Der russische Angriff auf die Ukraine und das verheerende menschliche Leid, dass dieser Krieg auslöste, haben im vergangenen Jahr auch an den Kapitalmärkten erhebliche Spuren hinterlassen. Doch es gab ein paar Sektoren, die von der russischen Invasion in der Ukraine profitierten. Der eine war der Energiesektor, der andere die Verteidigungsindustrie.
Die Aktienkurse der sechs größten börsennotierten Unternehmen in Europa - BAE Systems (Vereinigtes Königreich), Thales und Dassault Aviation (Frankreich), Leonardo (Italien), Rheinmetall (Deutschland) und Saab (Schweden) - stiegen zwischen 35% und 136%.
Die Unternehmen entwickelten sich am Aktienmarkt deutlich besser als ihre Pendants aus der Luft- und Raumfahrtindustrie und verzeichneten eine positive Performance, während die globalen Kapitalmärkte aus Angst vor einer höheren Inflation und einer Abschwächung der Konjunktur in den Keller gingen.
Der Krieg in der Ukraine ist wohl noch lange nicht vorbei und viele der europäischen und US-amerikanischen Verbündeten werden immer stärker in den Konflikt mit russischen Truppen verwickelt.
Bevor der Krieg in der Ukraine begann, stiegen die Militärausgaben weltweit. Laut SIPRI, einem unabhängigen Institut mit Sitz in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, erreichten sie 2021 einen historischen Höchststand von USD 2,1 Billionen. Nun könnten sich einige Anleger fragen, ob die Aussichten für die Verteidigungsindustrie unter Investmentgesichtspunkten attraktiv sind.
Während die USA zu diesem Zeitpunkt ihre Militärausgaben leicht auf USD 801 Milliarden reduzierten und ihre Forschung und Entwicklung auf Technologien der nächsten Generation konzentrierten, erhöhten Russland und China ihre Budgets um 2,9 % bzw. 4,7 %.
Länder erhöhen Militärausgaben
Der Krieg in der Ukraine veranlasste eine Reihe europäischer Ländern dazu, ihre Militärausgaben drastisch zu erhöhen.
Neben dem verheerenden Konflikt auf europäischem Boden treiben auch andere Faktoren die Militärbudgets in die Höhe. Einer davon sind die handels- und geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China sowie die Angst vor einer möglichen Invasion in Taiwan. Ein anderer sind die Spannungen mit dem Iran und Syrien sowie die Ausbreitung von ISIS in Afrika.
Laut UBS wird das US-Verteidigungsbudget in den Jahren 2022 bis 2030 um voraussichtlich 7% pro Jahr steigen, verglichen mit 3% zwischen 2014 und 2021, "hauptsächlich getrieben durch Sicherheitsbedenken im Südchinesischen Meer und in Osteuropa."
"Wenn die Spannungen eskalieren und die Ausgaben sich auf das Niveau des Kalten Krieges zubewegen, werden wir ein jährliches Budgetwachstum von 9,5% sehen“, fügte die Schweizer Großbank hinzu.
Die zusätzlichen Ausgaben würden in erster Linie in die Entwicklung von Luftabwehr- und Raketenabwehrsystemen, Kampfjets, Sensor- und Aufklärungssystemen sowie Cyberfähigkeiten fließen.
Das gab europäischen Rüstungsunternehmen Rückenwind, deren Aktienkurse nach oben schnellten, weil für die nahe Zukunft höhere Umsätze und Gewinne erwartet werden.
Laut Factset-Konsensdaten wird der Umsatz der sechs größten europäischen Unternehmen bis 2025 voraussichtlich EUR 90 Milliarden erreichen, 2021 waren es erst EUR 72,4 Milliarden. Das ist eine Plus von 7% pro Jahr.
Ihr kumulierter Nettogewinn würde im gleichen Zeitraum von EUR 5 Milliarden auf EUR 7,2 Milliarden ansteigen, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von rund 12% entspricht.
Dies spiegelt sich nun auch in ihren Bewertungen wider.
Basierend auf dem durchschnittlichen KGV für die nächsten zwölf Monate wird der Sektor, der Ende 2018 mit dem europäischen Aktienmarkt fast gleichauf lag, mittlerweile mit einem Aufschlag von 17% gehandelt.
Dieses Niveau entspricht laut UBS "im Großen und Ganzen den Bewertungen aus den Jahren 2014 bis 2016, als der Sektor aufgrund wachsender geopolitischer Spannungen neu bewertet wurde".
Gestützt wird die Neubewertung durch höhere Verteidigungsbudgets und wachsende Exportchancen, die sich durch den Krieg in der Ukraine ergeben haben und sich fortsetzen könnten, wenn neue Spannungen in anderen Teilen der Welt auftreten.
Eine Beschleunigung des Gewinnwachstums von Rüstungsunternehmen während einer möglichen Rezession in Europa würde in Zukunft die Outperformance der Branche weiter unterstützen, egal wie teuer sie wird.
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