Aktueller Analysten-Kommentar
Wir erhöhen unsere bisherige Fair Value Schätzung für Tesla von 145 US-Dollar pro Aktie auf auf 173 Dollar. Die Änderung ergibt sich aus den Nettoauswirkungen einer höheren Anzahl von Aktien nach den Split, dem erwarteten rund 10%-igen Anstieg der Fahrzeugauslieferungen in den Jahren 2020-29 und aus der wachsenden Produktionskapazität. Hinzu kommt, dass wir das noch zu startende Geschäft mit selbstfahrenden Taxis (AV) nunmehr in die Bewertung einbezogen haben.
Wir bewerten das Teslas AV-Geschäft im Jahr 2030 diskontiert mit etwa 13,8 Milliarden Dollar. Diese Zahl geht davon aus, dass Tesla in den USA, der EU und China einen Anteil von 10% am Markt für Robotaxis erobern und $0,25 pro Meile verlangen wird. Wir haben Szenarien durchgespielt, die den diskontierten Wert des Robotaxi-Geschäfts auf bis zu 1,2 Billionen Dollar beziffern. In diesem hyperaggressiven Szenario wird davon ausgegangen, dass Tesla die Hälfte des Robotaxi-Marktes erobert und 1,50 $ pro Meile bei einer EBIT-Marge von 30 % verlangt - etwas, das wir für unwahrscheinlich halten, wenn man bedenkt, wie viel Wettbewerb im Jahr 2030 angesichts der Bemühungen von Uber, Lyft, GMs Cruise und anderen Autoherstellern vorherrschen wird.
Das genaue Gewinnpotenzial des AV-Geschäfts wird sich erst im Laufe der Zeit zeigen, aber wir haben uns entschieden, jetzt eine Robotaxi-Bewertung hinzuzufügen, weil der 22. September die Nachricht von einer Batterie mit einer Kapazität von einer Million Meilen bringen könnte, was bedeuten könnte, dass Teslas AV-Flotte im nächsten Jahr auf den Markt kommt. Die genaue Kapazität der AV-Flotte entspricht unserer Ansicht nach wahrscheinlich eher der Geo-Fenced Autonomie der Stufe 4 als der Stufe 5 (volle Autonomie). Wir sind uns des riesigen Potenzials von AVs bewusst, aber wir denken, dass dies im Aktienpreis so reflektiert wird, als ob diese Dinge bereits geschehen sind oder sehr bald geschehen werden und dass nur Tesla AVs herstellen wird. Diejenigen, die diesen letzten Punkt glauben, sollten sich mit dem Stand der Dinge bei GM Cruise vertraut machen!
Geschäftsstrategie und Ausblick
Tesla hat die Chance, das dominierende Unternehmen für Elektrofahrzeuge zu werden. Tesla ist ein führender Anbieter von autonomen Fahrzeugen sowie ein vertikal integriertes Unternehmen für nachhaltige Energie mit Produkten zur Energieerzeugung und -speicherung. Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahrzehnt kein Massenmarktvolumen erreichen wird. Teslas Produktpläne für den Moment bedeuten nicht, dass es ein Elektrofahrzeug für jeden Verbraucher gibt, der ein solches haben möchte, denn die Preise sind zu hoch. Das Ende 2015 auf den Markt gebrachte Crossover-Modell X beginnt bei etwa 80.000 Dollar, die Limousine Modell S kostet zu Beginn etwa 75.000 Dollar, die Limousine Modell 3 beginnt bei 37.990 Dollar und das Crossover-Modell Y beginnt bei etwa 50.000 Dollar. Teslas US-Kunden erhalten zudem keine Bundessteuergutschrift mehr.
Teslas Giga-Fabriken expandieren derzeit. Zu nennen sind etwa die Lithium-Ionen-Batterie-Fabrik in Nevada, mit deren Hilfe das Unternehmen bald über eine Kapazität für fast 600.000 Fahrzeuge im Montagewerk in Fremont, Kalifornien, verfügt. Ende 2019 wurde ein neues Werk in Shanghai eröffnet, das sich zu 100 % im Besitz von Tesla befindet und eine Kapazität für 200.000 Fahrzeuge des Modells 3 und weitere 150.000 Einheiten für das Modell Y hat, die 2021 in Betrieb genommen werden sollen. Die Gigafactory Berlin (3 und Y) befindet sich bis 2021 im Bau, ebenso ein texanisches Werk für den Semi, Cybertruck und 3 und Y.
