Mara Dobrescu: Ihre Strategie hat die Turbulenzen des Jahres 2022 besser überstanden als die meisten anderen, zum Teil dank eines klugen Einsatzes von Aktienabsicherungen und Anleihederivaten. Könnten Sie uns mehr darüber erzählen, wie Sie diese Instrumente einsetzen, um die Performance zu schützen, wenn die Märkte unruhig werden?
Christoph Schmidt: Aktien- und Anleihederivate helfen uns, Portfoliorisiken effizient und flexibel zu steuern und unsere Markteinschätzung im Portfolio umzusetzen.
Da wir Anfang 2022 von einem anhaltenden Inflationsdruck und einer potenziellen Straffung der Geldpolitik ausgingen, haben wir die Flexibilität, die wir mit unserem flexiblen, Benchmark-freien Ansatz haben, genutzt, und eine Short-Duration-Position umgesetzt. Zum einen, um von steigenden Zinsen zu profitieren, zum anderen, um die Auswirkungen steigender Zinsen auf zinssensitive Teile unseres Aktienportfolios – zum Beispiel Wachstumswerte – abzumildern.
Anfänglich haben wir die Short-Position hauptsächlich mithilfe von US-Treasury-Futures umgesetzt. Im zweiten Quartal haben wir dann stattdessen Bund-Futures verwendet, aufgrund der Erwartung, dass der energiebedingte Inflationsanstieg in Europa die EZB dazu bringen würde, den Zinserhöhungen der Fed zu folgen. Die Short-Duration-Position war einer der wichtigsten positiven Faktoren für die Wertentwicklung des Portfolios im Jahr 2022.
Dobrescu: Makroökonomie ist bekanntermaßen schwierig - wie stellen Sie sicher, dass Sie die Fallstricke des Market-Timings vermeiden?
Schmidt: Abgesehen davon, dass wir unsere Markteinschätzung und Überzeugungen innerhalb des Teams ständig hinterfragen, sind wir der Meinung, dass es zahlreiche Aspekte in unserem Anlageprozess gibt, die dazu beitragen können, diese Art von Fallstricken zu vermeiden. Cost Averaging und ein bedachter Ansatz bei der Festlegung der Positionsgröße sind wahrscheinlich die offensichtlichsten.
Noch wichtiger ist unserer Meinung nach das Risikomanagement und die Überwachung der Korrelationen zwischen den einzelnen Anlageklassen, um eine gute Ausgewogenheit und Diversifizierung des Portfolios zu gewährleisten. Insbesondere bei Regimewechseln, wie wir sie im letzten Jahr erlebt haben, können dabei Szenarioanalysen und die Portfoliozerlegung nach Risikotreibern den Investmentprozess unterstützen. Im Jahr 2022 war die Straffung der Geldpolitik in Folge steigenden Inflationsdrucks der wichtigste Markttreiber für Anleihen und Aktien und führte dazu, dass diese sich im Gleichschritt nach unten bewegten und damit ihre langfristige negative Korrelation, die unter normalen Marktbedingungen vorherrscht, brachen.
Dobrescu:Bei der Auswahl von Wertpapieren lassen Sie sich zum Teil von Themen leiten - auf welche Themen konzentrieren Sie sich derzeit und warum?
Schmidt: Die traditionelle Sektor-Klassifizierung ist unseres Erachtens kein guter Anhaltspunkt, um zu beurteilen, ob ein Aktienportfolio gut diversifiziert ist. Stattdessen kategorisieren wir unser Aktienportfolio nach verschiedenen thematischen Töpfen wie Stabilität, Wachstum und Zyklik. Diese Einteilung ist unserer Meinung nach besser geeignet, um Unternehmen mit ähnlichen Treibern und Merkmalen zusammenzufassen.
Wir bevorzugen derzeit nach wie vor Aktien aus der Kategorie Stabilität. Diese machen etwa die Hälfte unseres Aktienportfolios aus und umfassen beispielsweise Titel aus den Bereichen Infrastruktur, Telekommunikation und Gesundheit. Diese schätzen wir vor allem wegen ihrer defensiven Eigenschaften und attraktiven Dividendenrenditen.
Auch wenn Anleihen angesichts des gestiegenen Zinsniveaus mehr und mehr zur Konkurrenz für einige defensive Aktiensegmente geworden sind, leisten Titel aus der Kategorie Stabilität einen wichtigen Beitrag zur Ausgewogenheit eines Aktienportfolios, insbesondere falls sich makroökonomischen Aussichten eintrüben sollten. In der Kategorie Wachstum sind wir der Meinung, dass der Gegenwind durch steigende Zinssätze weitgehend verdaut ist.
Insbesondere den Technologiebereich halten wir für attraktiv. Hier konzentrieren wir uns auf die großen Technologieunternehmen, deren strukturelle Wachstumsperspektiven weiterhin intakt sind und die mit starker Kostendisziplin in der Lage sein sollten, den Rückgang ihrer Gewinnmargen zu begrenzen. Mit Blick auf Zykliker bleiben wir angesichts der anhaltenden Rezessionsrisiken aktuell vorsichtig, beispielsweise in Bereichen wie der Chemie- und Autoindustrie. Wir sind jedoch weiterhin in Finanzwerten engagiert, zum Beispiel in europäischen Versicherern sowie Banken, die weiterhin von den höheren Zinssätzen profitieren sollten.
Das Interview wurde am 13. März 2023 geführt.
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