktienfonds mit den höchsten Zuflüssen war nach unseren vorläufigen Daten der Goldman Sachs Global Future Tech Leaders; der erst im Februar aufgelegte Fonds konnte im März 1,2 Milliarden Euro an Zuflüssen verbuchen. Auch in Zeiten des Corona-Virus haben Technologie-Aktien (Fonds) also nichts an ihrer Strahlkraft verloren.
Die endgültigen März-Mittelflussdaten für den europäischen Markt erhalten Sie in der dritten Aprilwoche.
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