Europäische Versorger gut gegen steigende Inflation positioniert

Die Aktien von Centrica, RWE, Veolia und Engie sind unterbewertet und daher die Favoriten von Morningstar-Aktienanalyst Tancrede Fulop.

Antje Schiffler 24.05.2022
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VersorgerVor dem Hintergrund der europäischen Energiekrise, unterbrochener Lieferketten und dem Krieg in der Ukraine kletterte die Inflation in der Euzone im April 2022 auf 7,5%. Die Aktien europäischer Versorger konnten sich seit dem Jahr 2000 in Zeiten hoher Inflation allerdings immer gut schlagen. Auch jetzt zeigt sich der Sektor stabil und übertrifft den schwachen Gesamtmarkt um 7%. Wir halten dies für fundamental gerechtfertigt, wobei Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette unterschiedlich stark von der Inflation betroffen sind.

Europäische Versorger haben sich in Zeiten hoher Inflation gut geschlagen

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Quelle: Morningstar

Von den 16 europäischen Versorgern, die Morningstar abdeckt, sind nur drei negativ der Inflation ausgesetzt. Das zeigt der neue Morningstar-Bericht "European Utilities Well Positioned Against Rising Inflation" von Tancrede Fulop. "Die Aktien von Centrica, RWE, Veolia und Engie sind unterbewertet und daher unsere Favoriten im aktuellen inflationären Umfeld", so das Fazit.

Da der Strompreisanstieg von den Gas- und CO2-Preisen vorgegeben wurde, sind jene Unternehmen am besten positioniert, die über große CO2-neutrale Stromerzeugungs-Anlagen verfügen, d. h. hauptsächlich Wasser- und Kernkraftwerke sowie unregulierte Solar- und Windkraftanlagen.

Steigende Zinsen für europäische Versorger verkraftbar

Steigende Zinssätze sind für europäische Versorger beherrschbar, heißt es weiter. "Insgesamt erwarten wir nicht, dass steigende Zinssätze Investitionen oder Dividenden beeinträchtigen werden", betont Fulop.

Der stetige Rückgang der Zinsen seit dem Ende der europäischen Schuldenkrise im Jahr 2013 war ein wichtiger Treiber des Ertragswachstums europäischer Versorger und ermöglichte Investitionen. Da die Zentralbanken nun eine restriktivere Geldpolitik verfolgen, um die Inflation einzudämmen, steigen die Renditen von Staatsanleihen weltweit und auch in Europa seit Ende 2021 wieder an. Dies führt zu steigenden Finanzierungskosten für Unternehmen – einschließlich Versorgern.

Angesichts dieses Zins-Wendepunkts haben die Morningstar-Analysten Unternehmen nach ihrem Risiko in Bezug auf steigende Zinssätze eingestuft. Die DAX-Konzerne E.ON und RWE befinden sich dabei im Mittelfeld bzw. ganz vorne mit dabei mit einer minimalen Zins-Sensivität (RWE). 

 

RWE

RWE profitiert von steigenden Großhandelspreisen am Strommarkt, da ein großer Anteil seiner Erzeugung aus erneuerbaren Energien nicht preisgebunden ist. Ein Anstieg der langfristigen Strompreise um 10 EUR/MWh würde unsere Fair-Value-Schätzung um 2,5 Euro pro Aktie oder 6% erhöhen. Zudem wären steigende Zinsen gut für das Unternehmen, da die Nettoverschuldung vollständig aus Pensions- und Nuklearrückstellungen besteht.

 

Veolia

Siebzig Prozent der Wasser- und Abfallverträge von Veolia sind an die Inflation gekoppelt. Das Unternehmen gibt zudem an, die Preise für die übrigen Verträge mindestens einmal pro Jahr anpassen zu können. Das Unternehmen profitiert vom Preisanstieg bei recycelten Materialien. Wir schätzen, dass z.B. ein Anstieg des Preises für Pappe um 10 Euro das EBITDA des Konzerns um 10 Mio. EUR nach oben katapultieren würde.

Und zudem ist Veolia dank seiner Verbrennungsanlagen in Großbritannien ein Netto-Stromerzeuger mit einer Kapazität von 1,5 TWh. Die Chancen durch die hohen Teuerungsraten sowie die Integration von Suez werden nach unseren Schätzungen zu einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate des Gewinns pro Aktie von 14,6% führen (bis 2026).

 

Engie

Wie die deutliche Anhebung der Prognose für 2022 am 17. Mai gezeigt hat, profitiert Engie dank seiner Wasserkraftwerke und der Solar- und Windkraftanlagen von den hohen Strompreisen. Die Netze in Frankreich und Lateinamerika sind zudem an die Inflation gekoppelt. Zwar belastet die Kappung der Gaspreise in Frankreich das Betriebskapital, doch dies fällt nicht allzu stark ins Gewicht.

Die Inflation könnte die Renditen einiger Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien beeinträchtigen, doch wir erwarten keine wesentlichen langfristigen Auswirkungen auf das Wachstumspotential.


Centrica

Centrica ist der einzige europäische Energieversorger mit einem nennenswerten Öl- und Gasfördergeschäft. Infolgedessen werden die explodierenden Öl- und Gaspreise die Gewinne kurzfristig ankurbeln. Die Gruppe weist dank ihrer 20-prozentigen Beteiligung an EDF’s britischen Kernkraftwerken die zweitgrößte Sensitivität gegenüber steigenden Strompreisen auf. Ebenfalls positiv für Centrica: die jüngste Insolvenzwelle kleinerer Unternehmen im britischen Energieeinzelhandel hat die Lage für den Marktführer Centrica dramatisch verbessert.

 

Weniger euphorisch ist Fulop indes hinsichtlich des anderen DAX-Wertes E.ON eingestellt. 25% Prozent des EBITDA von E.ON stammen aus der Energieversorgung. Das ist der höchste Wert unter den abgedeckten Unternehmen, da die 40% von EDF die Stromerzeugung einschließen. Dieser hohe Anteil ist in einem Umfeld mit hoher Inflation nicht vorteilhaft. Dementsprechend wies der Konzern auch bereits darauf hin, dass die hohen Energiepreise die Margen im Jahr 2022 belasten werden. Zumindest sind die regulatorischen Risiken wegen eines hohen Anteils des Geschäfts in Deutschland nicht übermäßig hoch. 

 

Versorger mit Upstream-Geschäftsmodellen oder Netzbetrieb sind gut aufgestellt

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Quelle: Morningstar (Daten vom 17.5.2022) 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Im Artikel erwähnte Wertpapiere

BezeichnungKursVeränderung (%)Morningstar Rating
E.ON SE12,04 EUR3,57Rating
RWE AG Class A31,01 EUR0,78Rating

Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.