In den letzten Wochen hatten wir insbesondere so genannte moatworthy Aktien im Blick, Unternehmen also, die durch einen breiten wirtschaftlichen Wallgraben um sich herum geschützt sind. Wir haben uns die weltweit stärksten Aktien angeschaut: die Firmen, von denen wir glauben, dass sie einen wide moat-Status anstreben, und die Fonds, die bis zum Rand mit ihnen gefüllt sind.
Heute drehen wir das Narrativ um: Welche Unternehmen riskieren, ihr moat-Rating zu verlieren? Die folgenden europäischen Aktien verfügen zwar über ein schmales moat-Rating, befinden sich aber wegen der Coronakrise, der fortschreitenden Digitalisierung und dem Wechsel hin zu nachhaltigen Investments in einem negativen Trend.
Vereinigtes Königreich
Aktuell sind drei Akten aus Großbritannien hinsichtlich ihres moat in einem Abwärtstrend. Eine davon ist Rolls Royce (RR.), der berühmte Triebwerkshersteller, der für die zivile Luftfahrt, für Stromversorger und das Militär arbeitet. Das Unternehmen hatte wegen seiner Motoren mit disruptiven Problemen zu kämpfen, die in der Coronakrise weiter zunahmen, weil die Pandemie auch die kommerzielle Luftfahrt hart traf. Daraufhin geriet Rolls Royce in Liquiditätsprobleme und kündigte eine Kapitalerhöhung in Form einer 2 Milliarden US-Dollar schweren Bezugsrechtsemission an, weil das Unternehmen keine anderen Finanzierungsoptionen an den Kreditmärkten mehr hatte. Seine Aktie fiel letztes Jahr um 52,55%, konnte aber dieses Jahr 14,10% zulegen.
Die Fondsgesellschaft Schroders (SDR) wiederum kämpft mit einem empfindlichen Rückgang ihrer Marge bei den Managementgebühren. Um die Entwicklung zu stoppen, will sich das Unternehmen auf Anlageklassen mit höheren Margen konzentrieren, seine Kundenbeziehungen verbessern und verstärkt in Technologie investieren, um in einer digitalen Welt wettbewerbsfähig zu sein. Schroders‘ wichtigste Quelle für moat sind die Wechselkosten von Anlegern. Aus diesem Grund hat die Gesellschaft eine Strategie entwickelt, um ihre Präsenz in Kategorien zu erhöhen, in denen sie Kunden länger binden kann. Aktuell liegt die Rendite in diesem Jahr bei 14,29%.
Und das Healthcare-Unternehmen Smith & Nephew (SN.) schließlich arbeitet in einem Markt, der sich zunehmend konsolidiert. Der Medizintechnikkonzern entwickelt, produziert und vermarktet orthopädische Geräte, Technologien für Sportmedizin und HNO sowie Anwendungen für die Wundpflege. In diesem Jahr ist die Aktie bisher 10,46% gefallen und hat in den letzten drei Jahren gerade einmal 0,64% Wachstum gegenüber dem Vorjahr erzielt. Die Analysten von Morningstar sind jedoch überzeugt, dass das Unternehmen seine Wettbewerbsposition in Schlüsselmärkten wird halten können.
Deutschland
In Deutschland ist der moat-Status von zwei Aktien gefährdet, eine davon ist BMW (BMW): Der Autohersteller kämpft mit Chipmangel, Corona und der steigenden Nachfrage nach elektrischen Autos. Weil seine immateriellen Vermögenswerte einschließlich Marke und geistigem Eigentum stark sind, entwickelt sich BMW jedoch besser als der allgemeine Automobilmarkt und ist einer der wenigen Hersteller, die überhaupt ein moat-Rating haben. In den letzten drei Jahren wuchs das Unternehmen um 1,33% jährlich, in diesem Jahr waren es bisher 15,26%.
Die zweite Aktie ist SAP (SAP). Das Unternehmen entwickelt Datenbank-Technologien und eine Enterprise Ressource Planning (ERP)-Software für Kunden rund um den Globus. Aktuell fährt der Anbieter den Support für seine ERP-Software vor Ort schrittweise herunter mit dem Ziel, allen Kunden bis 2030 eine Cloud-Lösung zu bieten. Eine erzwungene Migration bietet jedoch Kunden die Gelegenheit, über ihren ERP-Bedarf nachzudenken, und könnte sie in die Arme von Wettbewerbern wie Workday treiben. Mit einem Wachstum von 15,84% lief das Jahr 2021 bisher gut für SAP, die annualisierte Rendite der letzten drei Jahre beträgt 6,93%.
Spanien
Amadeus IT Group (AMS) ist einer der drei weltweit größten Technologie-Anbieter für die Reisebranche mit einem Marktanteil von mehr als 40% bei Global Distribution System (GDS)-Buchungen. Das sind Transaktionen zwischen Reiseanbietern, hauptsächlich Fluggesellschaften, Hotels, Autovermietungen und Reisebüros, die in einem globalen, computergestützten Netzwerk durchgeführt werden. Weil AMS für die Tourismusbranche arbeitet, leidet das Unternehmen unter der aktuell schwächeren Nachfrage. Morningstar erwartet aber, dass es seine führende Position im GDS-Geschäft in den nächsten Jahren ausbauen wird. Treiber werden insbesondere seine Technologie und sein führendes Netzwerk mit Fluggesellschaften und Reisebüros sein. Noch ist die AMS-Aktie nicht wieder zurück auf Vorkrisenniveau, sondern in diesem Jahr bisher 6,45% gefallen.
Dänemark
GN Store Nord (GN) aus Dänemark wurde von der Pandemie ebenfalls hart getroffen. Die Gruppe besteht aus zwei Geschäftsbereichen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben: Hörgeräte und Audio-Produkte. Auch wenn Hörhilfen und Audio-Lösungen für Konsumenten und Profis offensichtlich wenig Synergieeffekte haben, glauben wir, dass die Kombination für GN Group Chancen bei nicht-medizinischen Kopfhörern bieten wird. Kurzfristig jedoch sind die Besuche bei Hörgeräte-Akustikern noch nicht wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie und die Aktie verlor dieses Jahr bisher 0,58%. Die annualisierte Rendite der letzten drei Jahre beträgt 15,04%.
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