Um 0,5 Prozentpunkte haben Notenbanken der Eurozone, des Vereinigten Königreichs und von Schweden die Leitzinsen im Lauf des Februars angehoben und damit stärker als die Federal Reserve in den USA (0,25 Prozentpunkte). Auch im März gehe es noch einmal um 25 Basispunkte nach oben, teilte die EZB mit. Aber nach Einschätzung von Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, könnte der Zenit in Reichweite sein. „Wir erwarten, dass sie (die EZB, Anm der Redaktion) den Zinserhöhungszyklus nach zwei weiteren Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte im Mai und Juni beenden wird. Zusammen mit einer sinkenden Inflationsrate und einer anhaltend schwachen Konjunktur dürfte dies sogar zu einem Rückgang des Zinsniveaus bei längeren Laufzeiten führen.“
Nach der Dezember-Erhöhung fiel der Zinsschritt der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve bei ihrem Treffen Anfang Februar mit 0,25 Prozentpunkten vergleichsweise moderat aus. Alles in allem haben die US-Amerikaner ihren Leitzins seit März 2022 nun um 4,5 Prozentpunkte angehoben. „Das ist der größte Anstieg innerhalb eines Jahres seit dem Erhöhungszyklus 1980-81, als die Fed versuchte, die "Große Inflation", die in den 1970er Jahren wütete, einzudämmen“, erläutert Preston Caldwell, Chefökonom von Morningstar in den USA.
Ist nun ein Ende in Sicht? Die Rhetorik der US-Notenbanker weist in eine andere Richtung, sie spricht von weiteren Steigerungen – Plural also. Doch Caldwell argumentiert in seinem Anfang Februar erschienen Artikel „Fed Raises Rates and Says It Isn’t Done Yet. We Think It Is“: „Die Markterwartungen sowie unsere eigene Prognose sehen einen niedrigeren Pfad für die Fed-Funds-Rate vor als die Fed-Prognose, einschließlich Zinssenkungen vor Ende 2023. Während die Fed für Ende 2023 einen Leitzins von 5% bis 5,25% prognostiziert, liegen die Markterwartungen auf der Grundlage von Futures auf den Leitzins bei nur 4,25% bis 4,5%. Unsere Prognose liegt noch niedriger, nämlich bei 3,75 % bis 4 %“, so der Morningstar-Ökonom (Hier können Sie sich zu einem Webinar am 2.3. mit aktueller Einschätzung anmelden).
Aber zurück nach Europa. Die Inflation im Euroraum präsentierte sich zum Jahresauftakt zwar moderater, was vor allem auf die relative Beruhigung an den Energiemärkten zurückzuführen war. Allerdings ist die Kerninflationsrate – ohne die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise – anders als in den USA weiter im Aufwärtstrend (+5,3% im Januar verglichen mit 5,2% im Vormonat).
In Deutschland beschleunigte sich die Kernrate sogar auf 5,6%. „Der Inflationsdruck in Deutschland bleibt damit weiterhin hoch, zumal durch die verhaltene Entwicklung der Kaltmieten (2% gegenüber dem Vorjahr) der Auftrieb der Dienstleistungspreise tendenziell unterzeichnet wird“, so Sebastian Becker, Volkswirt bei Deutsche Bank Research. „Allerdings dürfte die Gesamtinflation spätestens ab März aufgrund von Basiseffekten für Energie deutlich nachgeben. Die Januarzahlen zeigen aber bereits deutliche Zweitrundeneffekte. Diese dürften insbesondere im Dienstleistungsbereich, wo die Löhne einen erheblichen Kostenblock darstellen, im Jahresverlauf erst einmal weiter zunehmen.“
Doch für Energie, Lebensmittel und Waren gebe es viele vorausschauende Indikatoren, die anzeigen, dass der Inflationsdruck in all diesen Kategorien ziemlich deutlich zurückgehen werde, lautet die Einschätzung von EZB Chefvolkswirt Philip Lane.
An dem Kurs auf der nächsten EZB-Sitzung im März lassen auf jeden Fall weder Lane noch seine Chefin Christine Lagarde Zweifel aufkommen.
Für Investoren bleibt es damit schwierig. Denn Inflation erfordert eine höhere Rendite, um die Ziele der Anleger zu erreichen, und erschwert es gleichzeitig, Renditen zu erzielen, da Anleihekurse tendenziell sinken - und die Gewinne der Unternehmen geschmälert werden.
Die Renditen der 10jährigen Bundesanleihen kannten in der Gemengelage kein Halten. Ende Februar erreichte die Rendite der 10jährigen Bundesanleihe mit 2,58% einen Höchststand seit dem Jahr 2011. Treiber an den Anleihemärkten ist die Aussicht auf steigende Zinsen, wobei wie oben beschrieben das Ende der jeweiligen Zinsplateaus nicht eindeutig ist.
An den europäischen Aktienmärkten führt die Gemengelage sowie die geopolitische Unsicherheit im Berichtsmonat zu einer volatilen Seitwärtsbewegung. „Der Jahrestag der russischen Invasion am 24. Februar rückte den Krieg wieder in den Fokus der Marktteilnehmer. Für Unruhe sorgten Berichte über mögliche Waffenlieferungen von China an Russland. Da eine solche Unterstützung der militärischen Aggression wirtschaftliche Sanktionen gegenüber China nach sich ziehen würde, zeigte sich zur Wochenmitte eine gewisse Nervosität an den Aktienmärkten“, schreibt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank.
Eine Komponente, die sozusagen im Schlepptau der europäischen Energiekrise ebenfalls in immer neue Höhen katapultiert wurde, ist der CO2-Preis. Kostete eine Emissionsberechtigung im europäischen Emissionshandelssystem EU-ETS am 24. Februar 2022 noch EUR 88,82 pro Tonne, waren es am Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine fast EUR 100.
Hintergrund ist zum einen der ungünstige Shift im Brennstoffmix in der Energieerzeugung. Das zeigt ein Blick auf den Primärenergieverbrauch von Europas größtem Emittenten Deutschland. Hierzulande stieg der Steinkohle- und Braunkohleverbrauch in der Stromerzeugung deutlich, während die Kernenergie rückläufig war.
Doch genau genommen begann die jüngste Rally bereits im Dezember, als EU-Rat, EU-Parlament und EU-Kommission sich im Trialog auf eine Verschärfung des EU-ETS verständigten. Unter anderem wurde die Einbeziehung bestimmter Teile der Schifffahrt, das Auslaufen der kostenfreien Emissionsberechtigungen an Industrieunternehmen sowie eine Verknappung der verfügbaren Zertifikate vereinbart.
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.