Marktanalyse: Was ist los mit den Glorreichen Sieben?

Die größten Namen des Marktes sind von den steigenden Zinsen nicht verschont geblieben.

Sarah Hansen 31.10.2023
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Nach einem fulminanten Jahresauftakt sind die Aktien der "Glorreichen Sieben" - eine Gruppe von Mega-Cap-Tech-Werten, die seit 2022 für die meisten Gewinne am Aktienmarkt sorgten - ins Straucheln geraten.

Steigende Zinsen zehren an ihrem Wachstum und am Vertrauen der Anleger, aber Strategen sind der Meinung, dass diese Giganten auch bei einer Konjunkturabschwächung noch einen Zufluchtsort für Anleger sein könnten.

Die "Glorreichen Sieben", zu denen Nvidia NVDA, Tesla TSLA, Meta Platforms META, Apple AAPL, Amazon.com AMZN, Microsoft MSFT und Alphabet GOOGL gehören, legten in der ersten Jahreshälfte vor allem dank der Begeisterung für Künstliche Intelligenz kräftig zu. Laut den Daten von Morningstar Direct waren sie zusammen für etwa zwei Drittel der 20,6% Rendite des Morningstar US Market Index verantwortlich. Zusammen trugen sie am meisten zu diesen Gewinnen bei.

Doch seit Anfang August sieht die Sache ganz anders aus. Alle sieben Aktien liegen seither im Minus, wobei die größten Verluste von Tesla stammen, das 23% verlor, nachdem es zwischen Januar und Juli um 117 % gestiegen war. Der beste Wert seit Juli ist Microsoft, der nur um 2,2% zurückging.

Die sieben Aktien ziehen den Rest des Marktes mit sich nach unten. Apple allein ist für fast einen ganzen Prozentpunkt der 10% des Indexverlustes in den letzten drei Monaten verantwortlich. Zusammen sind die "Glorreichen Sieben" für etwa ein Viertel der Verluste verantwortlich. Sie sind ein Hauptgründe dafür, dass der Morningstar U.S. Market Index die letzte Woche mit einer so genannten Korrektur schloss und 10% unter dem Höchststand vom 31. Juli dieses Jahres lag.

2023 Magnificent Seven Returns

Steigende Zinsen dämpfen das Wachstum der "Glorreichern Sieben"

Ein wichtiger Grund für die schwache Performance ist der jüngste Anstieg der Anleiherenditen, der mit unerwartet robusten Wirtschaftsdaten und der Anpassung des Marktes an die "Higher for Longer"-Zinsstrategie der Federal Reserve einherging.

Der Chefstratege für Märkte bei Morningstar David Sekera weist darauf hin, dass die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen im Juli in die Höhe schnellten - genau zu dem Zeitpunkt, als die Renditen der "Glorreichen Sieben" zu stagnieren begannen.

Höhere Zinssätze können sich auch negativ auf Wachstumsaktien auswirken, weil sie künftige Erträge weniger wertvoll machen. "Die Leute sind natürlich nervös bei Wachstumsunternehmen, wenn die Zinsen steigen", sagt Adam Grossman, Global Equity Chief Investment Officer bei der RiverFront Investment Group.

Dies gilt vor allem für Aktien mit längerer Laufzeit, wie z. B. Mega-Cap-Tech-Unternehmen. Steigende Zinssätze bedeuten steigende Zinskosten in den Bilanzen der Unternehmen, fügt Grossman hinzu, was sich ebenfalls negativ auf die Rentabilität auswirkt. Das vergrößert die Sorgen der Anleger.

Treasury Yield and Federal-Funds Rate

 

Schwankende Bewertungen der "Glorreichen Sieben"

Im Sommer 2023 waren die Bewertungen der "Glorreichen Sieben" im Vergleich zum Jahresanfang deutlich weniger attraktiv. Das ist ein große Unterschied im Vergleich zu sechs Monaten zuvor, sagt Sekera, als sechs der sieben Aktien nach Ansicht der Morningstar-Analysten unterbewertet waren.

