Nachdem Aktien von Automobilherstellern in den letzten zehn Jahren unterbewertet wurden, sind sie jetzt noch attraktiver. Hat der Markt die Branche zu sehr abgestraft?
Der Morningstar Global Auto Manufacturers Index fiel in diesem Jahr um 19%, und obwohl die Aktien im Großen und Ganzen bereits unterbewertet waren, taxieren die jüngsten Kurse Au-tomobilhersteller mit einem durchschnittlichen Abschlag von 37% auf ihren geschätzten fairen Wert. Das ist sogar noch billiger als der durchschnittliche Abschlag von 20% der letzten zehn Jahren. Darunter sind Namen wie Nissan (NSANY), BMW (BMWYY) und General Motors (GM).
Der Preisdruck wird größtenteils angefacht durch die Angst vor Inflation, einer möglichen Rezession, steigenden Zinsen und dem Mangel an Chips, so Morningstar-Stratege David Whiston in einem aktuellen Bericht.
Die gute Nachricht. „Trotz alledem sehen wir heute noch immer einen Nachholbedarf von Millionen von Autos", so Whiston.
Autoaktien könnten aufgrund des Nachholbedarfs zulegen
"Die Zahl der in diesem Jahr gefahrenen Kilometer lag in einigen Monaten über dem Niveau von vor der Pandemie, die Arbeitslosigkeit sieht gut aus und Kredite sind in angemessenem Umfang verfügbar, so dass wir keinen Grund sehen, warum die Autonachfrage in den nächsten Jahren einbrechen sollte", sagt Whiston mit Blick auf den US-Markt. Selbst wenn die USA in eine Rezession schlittern sollten, glaubt er, dass die Verkäufe steigen, wenn die Unternehmen die Möglichkeit haben, neue Autos zu bauen.
Von den 12 in den USA börsennotierten Automobilherstellern, die von Morningstar-Analysten beobachtet werden, sind neun unterbewertet. Die anderen drei, Tesla (TSLA), Li Auto (LI) und Toyota (TM), werden in einer Spanne gehandelt, der als fair bewertet gilt. Von den unterbewerteten Aktien haben fünf ein Morningstar-Rating von 5-Sternen.
5 Unterbewertete Aktien von Autoherstellern:
1. Nissan Motor (NSANY)
2. Stellantis (STLA)
4. BMW (BMWYY)
5. General Motors (GM)
Die höchste Inflationsrate seit Jahrzehnten zwingt die Verbraucher zu Sparmaßnahmen und zur Einschränkung ihrer Ausgaben. Steigende Zinssätze treiben zudem die Kreditkosten für diejenigen in die Höhe, die den Kauf eines neuen Fahrzeugs finanzieren müssen, was den Absatz weiter einschränkt. Außerdem hat die Sorge um eine mögliche Rezession die Erwartungen für diese zyklische Industrie gedämpft, weil Anleger davon ausgehen, dass ein Abschwung die Nachfrage beeinträchtigt.
Chip-Knappheit hemmt Autoaktien
Was die Hersteller jedoch daran hindert, die Nachfrage zu befriedigen und ihre Kapazitäten voll auszulasten, ist der anhaltende Mangel an Chips.
"Nach wie vor ist der Mangel an Lagerbeständen das Hauptproblem, das den Autoabsatz an einer vollständigen Erholung von der Pandemie hindert", sagt Whiston. "Niemand aus den Managementteams jener Autohersteller, die wir analysieren, sagt, dass der Chipmangel in diesem Jahr endet, aber es herrscht Übereinstimmung, dass es in der zweiten Jahreshälfte eine deutliche Verbesserung gibt."
Selbst im Falle einer Rezession rechnet Whiston noch mit einem Anstieg der Autoverkäufe. Denn auch wenn der Pro-Kopf-Absatz der US-Gesamtbevölkerung auf das Niveau der Rezessionen von 1980 und 1991 zurückginge, würde die Branche zwischen 16,2 und 16,4 Millionen Fahrzeuge verkaufen.
"Wenn man bedenkt, wie niedrig das Verkaufsvolumen war, wäre unserer Ansicht nach jeder CEO eines Autoherstellers, Autozulieferers oder Händlers begeistert, wenn 16,4 Millionen Fahrzeuge verkauft werden könnten", sagt Whiston. "Diese Zahlen bringen uns dazu, etwas zu sagen, was wir wahrscheinlich zu keinem anderen Zeitpunkt sagen würden: Eine Rezession in Kombination mit einem überstandenen oder fast überstandenen Chipmangel könnte bedeuten, dass die Autoverkäufe in einer Rezession steigen." Dies sind die Autoaktien mit dem aktuell besten Value:
Nissan Motor
- NSANY
- Morningstar Economic Moat Rating: Keines
- Fair Value-Schätzung: $22
- Abschlag: 65%
"Wir sind der Meinung, dass das derzeitige ungünstige operative Umfeld die Fortschritte beim Turnaround des Unternehmens überdeckt. Für Gegenwind sorgen der Krieg in der Ukraine, der Chip-Mangel, die COVID 19-Lockdowns in China, höhere Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik sowie andere inflationäre Faktoren. Dennoch gehen wir davon aus, dass Nissan aus dem Turnaround als schlankeres Unternehmen hervorgeht, das enger mit seinem Partner Renault zusammenarbeitet.“
"Langfristig orientierten Anleger, die Geduld für einen Turnaround aufbringen, bietet die Aktie unserer Meinung überzeugenden Value.
