Airbnb: Narrow Moat Rating bei absurd hohem Kurs

Die Online-Plattform für Wohnungsvermietungen ist furios an der Börse gestartet. Ungeachtet der bereits starken Marktstellung ist die Aktie auf dem derzeitigen Niveau indes vollkommen überteuert. Booking und Expedia sind deutlich günstiger bewertet.  

Ali Masarwah 14.12.2020
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Airbnb: hoher Aktienkurs bringt hohe Rückschlaggefahr mit sich

Kurz nach dem Börsengang war der Kurs der Aktie des Wohnungsvermittlers Airbnb bereits meilenweit, ja fast schon Lichtjahre von einem attraktiven Einstieg entfernt. Hatte die Zuteilung mit einem Kurs von 68 USD bereits am oberen Ende der Erwartungen gelegen, so schoss der Kurs am Tag der Erstnotiz auf zeitweilig gut 150 USD.  Zum Handelsschluss am 11. Dezember lag der Kurs der Airbnb-Aktie an der Nasdaq bei 139,25 USD, ein Abschlag von knapp 3,8 Prozent gegenüber dem Vortagsniveau. Doch entspricht noch immer einem Aufschlag von 132 Prozent auf den fairen Wert, den wir bei 60 USD sehen. Das führt zum einem Ein-Sterne-Rating. 

Narrow Moat Rating für Airbnb - Trend ist stabil

Unser Analyst Dan Wasiolek ist dabei durchaus positiv gestimmt, was die Qualität des Geschäftsmodells von Airbnb anbelangt. „Airbnb hat bereits wegen eines soliden Netzwerkeffekts einen Narrow Moat erreicht“, schrieb Wasiolek am Freitag in einer Ersteinschätzung. Er benannte die 5,7 Millionen aktiven Listings auf der Plattform von der Angebotsseite und die 247 Millionen Vermietungen im Jahr 2019 von der Nachfrageseite als Zeugnisse dieses Netzwerkeffekts. Der Moat Trend ist stabil.

Die Netzwerkvorteile sind ebenfalls nach unserer Einschätzung durch die weitere Expansion in die Schwellenländer gestützt, wo der asiatisch-pazifische Raum bereits 12 % des Umsatzes im Jahr 2019 ausgemacht hatte. Auch die Angebotstiefe deutet an, dass Airbnb über nachhaltige Wettbewerbsvorteile verfügt. 

Zusätzlich zum Netzwerkeffekts ist das Liquiditätsprofil von Airbnb solide. Zur Veranschaulichung: Das Unternehmen verfügte zum 30. September 2020 über 5,6 Mrd. USD an Pro-forma-Barmitteln und liquiden Vermögenswerten bei einem Schuldenstand von nur 1,8 Mrd. USD. Außerdem generierte das Unternehmen in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 einen freien Cashflow von 5 Mio. $. Daher denken wir, dass Airbnb über genügend Mittel verfügt, um in seine Plattform zu investieren. Das gilt jedoch nur für den Fall, dass es nicht zu einem längeren Stillstand des weltweiten Reiseverkehrs kommt. 

Wir haben die Abdeckung der Airbnb-Aktie mit einer Fair-Value-Schätzung von 60 USD gestartet. Wir modellieren dabei ein gesundes durchschnittliches Umsatzwachstum von 15 % in den Jahren 2020-29, wobei sich die operativen Margen von negativen 10 % im Jahr 2019 auf 25 % im Jahr 2029 deutlich erhöhen dürften. Unsere Bewertung implizieren eine Marktkapitalisierung von etwa 40 Mrd. USD. Da die Airbnb-Aktie - auch wegen des hohen Uncertainty Ratings - sehr deutlich über unserer intrinsischen Bewertung gehandelt wird, sollten Anleger diesen Reiseveranstalter derzeit meiden. 

