Fondsnamen: Nur wo nachhaltig drin ist soll nachhaltig draufstehen

Die ESMA will bei Fondsnamen mit Nachhaltigkeitsbezug klare Regeln schaffen und startet ein Konsultationsverfahren. Angesichts des zunehmenden Drucks der EU stufen Fondsgesellschaften ihre Vehikel zunehmend zurück. Morningstars Nachhaltigkeitsexpertin Hortense Bioy erwartet eine Welle von Herabstufungen von Artikel 9-Fonds auf Artikel 8.   

Antje Schiffler 29.11.2022
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nachhaltige fondsDie Namen von Fonds sind ein starkes Marketinginstrument und Anleger sollten nicht in die Irre geführt werden, betont die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Daher sollten Fonds, die ESG- und nachhaltigkeitsbezogene Begriffe im Namen tragen, auch Nachhaltigkeitsmerkmale oder -ziele nachweisen können, die "sich fair und konsistent in den Anlagezielen und der Anlagepolitik des Fonds widerspiegeln".

In erster Linie geht es der Behörde in dem Konsultationsverfahren darum, einen quantitativen Schwellenwert für einen Mindestanteil an nachhaltigen Investments im Portfolio zu eruieren. 

Die Behörde macht schon länger Druck in Sachen Greenwashing - ein zentrales Thema in ihrer Sustainable Finance Roadmap 2022 - 2024. „Mit dieser Konsultation priorisiert die ESMA weiterhin die Förderung von Transparenz und die Bekämpfung des Greenwashing-Risikos, wie in der ESMA-Strategie und der Roadmap für nachhaltige Finanzen identifiziert", betont die ESMA-Vorsitzende Verena Ross. 

Ziel der Initiative ist, Anleger vor unbegründeten oder übertriebenen Nachhaltigkeitsansprüchen zu schützen, und gleichzeitig sowohl den nationalen Aufsichtsbehörden als auch den Vermögensverwaltern klare und messbare Kriterien zur Bewertung von Fondsnamen an die Hand zu geben.

Trend zu Herabstufungen von Artikel 9 auf 8

Fondsgesellschaften reagieren auf den zunehmenden behördlichen Druck schon länger mit Herabstufungen. Was ist damit gemeint?

Hintergrund ist die so genannten EU Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR). Seit März 2021 dürfen Asset Manager Fonds nur dann nach Artikel 8 der SFDR klassifizieren, wenn sie ESG-Kriterien berücksichtigen. Strengere Vorgaben gelten für Artikel 9-Fonds (auch dunkelgrüne Fonds genannt). Diese müssen ein konkretes Nachhaltigkeitsziel verfolgen. Die genauen Kriterien und Definitionen fehlen jedoch noch. Lesen Sie hier mehr über Greenwashing-Vorwürfe und die Reaktionen der Branche hierauf. 

Im dritten Quartal zählte Hortense Bioy, Global Director of Sustainability Research, 41 Umklassifizierungen von Artikel 9 auf Artikel 8. Sie erwartete eine Fortsetzung des Trends. Viele, wenn nicht alle  ‚klimabewussten‘ und ‚kohlenstoffarmen‘ Fonds könnten von Artikel 9 zu Artikel 8 wechseln, so Bioy.

Hier ist eine Liste der jeweils zehn größten Fonds mit Umklassifizierung zu Artikel 8 im 2. Quartal 2022 und 3. Quartal 2022: 

Herabstufungen Q2

Q2

Herabstufungen Q3 2022

 Q3

Deka Investment hat im vergangenen Quartal insgesamt sieben Klima-ETFs herabgestuft, von denen zwei in der obigen Tabelle aufgeführt sind. Die ETFs folgen Benchmarks, die zwar die CO2-Intensivtät des Portfolios im Sinne der EU Climate Transition Benchmark (CTB) tracken, aber nicht unbedingt der Nachhaltigkeitsdefinition der SFDR folgen. Eine erneute  Heraufstufung sei möglich, sofern von Seiten der Regulierer das Okay kommt, dass CTB als Grundlage für Artikel 9-Fonds dienen können, teilte das Unternehmen mit. 

Neuberger Berman änderte den Status von vier Artikel 9-Fonds auf Artikel 8. AXA IM hat indes in den letzten Monaten 21 Strategien von Artikel 9 auf Artikel 8 herabgestuft und kündigte bereits an, 24 weitere herunterzustufen, heißt es in Morningstars "SFDR Article 8 and Article 9 Funds: Q3 2022 in Review".

Robeco hatte zudem Ende September die Herabstufung von sieben Artikel 9-Strategien angekündigt. Auch die DWS plant Medienberichten zufolge weitere Herabstufungen. 

Amundi hat eigenen Angaben zufolge fast alle seine Artikel 9-Fonds in Artikel 8 herabgestuft. Ende September belief sich das Vermögen dieser rund 100 Fonds auf rund 45 Mrd. Euro. Ungefähr die Hälfte der Vehikel ist aktiv verwaltet, bei der anderen Hälfte handelt es sich um ETFs.

"Während Amundi es begrüßt, dass Vorschriften für den Markt für verantwortungsbewusste Investitionen in Kraft getreten sind, um die Transparenz zu verbessern und die Endanleger zu schützen, erlaubt der aktuelle Regulierungsrahmen es der Finanzindustrie noch nicht, einheitlich darauf zu reagieren, was als „nachhaltig“ gelten soll oder nicht", so das Unternehmen in einer E-Mail. Daher wähle Amundi einen konservativen Ansatz bei der Klassifizierung seiner Fonds. 

 

Steigender regulatorischer Druck

Die Asset Manager sind zunehmend unter Druck. Im dritten Quartal haben die Europäischen Aufsichtsbehörden der Europäischen Kommission mitgeteilt, dass durch Änderungen der EU Market in Financial Instruments Directive (MiFID) rechtliche Unsicherheiten hinsichtlich der SFDR und der EU-Taxonomieverordnung entstehen.

MiFID ist eine Richtlinie zur Harmonisierung der Finanzmärkte im europäischen Binnenmarkt. Die Regulierung soll für mehr Transparenz sorgen und die Anleger schützen. 

Die Kombination aus dem Inkrafttreten der MiFID-Änderung und dem anhaltenden Mangel an Klarheit in Bezug auf die regulatorische Definition einer „nachhaltigen Investition“ hat die europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESA - zu denen die ESMA gehört) dazu veranlasst, am 9. September 2022 eine Reihe grundlegender Fragen an die Europäische Kommission zu richten. Viele davon beziehen sich auf die Kernkomponenten der Definition nachhaltiger Investitionen unter der SFDR.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.