Die Lieferprognose für 2020 von vor der Coronavirus-Pandemie, nach der 500.000 Stück deutlich überschritten werden sollen, erscheint uns unrealistisch. Tesla verkaufte 2019 weltweit etwa 368.000 Fahrzeuge; CEO Elon Musk strebt ein jährliches Volumen von 20 Millionen an, was etwa der doppelten Größe von Toyota und dem VW-Konzern entspricht. Wir denken, dass die weltweite Masseneinführung von reinen Elektrofahrzeugen noch Jahre entfernt ist. Es ist jedoch zu konzedieren, dass Tesla führend auf diesem Gebiet ist.
Tesla wird Zahnungsschwierigkeiten überwinden und Rezessionen überstehen müssen, bevor es das Volumen des Massenmarktes erreicht. Zudem gilt es, den Wettbewerb auf Abstand zu halten, und auch die Schulden müssen getilgt werden. Es ist wichtig, den Hype um Tesla in Relation zu der begrenzten, wenn auch wachsenden Produktionskapazität des Unternehmens zu halten. Die Mission von Tesla besteht darin, Elektrofahrzeuge immer erschwinglicher zu machen, was bedeutet, dass mehr Montagewerke in Betrieb genommen werden müssen, um ein jährliches Liefervolumen in Millionenhöhe zu erreichen. Diese Erweiterung wird jährlich Milliarden an Investitionsausgaben sowie Forschung und Entwicklung kosten und selbst in Zeiten des Konjunkturabschwungs notwendig sein.
Moat und Moat Rating
Wir sehen keinen Moat bei Tesla, weshalb wir das Moat Rating „None“ vergeben. Das Unternehmen steht noch relativ früh in seinem Lebenszyklus und ein weist hohes operatives Risiko auf, derweil es daran arbeitet, laufend neue Modelle einzuführen und neue Kapazitäten zu schaffen. Diese Dynamik schafft große Unsicherheit darüber, ob es dem Unternehmen gelingen wird, großartige Produkte zu erschwinglichen Preisen herzustellen, und ob genügend Verbraucher den Umstieg von Verbrennungsmotoren und Hybridfahrzeugen vollziehen werden. Es gibt Anzeichen dafür, dass Tesla erfolgreich sein wird, aber wenn nicht, wird Tesla ein Autohersteller für die Reichen bleiben. In einem Interview mit Automotive News vom Januar 2014 sagte Musk: „Ich denke, wir werden es schaffen, aber es besteht auch die Möglichkeit, dass wir es nicht schaffen.“
Teslas Wachstums-Pfad sieht zwar lukrativ aus, aber dieses Wachstum erfordert ständige erhebliche Reinvestitionen in Plattformen, die Nevada Giga-Fabrik - für die Tesla nur etwa 40% der Gesamtkosten von etwa 5 Milliarden Dollar ausgibt, während die Zulieferer den Rest bezahlen - und jährliche Montagekapazitäten, da die mögliche Produktionsgrenze von Fremont ungewiss ist, ebenso wie die Kadenz der Eröffnung neuer Tesla-Werke in Übersee. Während dieser Wachstumsphase wird es mit ziemlicher Sicherheit die eine oder andere Rezession geben. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist es schwierig zu sagen, wie hoch das Umsatzvolumen von Tesla sein wird oder welchen Zugang das Unternehmen, wenn überhaupt, zu den Kapitalmärkten haben wird. Langfristig will Tesla zwischen 10 und 12 Giga-Fabriken unterhalten.
Angesichts des hohen Investitionsbedarfs und des geringeren Fahrzeugvolumens in den ersten Jahren unserer Prognose modellieren wir die Rendite auf das investierte Kapital bis 2021 unter den gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten. Wir sehen auch das Risiko einer erheblichen Wertvernichtung, falls die Markteinführung von Elektrofahrzeugen scheitern oder wesentlich langsamer erfolgen, als in einem unserer drei 10-Jahres-Prognosezeiträume angenommen wird. Das Unternehmen läuft auch das Risiko, seine Volumenziele nicht zu erreichen. Aus diesem Grund warten wir die Vergabe eines positiven Moat-Ratings noch zu, sehen aber einen positiven Trend als Folge der Stärke der Marke und der verbesserten Kostenstruktur.
