Innovationen, die mit neuen Technologien alte Branchen revolutionieren, ja: sie teilweise hinwegfegen und zerstören, sind heute ein gängiger Topos bei Fonds-Investments. Die Digitalisierung ist in aller Munde. Sie verändert die Art zu Arbeiten, zu wirtschaften, zu konsumieren, zu leben. Die Veränderungen betreffen so gut wie alle Branchen und sind inzwischen für jederman sichtbar. Kein Wunder, dass Anleger auf die Träger dieser Veränderung setzen.
Tesla um jeden Preis kaufen?
Oft ist etwas hochgestochen die Rede von „disruptiven“ Unternehmen. Doch es sind tatsächlich viele neue Player auf dem Vormarsch, und Investoren trauen manchen von ihnen so viel zu, dass sie bereit sind, alle klassischen Bewertungs-Kennzahlen über Bord zu werfen. Die Folgen dieser Hype sind allgegenwärtig und lassen sich am deutlichsten im Bereich E-Mobilität festmachen. Tesla ist inzwischen fast 3,5 mal so viel Wert wie Daimler, BMW und VW zusammengenommen. Nur wenn alle optimistischen Prognosen aufgehen und Tesla den Automobilmarkt der Zukunft dominieren kann, erscheint die derzeitige Bewertung gerechtfertigt. (Die Aktie hält derzeit ein Morningstar Ein-Sterne Aktien-Rating, was auf eine deutliche Überbewertung hindeutet).
Die Fonds-Industrie reagiert auf die vielen technologischen Innovationen mit Themenfonds, die auf einzelne Bereiche der Digitalisierung abheben. Wir haben erst jüngst auf die Themen-ETF-Welle hingewiesen.
Ein Vermögensverwalter, der sich ausschließlich auf „disruptive Innovationen“ konzentriert, ist das US-Haus ARK Invest. Wohl kaum ein Asset Manager lässt sich so in Verbindung mit heißen Themen bringen. Das Haus investiere nur in solche Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen die Fähigkeit hätten, alte Industrien durch technologischen Wandel zu verändern. Diese Veränderungen zielten auf Vereinfachungen und die Absenkung von Zugangskosten ab, so die Eigendarstellung des 2014 von der ehemaligen Themenfonds-Leiterin bei Alliance Bernstein, Catherine Wood, gegründeten Hauses.
Mit einer konzentrierten Palette von nur sieben ETFs, die meisten davon aktiv verwaltet, sorgt ARK gerade in den USA für Furore. Im vergangenen Jahr legte der Flaggschiff-ETF ARK Innovation ETF um 152 Prozent zu. Der ARK Genomic Revolution ETF stieg sogar um 180 Prozent, und der ARK Next Generation Internet gewann um knapp 160 Prozent (alle Angaben in USD).
Tabelle: Sieben USA-ETFS und europäischer UCITS: Die ARK Fonds in der Übersicht
Kaum verwunderlich, dass Anleger bei diesen ETFs zugreifen, als gäbe es kein morgen mehr. Das verwaltete Vermögen des Unternehmens ist in den vergangenen Monaten exponentiell gestiegen. Wiesen die ETFs von ARK Invest Anfang 2020 ein Vermögen von nur fünf Milliarden Euro auf, so waren es per Ende September bereits gut 17 Milliarden Euro. Doch dann ging es erst richtig los. Dank immenser Zuflüsse und der oben beschriebenen Performance explodierte das verwaltete Vermögen ab dem vergangenen Herbst regelrecht. Am 22. Februar erreichte das Fondsvermögen bereits über 56 Milliarden Euro.
Grafik: Zuflüsse in ARK ETFs seit 2018
Kein Wunder, das etliche Anleger in Deutschland mit den Hufen scharren und versuchen, sich diese ETFs ins Portfolio zu legen. Doch das ist nicht trivial. Die ETFs von ARK Financial sind nicht in Deutschland zum Vertrieb zugelassen. Sie sind daher nur an sehr wenigen Vertriebsstellen erhältlich.
Die Berliner Börse, die sich auf den Handel mit US-Aktien spezialisiert hat, bietet etwa einen Zugang zu ARK ETFs über die Heimatbörse NYSE an (Skontroführer ist die MWB Fairtrade Wertpapierhandelsbank AG). Am 25. Februar wurden bis 16 Uhr ganze zehn Anteile des 21 Milliarden Euro schweren Flaggschiff-Produkts ARK Innovation gehandelt. Der angezeigte Spread belief sich auf relativ moderate 1,4 Prozent. Doch das bedeutet nicht, dass jeder Anleger über seine Hausbank die Berliner Börse anzapfen und sich ARK-Stücke ins Depot legen kann. Häuser wie die Comdirect und andere Direktbanken unterstützen etwa den Handel mit ARK-ETFs nicht, auch wenn auf den Homepages die Handelsplätze, an denen ARK ETFs notiert sind, anzeigen.
