5 Grafiken zur aktuellen Marktlage Juni 2022

In Deutschland mehren sich die Sorgen um einen Totalausfall russischer Gaslieferungen. Dies hätte prekäre Folgen für die deutsche Industrie. 

Antje Schiffler 04.07.2022
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Gas  Die Gemengelage aus Inflation, steigenden Zinsen und Rezessionsängsten trübt die Stimmung an den Märkten merklich, Unternehmensgewinne könnten schmelzen. Die befürchtete weitere Drosselung russischer Gaslieferungen könnte die deutsche Wirtschaft hart treffen und nährt die Ängste vor dem wirtschaftlichen Abschwung. Der Aktienmarkt reagiert mit Abschlägen. Der DAX hat im vergangenen Quartal über 10 % an Wert verloren. 

"Wenn die Gassperre in den kommenden Wochen nicht behoben wird, befürchten wir, dass dies zu einer Ausweitung der Unterbrechung der Energieversorgung mit erheblichen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und natürlich einer viel höheren Inflation führen wird", so Deutsche Bank Research. 

Abgesehen von den Sorgen der Märkte über das langsamere globale Wachstum sei das, was sich nun in Europa abspielt, ein neuer großer negativer Angebotsschock. "Dies wird die Arbeit der EZB eindeutig erschweren und ihre Reaktionsfunktion ambivalent machen. Für den EUR/USD-Wechselkurs würde dies jedoch einen klaren Abwärtssog bedeuten. Nicht nur würde die Rechnung für Energieimporte aufgrund noch höherer Preise steigen, sondern es würde auch das Risiko einer drohenden deutschen Rezession aufgrund von Energierationierungen steigen", so die Deutsche Bank. 

 

 

Warnung vor Totalausfall russischer Gasmengen

Die Bundesnetzagentur warnte Ende vergangener Woche vor einem Totalausfall der russischen Gaslieferungen nach Deutschland. "Die Lage ist angespannt und eine Verschlechterung der Situation kann nicht ausgeschlossen werden", heißt es aus Bonn.

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am 23. Juni wegen der gedrosselten russischen Lieferungen die zweite Krisenstufe im Notfallplan Gas, die sogenannte Alarmstufe, ausgerufen. Unternehmen und private Verbraucher müssen sich auf deutlich steigende Gaspreise einstellen. 

Die Gasflüsse aus Russland durch die Nord Stream 1 liegen derzeit bei etwa 40% der Kapazität. Sollten die Gaslieferungen über die Pipeline weiterhin auf diesem niedrigen Niveau verharren, sei der von der Regierung avisierte Speicherstand von 90% bis November kaum mehr ohne zusätzliche Maßnahmen erreichbar.

Die Commerzbank etwa geht davon aus, dass die Speicher im November bestenfalls zu 80% gefüllt sein werden und nicht wie geplant zu 90%. Dies würde den Verbrauch für maximal zwei Wintermonate decken.

Doch nicht nur dem deutschen Markt macht dies zu schaffen. Von der Reduktion sind auch andere europäische Länder wie zum Beispiel Frankreich, Österreich und Tschechien betroffen, wohin die Gasmengen aus Greifswald weitergeleitet werden.

Am 11. Juli steht nun die jährliche Wartung der Pipeline an - geplant sind 10 Tage, wie schon im Vorjahr. Marktteilnehmer fürchten allerdings, dass Russland diese temporäre Stilllegung in diesem Jahr zum Anlass für dauerhafte weitere Reduktionen nehmen könnte. 

Gazprom nennt als Grund für die niedrigeren Liefermengen, dass nach Reparaturarbeiten am Startpunkt der Pipeline mehrere Kompressoren des Siemens-Konzerns nicht zurück geliefert wurden. Inwieweit dies plausibel ist, ist umstritten. Siemens hatte allerdings bestätigt, dass Gasturbinen, die zur Wartung nach Kanada geliefert wurden, wegen der kanadischen Sanktionen gegen Russland nicht zurückgeschickt werden konnten.

 

 

 

 

 

Deutsche Industrie bereitet sich auf Ausfälle vor

Noch ist die Gasversorgung in Deutschland aber gesichert. Die BASF (BAS) trifft für ihren Standort Ludwigshafen allerdings Vorkehrungen. "Sollte es zu weiter reduzierten Erdgasmengen oder sogar zu einem kompletten Ausfall von Erdgas aus Russland kommen, könnte es auch zu Kürzungen von Erdgasmengen für BASF in Ludwigshafen kommen. In einem solchen Fall würde die Bundesregierung den Notfallplan Gas in Kraft setzen, und es würde am Standort Ludwigshafen der Sonderalarmplan Erdgas greifen, in dem detailliert vorgedacht ist, wie wir auf Erdgaskürzungen oder Druckschwankungen reagieren würden", teilt das Unternehmen per Email mit und fährt fort:

"Vereinfacht kann man sagen: Sinkt die Versorgung nicht unter etwa 50 Prozent unseres maximalen Erdgasbedarfs, könnten wir den Verbund mit reduzierter Last weiterbetreiben. Die konkrete Lastreduktion einzelner Anlagen ergibt sich aus der konkret zur Verfügung stehenden Menge Erdgas, aus der Versorgung mit dem Ersatzbrennstoff Öl und vielen weiteren Einflussgrößen."

 

Uniper bittet um staatliche Hilfen

Uniper (UN01) gerät als größter deutscher Gasimporteuer in Bedrägnis. Die Aktie des MDax-Konzerns knickete zeitweise um über 23% ein. Der Energieversorger spricht mit der Bundesregierung über staatliche Hilfen. Im Spiel sind laut Tagesschau staatliche Kreditgarantien aber auch eine mögliche Staatsbeteiligung am Unternehmen. Es gebe "eine Reihe von Instrumenten", die zur Stützung des Konzerns infrage kämen.

 

 

 

Energiepreise treiben Inflation

Auch die Verbraucher bekommen dies zu spüren. Die seit Beginn des Ukraine-Krieges stark gestiegenen Energiekosten sind Haupttreiber der hohen Inflationsrate. So stiegen die Energiepreise im Juni 2022 um 38 % gegenüber dem Vorjahresmonat und damit in einem ähnlichen Ausmaß wie in den Vormonaten, berichtet das Statistische Bundesamt. Auch die Preise für Nahrungsmittel stiegen mit +12,7 % überdurchschnittlich stark an. 

 

 

 

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.