- Richard Hilgert, leitender Aktienanalyst
Stellantis
- STLA
- Morningstar Economic Moat Rating: Keines
- Fair Value-Schätzung: $36
- Abschlag: 62%
"Falls die jüngste Geschichte irgendeine Aussagekraft hat, dann hat die kombinierte Peugeot-Gruppe und Fiat Chrysler unter der Führung von Carlos Tavares das Potenzial, das Synergieziel des Managements von 80% in vier Jahren deutlich früher zu erreichen.“
"Trotz der Ukraine-Krise, einer sich abschwächenden US-Konjunktur und der anhaltenden Auswirkungen der Chip-Krise hielt das Management an der Prognose für 2022 fest. Das Unternehmen prognostiziert eine zweistellige AOI-Marge und einen positiven freien Cashflow. Aufgrund der besser als erwarteten Preisgestaltung und der Maßnahmen zur Kostensenkung im ersten Halbjahr haben wir unsere Schätzungen für die AOI-Marge 2022 und 2023 von 10% auf 13% bzw. von 9,5% auf 11,5% angehoben."
- Richard Hilgert, leitender Aktienanalyst
Volkswagen
- VWAPY / VWAGY
- Morningstar Economic Moat Rating: Keines
- Fair Value-Schätzung: $36
- Abschlag: VWAPY 60%, VWAGY 48%
"Der modulare E-Antriebs-Baukasten (MEB) von Volkswagen unterstreicht die aktuelle Offensive des Unternehmens bei batterieelektrischen Fahrzeugen oder Battery Electric Vehicles (BEV). Bis Ende 2022 rechnet das Unternehmen mit 27 BEV-Modellen, die auf seinem MEB basieren. 2023 wird Volkswagen seine einheitliche Strategie für Batteriezellen einführen, die bis zum Jahr 2030 insgesamt 80% des Absatzvolumens ausmachen und im Einstiegssegment eine Senkung der Kosten für Batteriezellen um 50%, im Volumensegment um 30% erreichen soll. 2025 rechnet Volkswagen mit einem BEV-Anteil von 20% am weltweiten Absatz."
"Wir finden es gut, dass Volkswagen seine einheitliche Fertigungsstrategie weiterverfolgt. Wir glauben, dass diese Strategie die Skaleneffekte erhöhen und die Kosten weiter senken wird. Allerdings stellt die Strategie der einheitlichen MEB-Architektur ein Risiko dar für den Fall, dass die Nachfrage der Verbraucher nach BEVs nicht eintritt. Volkswagen strebt für 2025 eine bereinigte EBIT-Marge von 7% bis 8% an, die über dem historischen 15-Jahres-Median von 6% liegt."
- Richard Hilgert, leitender Aktienanalyst
BMW
- BMWYY
- Morningstar Economic Moat Rating: Niedrig
- Fair Value-Schätzung: $51
- Abschlag: 52%
„Trotz der weltweiten wirtschaftlichen Unsicherheiten aufgrund des Coronavirus übertrifft BMW weiterhin den gesamten Automobilmarkt und ist einer der wenigen Automobilhersteller, denen wir einen Economic Moat, also einen strategischen Wettbewerbsvorteil zuweisen. Weil die Verbraucher in Schwellenländern wohlhabender werden, werden viele von ihnen zum ersten Mal Luxusartikel kaufen. In Anbetracht des anspruchsvollen Charakters der Marken des Unternehmens – BMW (Autos und Motorräder), Mini und Rolls-Royce – sowie des Wachstumspotenzials durch den zunehmenden Wohlstand in den Schwellenländern, glauben wir, dass das Unternehmen Investoren weiterhin mit soliden Renditen belohnen wird."
- Richard Hilgert, leitender Aktienanalyst
General Motors
- GM
- Morningstar Economic Moat Rating: Keines
- Fair Value-Schätzung: $70
- Abschlag: 44%
"Wir sind der Meinung, dass das Ertragspotenzial von GM hervorragend ist, weil das Unternehmen über eine gesunde nordamerikanische Einheit und mit GM Financial über eine nahezu ausgereifte Finanzsparte verfügt. Durch die Auslagerung der Krankenversicherung für Rentner in einen separaten Fonds und die Schließung von Werken wurde der Breakeven von GM North America für den Absatz in der US-Industrie drastisch gesenkt – auf etwa 10 bis 11 Millionen Fahrzeuge, was geschätzt einem Anteil von 18% bis 19% entspricht. Wir gehen davon aus, dass GM seine Produktion in den nächsten Jahren auf globalere Plattformen und schließlich auf Fahrzeugsets verlagern wird, um so noch mehr Flexibilität und Skalierung zu erreichen.
- David Whiston, Branchenstratege
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