Reddit-Armee stößt auf deutsches Steuerrecht und UCITS-Vertriebsregeln
Gemäß den einschlägigen Diskussionen auf Foren wir Reddit soll der Handel mit ARK ETFs zumindest zeitweilig über ausgewählte Banken und Plattformen in den vergangenen Monaten möglich gewesen sein. Doch das ist oft mit nicht unerheblichen Zusatzkosten verbunden. Neben den Spreads an den deutschen Handelsplätzen, sind Handelsgebühren für Orders aus dem Ausland fällig. Die können sehr stark von Handelsplatz zu Handelsplatz variieren.
Zusätzlich kommt der erschwerte Zugang zu den ARK ETFs, was an der fehlenden Vertriebsbewilligung liegt. Die europäische Fondsregulierung setzt hohe Standards bei der Transparenz an. Die erfüllen US-Fonds, die nicht für den Vertrieb außerhalb der Vereinigten Staaten gedacht sind, naturgemäß nicht. Das wiederum ist ein Stolperstein für den Vertrieb, da kaum eine Bank bereit ist, Privatanleger-Produkte anzubieten, für die es beispielsweise keine Basis-Informationsblätter nach EU-Standard gibt – die sogenannten KID, Key Information Documents.
Doch die Sache hat auch einen steuerlichen Haken. Um in den Genuss der Teilfreistellung von der Abgeltungssteuer in Höhe von 30 Prozent für Aktienfonds zu kommen, müssen Fondsanbieter einen entsprechenden Eintrag in die Fondsdokumente vornehmen, die im Zuge des Genehmigungsverfahrens in Deutschland bei den Depotbanken hinterlegt werden. Ohne diese Freistellung können deutsche Depotbanken diese Fonds beim Steuerabzug nicht berücksichtigen. Diese Informationen liegen naturgemäß nicht für Fonds oder ETFs vor, wenn sie nicht in Deutschland zum Vertrieb zugelassen sind.
Auch wenn die alte Unterscheidung zwischen (steuerlich) weißen und schwarzen Fonds seit 2018 nicht länger besteht und damit ein Investment in nicht in Deutschland registrierte Fonds nicht länger mit prohibitiv teueren Steuerabzügen verbunden ist, so ist die Beschaffung ausländischer Fonds und ETFs, die hierzulande nicht zum Vertrieb zugelassen sind, immer noch mit steuerlichen Nachteilen verbunden – und auch eine ziemlich mühsame Angelegenheit.
Teurer Zugang zur ARK-Strategie über Nikko Asset Management
Anlegern, denen das alles zu kompliziert ist, können allerdings auch auf eine ARK Strategie im UCITS-Mantel zugreifen. Über Nikko Asset Management können Investoren die ARK Flaggschiff-Strategie ARK Innovation kaufen. Der Nikko ARK Disruptive Innovation ist ein offener Investmentfonds, der auch in Deutschland zum Vertrieb zugelassen ist.
Allerdings bezahlen Anleger für den Zugang zu dieser Strategie einen ziemlich hohen Preis. Die ARK-Strategie im Fondsmantel von Nikko Asset Management kostet pro Jahr 1,7 Prozent, während der ARK Innovation (wie die anderen ARK ETFs auch) nur auf jährliche Kosten von 0,75 Prozent kommt. Das klingt alles andere als disruptiv, sondern nach einem höchst konventionellen Vertriebsmodell, das auf Kickbacks basiert.
Anleger, die längerfristig ARK ETFs halten wollen, sollten also die hohen (wiederkehrenden) Gebühren des Nikko-Fonds mit den steuerlichen Nachteilen der US ARK-ETFs abwägen und die für sich beste Entscheidung treffen. Sofern sie überhaupt der Meinung sind, dass sie derart heißen Stories zum jetzigen Zeitpunkt nachlaufen sollten.
Ein Blick weiter unten auf das Portfolio des ARK Innovation zeigt, dass die Top-Holdings überwiegend sehr hoch bewertet und somit für Korrekturen inzwischen ziemlich anfällig sind. Die Top-Position ist Tesla mit knapp zehn Prozent (Narrow Moat Rating, 1 Stern im Morningstar Aktien-Rating), Roku Inc (6,7 Prozent Gewicht, No Moat, 1 Stern), Teladoc Health (5,2 Prozent, No Moat, 2 Sterne) und Square (4,6 Prozent, Narrow Moat, 1 Sterne).
Grafik: Die Top Holdings des USA-ETFs ARK Innovation
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