Über eine Stunde nach Handelsbeginn sank der Leitindex Dax um 0,54 Prozent auf 15 439,85 Punkte. Für die durchwachsene Woche zeichnet sich damit ein knappes Minus ab. Im Fokus bleibt die Geldpolitik der Notenbanken.
Der MDax gab am Freitagvormittag um 1,03 Prozent auf 28 738,08 Punkte nach, und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 0,46 Prozent auf 4230,62 Zähler.
Schon am Donnerstag hatte der Dax den wieder hochgekochten Zinssorgen Tribut gezollt und nach einem Hoch seit rund einem Jahr nur einen Teil seiner Gewinne ins Ziel gerettet. Noch summieren sich die Dax-Gewinne im noch jungen Börsenjahr auf knapp elf Prozent. Die Experten der Credit Suisse sehen die Anleger aber bereits in Habachtstellung vor den US-Verbraucherpreisdaten am Dienstag. Sie sind ein massgeblicher Faktor für die Geldpolitik der US-Notenbank.
Die Anleger hätten jüngst "zu viele Vorschuss-Lorbeeren verteilt", kommentierte Marktbeobachter Andreas Lipkow. Denn die weitere Entwicklung der Inflationsdynamik, der chinesischen Konjunktur und der Geldpolitik der grossen Notenbanken sei "alles andere als klar". Dazu liefere die laufende Berichtssaison der Unternehmen gemischte Impulse. Am Freitag schockte der Sportartikelhersteller Adidas die Anleger mit einem mauen Ausblick.
An den Börsen in Übersee lastete die Zinsangst ebenfalls auf der Stimmung: In New York war es am Donnerstag nach dem europäischen Handelsende weiter bergab gegangen, und auch an den asiatischen Märkten überwogen zuletzt die Verluste.
In Frankfurt stand Adidas mit einem heftigen Kursrutsch im Fokus. Mit einem Minus von fast elf Prozent waren die Aktien abgeschlagenes Schlusslicht im Dax. Im schlimmsten Fall droht den Herzogenaurachern nach der Kündigung der Partnerschaft mit dem umstrittenen Rapper Kanye West beim Betriebsergebnis ein Verlust von insgesamt 700 Millionen Euro - es wäre einem Händler zufolge der erste Verlust seit über 30 Jahren. Die Papiere des im MDax gelisteten Konkurrenten Puma verbilligten sich um dreieinhalb Prozent.
Alles komme bei Adidas im "Dreierpack", schrieb JPMorgan-Analystin Chiara Battistini in Anspielung an die berühmten drei Streifen der Marke. "Effektiv ist es die dritte Gewinnwarnung innerhalb von vier Monaten." Auch andere Analysten kommentierten die Nachrichten negativ. Dass wohl keine Produkte der Kanye-West-Marke Yeezy mehr verkauft würden, sei nicht das einzige Problem des Unternehmens, schrieb etwa Andreas Riemann von der Investmentbank Oddo BHF.
Eine skeptische Studie von JPMorgan brockte Hellofresh einen Kursrückgang von fast acht Prozent sowie den letzten Platz im MDax ein. Analyst Marcus Diebel sorgt sich um die Kundenentwicklung bei dem Kochboxen-Anbieter. "Hohe Abwanderungsraten und bestenfalls stabile Brutto-Kundenzuwächse begrenzen das Wachstum", so Diebel. Das mache das Geschäftsmodell zunehmend verwundbar. Das schwache Wirtschaftsumfeld und knappe Verbraucherbudgets belasteten die Nachfrage.
Auch die Titel anderer Unternehmen mit einem internetbasierten Geschäftsmodell standen am Freitag unter Druck. Der Online-Modehändler Zalando , der Essenslieferdienst Delivery Hero und der Onlinebroker Flatexdegiro zählten zu den grösseren Verlierern in Dax und MDax sowie im Nebenwerte-Index SDax .
Bei der Deutschen Bank belastete eine Abstufung der Bank of America: Die Titel gaben um 1,6 Prozent nach. Laut Analyst Rohith Chandra-Rajan tut sich das grösste deutsche Geldhaus mit einer Verbesserung seiner Profitabilität schwer, weshalb er andere Branchentitel bevorzugt.
Derweil trotzten die Aktien von Carl Zeiss Meditec dem eher mässigen Start des Medizintechnikkonzerns ins neue Geschäftsjahr: Sie gewannen zuletzt 0,4 Prozent, womit sie auch ihre jüngste Verlustserie erst einmal beendeten. Wegen gestiegener Kosten und Probleme in China berichtete das Unternehmen ein deutlich gesunkenes Quartalsergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit). Neben höheren Ausgaben etwa für Vertrieb und Marketing sowie für Forschung und Entwicklung drückte in China der Rückgang bei Augenoperationen auf die Marge, die laut einem Börsianer noch schwächer als befürchtet ausfiel. Der Umsatz liege hingegen über der Konsensschätzung, heisst es bei der UBS.
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