Booking Holding: Breiteres Geschäftsmodell und günstigere Bewertung

Zum Vergleich: Der Konkurrent Booking Holdings handelt derzeit nur mit einem Aufschlag von zwölf Prozent auf seinen fairen Wert. Aktuell sind die Aktien mit einem Drei-Sterne-Rating versehen, was impliziert, dass die Aktie in etwa fair bewertet ist. 

Auch Booking verfügt über ein Narrow Moat Rating. Bei Booking stammt etwa 20% des Geschäfts (2019) aus dem Geschäftsfeld von Airbnb. Da das Segment der alternativen ein schnelleres Wachstum als der konsolidierte Durchschnitt von Booking bietet, halten wir es für angemessen, 25% der rund 85 Mrd. USD Marktkapitalisierung von Booking diesem Geschäft zuzuschreiben, was eine Marktkapitalisierung von 21 Mrd. USD impliziert. Dan Wasiolek ist der Meinung, dass das Geschäft mit alternativen Unterkünften von Airbnb einen Aufschlag gegenüber dem von Booking rechtfertigen sollte, wenn man bedenkt, dass Airbnb für 2019 alternative Buchungen in Höhe von 38 Mrd. USD gegenüber den 20 Mrd. USD von Booking hatte. 

Expedia: Effizientere Ausrichtung auf Kernmärkte bringt Vorteile

Mit einem Abschlag von sechs Prozent auf seinen fairen Wert notiert der Airbnb-Konkurrent Expedia. Wir hatten wegen der verschärften Sparmaßnahmen des Unternehmens unsere Fair Value Schätzung Anfang November von 127 USD auf 131 USD erhöht. Per 11. Dezember notierte das Unternehmen an der Nasdaq bei 123,02 USD, die Aktie verfügt über ein Drei-Sterne-Rating. Nach dem rund 30-prozentigen Kursplus im November ist die Aktie also längst kein Schnäppchen mehr.  

Auch Expedia verfügt über ein Narrow Moat Rating, der ebenfalls von einem Netzwerkeffekt gespeist wird. Dabei bleiben wir bei unserer positiven Einstellung zur Entscheidung des Konzerns, von einem eher ineffizienten Ansatz, in jede Marke in allen Regionen zu investieren, zu einer effizienten Investition in Kernmarken in aussichtsreichen Regionen überzugehen. Diese Umstellung sollte den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Expedia-Marken beseitigen, der zu ineffizientem Marketing und einer unzureichenden Nutzung der Datenanalysefähigkeiten geführt hat. Letztendlich erwarten wir, dass diese Änderungen dazu beitragen werden, qualitativ hochwertigen Traffic zu generieren und die Wettbewerbsposition von Expedia zu stärken. 

Moat Ratings: Die Größe schafft Vorteile gegenüber aufstrebenden Konkurrenten 

Wie bei allen drei Plattformen der Meinung, dass die Netzwerkvorteile die Narrow Moat Ratings unterstützen, nicht in Gefahr sind, sollte sich die Reisenachfrage erholen, sobald COVID-19 eingedämmt ist. Der Moat-Effekt könnte sich sogar noch verstärken, da kleinere Konkurrenten zunehmend Schwierigkeiten haben werden, das beträchtliche Personal- und Betriebskapital zu finanzieren, das erforderlich ist, um den weltweit tätigen Plattformen Konkurrenz zu machen. 

Anders würde es aussehen, wenn das Coronavirus nicht eingedämmt wird. Sollte die zweite Welle von COVID-19 Infektionen andauern bzw. das Virus noch längere Zeit wüten, könnte sich die von uns prognostizierte Erholung der Nachfrage verzögern. Ein weiteres Risiko für die Geschäftsmodelle der Reise-Plattformen wäre der Markteintritt von Google, Amazon, Alibaba und Facebook. Schlussendlich könnten sich Airbnb, Booking und Expedia gegenseitig das Leben schwer machen - beschleunigte Investitionen könnten das Wachstum der drei Plattformen einschränken.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich