Die COVID-19-Pandemie darf nicht davon ablenken, dass wir die enormen ökologischen Herausforderungen angehen müssen, vor denen die Menschheit steht. Neben dem Klimawandel drohen der Verlust der Artenvielfalt, extreme Wetterbedingungen und Probleme im Zusammenhang mit Wasserknapheit.
Fragen der Landnutzung und der Artenvielfalt, insbesondere der Abholzung von Wäldern, sind in den letzten Jahren zunehmend in den Vordergrund gerückt - verschärft durch Berichte über großflächige und zerstörerische Waldbrände in Indonesien und Brasilien. Die Berichte verdeutlichen das Ausmaß der Entwaldung und die Auswirkungen des Verlusts der biologischen Vielfalt auf die globalen Ökosysteme und das globale Nahrungsmittelsystem, die die wachsende Weltbevölkerung betreffen. Daran soll der Earth Day am 22. April erinnern.
Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sind seit 1990 178 Millionen Hektar Wald verloren gegangen, was etwa der Größe Libyens entspricht. Die Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) stellte 2019 fest, dass sich das Artensterben alarmierend beschleunigt, was schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft, die Ernährungssicherheit und die Gesundheit haben wird.
Nach Erkenntnissen von Global Forest Watch stieg die primäre Regenwaldzerstörung im Jahr 2020 um 12 % im Vergleich zu 2019. Der Primärwaldverlust im Jahr 2020 war in Brasilien mit Abstand am größten. Der Primärwaldverlust in Brasilien nahm 2020 im Vergleich zu 2019 um 25% zu, wobei der Großteil des Primärwaldverlustes im Amazonasgebiet stattfand.
Grafik: Die Länder, die am stärksten von der Waldrodung betroffen sind
Außerdem kann die Entwaldung zu mehr Infektionskrankheiten beim Menschen führen, wie z. B. dem Nipah- und Lassa-Virus. Abholzung und Biodiversitätsverlust wurden auch mit der COVID-19-Pandemie in Verbindung gebracht, die das Leben von Menschen auf der ganzen Welt schwer beeinträchtigt.
Auch Unternehmen, Verbraucher, Investoren und Aufsichtsbehörden beschäftigen sich zunehmend mit Fragen der Landnutzung und Biodiversität sowie den damit verbundenen Auswirkungen und Risiken. Im Februar 2021 stellte Prof. Sir Partha Dasgupta in einem 600-seitigen Bericht im Auftrag des britischen Finanzministeriums fest, dass eine neue Art der Bilanzierung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erforderlich ist, die auch die Erschöpfung der Ressourcen einbezieht, um den Zusammenbruch der globalen Ökosysteme zu verhindern, von denen die Welt abhängt.
Unternehmen sind sich der Auswirkungen dieser Probleme auf ihr Geschäft bewusster geworden und nehmen ihre Lieferketten hinsichtlich Abholzung und Biodiversitätsverlust genauer unter die Lupe, zum Beispiel durch Satellitenüberwachung.
In der Zwischenzeit wachen die Verbraucher langsam auf und üben Druck auf Unternehmen und Regierungen aus, um zu handeln, indem sie zum Beispiel abholzungsfreie Produkte fordern.
Auch Investoren werden sich immer mehr der langfristigen Risiken bewusst, die damit verbunden sind, wie z. B. geringere landwirtschaftliche Erträge aufgrund ausgelaugter Böden, regulatorische Risiken, gestrandete Vermögenswerte, Unterbrechungen der Lieferkette und Reputationsverluste. Schließlich ist zu erwarten, dass die Regierungen in den kommenden Jahren Vorschriften vorlegen werden, die sich mit der Abholzung von Wäldern im Zusammenhang mit importierten Rohstoffen befassen werden.
Initiative der britischen Regierung zur Eindämmung illegaler Waldrodung
Das Vereinigte Königreich hat beispielsweise ein Gesetz vorgeschlagen, das Unternehmen dazu verpflichtet, nachzuweisen, dass ihre Produkte und Lieferketten frei von illegaler Abholzung sind, und es wird erwartet, dass die Europäische Union in Zukunft ähnliche Vorschriften ausarbeitet. Bei den Rohstoffen, die für den größten Teil der Waldverdrängung verantwortlich sind, stechen sieben landwirtschaftliche Rohstoffe hervor: Rinder, Ölpalmen, Soja, Kakao, Gummi, Kaffee und Holzfasern aus Plantagen. Zwischen 2001 und 2015 entfielen 41,5 Millionen Hektar der Entwaldung auf die Landnutzung für Rinderweiden, gefolgt von Ölpalmen (10,5 Millionen Hektar) und Soja (8,2 Millionen Hektar).
Das Ausmaß, in dem Unternehmen die Themen Entwaldung und biologische Vielfalt angehen, ist sehr unterschiedlich. Ein Unternehmen, das sich durch seine strengen Richtlinien und Programme zur Bekämpfung der Abholzung in seiner Lieferkette auszeichnet, ist der Schweizer Schokoladenhersteller Barry Callebaut. Das Unternehmen bezieht nicht weniger als ein Viertel der weltweiten Kakaoproduktion.
Mit seiner 2016 eingeführten Forever Chocolate-Strategie hat sich Barry Callebaut für das Jahr 2025 das Ziel gesetzt, 100 % nachhaltige Inhaltsstoffe für alle seine Produkte zu erreichen. Barry hat eine Politik zur Entwaldung im Jahr 2020 herausgegeben, in der es seine Verpflichtungen zum Umgang mit dem Thema aufzeigt, und eine Heatmap veröffentlicht, die einen Überblick über die mit Entwaldung verbundenen Inhaltsstoffe und deren Herkunft gibt.
Investoren können Unternehmen auch durch aktive Beteiligung beeinflussen. Durch die Bemühungen eines Sustainalytics Material Risk Engagements im Jahr 2020 verbesserte Sime Darby Plantations seinen ESG-Risiko-Rating-Score und rückte in die Top 40 % seiner Branche vor. Zusammen mit anderen Palmölproduzenten hat sich das Unternehmen dem Sustainable Palm Oil Manifesto verpflichtet, das höhere Standards für Anbauer, Händler, Endverbraucher und andere Stakeholder setzt, zusätzlich zu den Prinzipien und Kriterien des Roundtable for Sustainable Palm Oil.
Mit dem anhaltenden Wachstum von ESG-Investitionen ist zu erwarten, dass das Interesse und das Bewusstsein für die Themen Abholzung und Biodiversität unter den Investoren weiter zunehmen wird. Und das zu Recht, angesichts der Berichte über den Rückgang der Artenvielfalt und der Wälder auf der Erde und der Auswirkungen, die dies auf die Weltwirtschaft, das Nahrungsmittelsystem und das Klima haben wird. Aktionäre können eine Rolle bei der Stimulierung eines besseren Managements von Abholzungs- und Biodiversitätsproblemen spielen, indem sie sich beispielsweise engagieren und abstimmen oder indem sie sich von Unternehmen trennen, die für die Zerstörung von Wäldern und Biodiversität verantwortlich sind.
Während einige Investoren die Bedeutung bereits erkannt haben, müssen viele noch ihre Strategien anpassen, um die mit Abholzung und Biodiversität verbundenen Risiken zu adressieren. Wie die Unternehmen, die diesen Problemen ausgesetzt sind, entweder durch ihre Geschäftstätigkeit oder ihre Lieferketten, müssen sich auch die Investoren dieser Überlegungen bewusst sein und sich entsprechend anpassen.
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