Obwohl wir die Unsicherheit betonen, die heute mit der Investition in Tesla verbunden ist, ist die Wettbewerbsposition des Unternehmens besser, als manche von einem technischen Start-up-Unternehmen, das Automobile herstellt, erwarten würden. Wenn wir uns unsere fünf Quellen für einen Moat ansehen, stellen wir fest, dass es gute Argumente für den Brand (immaterielle Güter) und auch Kostenvorteile gibt.
Einige Anleger mögen den Vorteil ins Feld führen, dass Tesla der dominierende reine Elektrofahrzeug-Hersteller ist. Obwohl Tesla tatsächlich aufgrund seiner großen Reichweite einen großen Vorteil gegenüber reinen EVs auf dem Markt hat (402 Meilen EPA-Reichweite für das Langstreckenmodell S gegenüber etwa 300 Meilen für den Ford Mustang Mach-E, 259 Meilen für den Chevrolet Bolt, 226 Meilen für den Nissan Leaf, 234 Meilen für den Jaguar I-PACE und 204 Meilen für den Audi e-tron), betrachten wir Teslas Konkurrenz als die gesamte Autoindustrie und nicht nur deren Elektrofahrzeug-Sparten. Es gibt weltweit viel zu viele Autohersteller, sodass es Tesla schwer haben wird, sich gegen die zahlreiche Konkurrenz durchzusetzen.
Fair Value und Gewinntreiber
Nach der Anpassung liegt unsere Fair-Value-Schätzung für Tesla bei 173 USD. Wir haben den Gegenwartswert dessen hinzugefügt, was Teslas „Autonomous Vehicle Ride Hailing“ (Robotaxi)-Geschäft im Jahr 2030 wert sein könnte, und bewerten es diskontiert mit etwa 13,8 Milliarden US-Dollar. Diese Zahl geht davon aus, dass Tesla in den USA, der EU und China zusammengenommen einen Anteil von 10% am Robotaxi-Markt erobert und 0,25 Dollar pro Meile verlangen wird. Unsere gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten liegen bei 8,8% und die Schätzung der Betriebsmarge zur Mitte des Zyklus liegt bei 11%. Wir gehen davon aus, dass das Unternehmen weiterhin führend in der autonomen Fahr-Technologie und Reichweite bleiben wird. Tesla gewinnt auch an Größe, und seine Fähigkeit, attraktive Fahrzeuge herzustellen und gleichzeitig einen freien Cashflow und einen Nettogewinn zu erwirtschaften, ist unserer Meinung nach weitaus besser als je zuvor.
Wir gehen von Gesamtauslieferungen über unseren 10-jährigen Prognosezeitraum von etwa 15 Millionen aus. Wir sind nach wie vor besorgt über die Schuldenlast von Tesla, wenn auch weniger als in der Vergangenheit, was auf eine beständigere Erzeugung von freiem Cashflow und einem wachsenden Kassebestand zurückzuführen ist.
Tesla ist ein riskanter Titel, und unsere Fair Value Schätzungen können sich häufiger ändern. Wir führen derzeit etwa 4,6 Milliarden Dollar an regresslosen Schulden unserer Bewertung zu. Wir modellieren für das Jahr 2020 Fahrzeugauslieferungen von etwa 400.000; 2021 dann Auslieferungen von etwa 700.000 und etwa 1 Million im Jahr 2022. Wir modellieren Investitionsausgaben in Höhe von 3,5 Milliarden Dollar im Jahr 2021. Bei der Modellierung von Tesla in unserem Discounted-Cashflow-Modell bleiben wir offen für das Disruptionspotenzial von Tesla in der Automobilindustrie. Für ein junges Unternehmen wie Tesla halten wir das langfristige Potenzial für die wichtigere Frage und den wichtigeren Werttreiber als die Frage, wie viele Modell 3 oder Modell Y in einem Quartal geliefert werden.
Die langfristige Prognose des Managements seit dem Börsengang 2010 geht von einer Betriebsmarge im unteren bis mittleren Zehnerbereich aus. Die Prognose schließt Aufwendungen für Aktienoptionen aus, während wir Aufwendungen für Aktienoptionen in den EBIT einbeziehen, um den Verwässerungs-Effekt zu erfassen. Tesla hat ein Aufwärts-Margenpotenzial, wenn es seine Batteriekosten senkt, die bisher geschätzte Zahl an auslieferbaren Fahrzeugen deutlich übertrifft und ein margenstarkes Lager- und autonomes Ride-Hailing-Geschäft etabliert. Wir modellieren einen Energieumsatz von 2,2 Milliarden Dollar im Jahr 2020, wobei diese Zahl bis 2029 auf etwa 6,6 Milliarden Dollar anwachsen wird. Diese Einnahmen belaufen sich auf etwa 4% unserer Fair Value Schätzung.
Risiko und Ungewissheit
Investitionen in Tesla-Aktien sind aufgrund der schwer zu prognostizierenden Zukunft von Elektrofahrzeugen und Energiespeicherung mit enormen Unsicherheiten verbunden. In einer Rezession möchten Investoren vielleicht nicht die Aktien eines Unternehmens halten, dessen volles Potenzial sich erst im nachfolgenden Jahrzehnt entfalten wird. Es besteht die Gefahr, dass es Tesla nicht schaffen kann, sich Kapital zu beschaffen, wenn es gebraucht wird. Solange nicht ein Elektrofahrzeug, das weitaus billiger als das Modell 3 ist, in Massen verkauft wird, können Investoren nicht sicher sein, dass Verbraucher in großem Stil bereit sein werden, auf ein Elektrofahrzeug umzusteigen und mit alle Bedenken zu Reichweiten und den längeren Ladezeiten (im Vergleich zu Verbrennungsmotoren) zurechtzukommen. Tesla kämpft einen Kampf von Staat zu Staat, um seine Läden in Fabrikbesitz und nicht in Franchise zu halten, was das rechtliche Risiko für Tesla erhöht und das Wachstum eines Tages zum Stillstand bringen könnte. Andere Autohersteller drängen in den BEV-Raum. Sollte das Wachstum des Unternehmens jemals zum Stillstand kommen oder sich umkehren, würden wir einen starken Rückgang des Aktienkurses erwarten, da die derzeitigen Erwartungen an Tesla unserer Meinung nach immens sind. Bei einem jungen, wachsenden Unternehmen besteht immer ein größeres Verwässerungs-Risiko für Alt-Aktionäre und ein Überschuldungs-Risiko. Tesla hat auch ein Kundenkonzentrationsrisiko, wobei die USA und China etwa 64% des GAAP-Umsatzes 2019 ausmachten, gegenüber 56% im Jahr 2015.
Wir sehen ein immenses Key-Man-Risk für die Aktie, da Teslas Schicksal eng mit der Person des CEO verbunden ist. Sollte Musk das Unternehmen verlassen oder die SEC ihm verbieten, Tesla weiter zu leiten, wären wir nicht überrascht, wenn die Aktie dramatisch fallen würde. Außerdem hat Musk 18,5 Millionen Tesla-Aktien als Sicherheit für persönliche Schulden. Der schnelle Verkauf dieses Aktienpakets kann zu einem raschen Verfall des Tesla-Aktienkurses führen. Tesla wird bald mit einer gewaltige EV-Konkurrenz von deutschen Premium-Marken sowie GM und Ford konfrontiert sein. Angesichts der vielen Ungewissheiten in Bezug auf Tesla heute, einschließlich COVID-19 und der Schuldenlast, wird die Fair-Value-Ungewissheit für lange Zeit sehr hoch bleiben.
Die Aktie von Tesla notierte zum Handelsschluss an der Nasdaq am 17. September bei 423,43 USD und liegt damit sehr deutlich über unserer Fair Value Schätzung von 173 USD. Damit ist das Papier stark überbewertet, wie aus dem 1 Sterne Aktien Rating hervorgeht.
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