Anleger sind weniger begeistert von teuren Aktien, und diese Verschiebung hatte großen Einfluss auf das Momentum der "Glorreichen Sieben". Ende Juli "gaben die Aktien dem Markt keinen Rückenwind mehr", sagt Sekera.

"Sie wurden sehr teuer", sagt Steve Sosnick, Chefstratege bei Interactive Brokers, was bedeutet, dass es nur sehr wenige Anleger gab, die nicht bereits eine Position in diesen Aktien hatten. Sosnick sagt, dass diese Veränderung zu der ins Stocken geratenen Rallye beigetragen hat: "Wenn man sehr hohe Bewertungen hat, ist es sehr schwer, sie zu schlagen."

Heute werden Nvidia, Apple, Tesla und Meta von Morningstar mit 3 Sternen bewertet, was bedeutet, dass sie zu Preisen gehandelt werden, die von Analysten als fair bewertet angesehen werden. Amazon, Microsoft und Alphabet sind mit 4 Sternen bewertet, Morningstar-Analysten betrachten sie als unterbewertet.

Die Rally des Aktienmarktes hat sich nicht ausgeweitet

Anleger hatten gehofft, dass sich die Rallye des Marktes in diesem Jahr auf eine breitere Basis von Aktien ausweiten würde, aber diese Ausweitung hat sich nicht eingestellt.

Sekera sagt, dass die steigenden Renditen einige Anleger dazu veranlasst haben, größere Teile ihrer Portfolios in festverzinsliche Anlagen umzuschichten, anstatt in andere Arten von Aktien. Höhere Zinsen bedeuten, dass festverzinsliche Investments Anlegern attraktive Renditen bei deutlich geringerem Risiko im Vergleich zu Aktien bieten, was nicht der Fall war, als die Zinsen auf einem Tiefststand waren.

"Jahrelang haben wir darüber gesprochen, dass es keine Alternative [zu Aktien] gibt", sagt Sosnick von Interactive. Aber jetzt gibt es diese Alternative. "Sie können Ihr Geld für 5% anlegen, ohne Risiko und praktisch ohne Volatilität."

Ganz zu schweigen von den anhaltenden geopolitischen Risiken und der Aussicht auf ein langsameres Wirtschaftswachstum in den nächsten Quartalen. "Die Leute suchen Zuflucht in diesen Large-Cap-Aktien, weil sie erwarten, dass sie sich während des Abschwungs besser halten werden", sagt Sekera.

Grossman von RiverFront fügt hinzu, dass moderatere Inflationswerte anderen Aktientypen - wie Value-Aktien und Small-Cap-Aktien - zu einem Umsatzwachstum verhelfen werden, was wiederum dazu beitragen könnte, die Marktführerschaft auszubauen."Wenn wir das erreichen", sagt er, "dann bekommen wir unsere Breite".

Wie geht es weiter mit den "Glorreichen Sieben"?

Trotz ihrer hohen Preise könnten einige dieser Aktien immer noch eine beliebte Wette für Investoren sein. Alle sieben befinden sich trotz der jüngsten Kursverluste noch im grünen Bereich. Der beste Wert seit Jahresbeginn ist Nvidia mit einem Plus von 176%, der "schlechteste" Apple mit einem Zuwachs von 29%.

Magnificent Seven Year-to-Date Returns

Im Gegensatz zu kleineren Titeln und Value-Titeln mit geringeren Margen haben Mega-Cap-Technologiewerte einen gewissen Spielraum, um auch bei hohen Zinsen weiterhin Gewinne zu erzielen. "Sie müssen einfach das tun, was sie tun", sagt Grossman, "und ihre Geschäftsmodelle dürfen weder an höheren Zinsen noch an regulatorischer Kontrolle zerbrechen."

Sosnick fügt hinzu, dass diese Unternehmen im Gegensatz zu kleineren Firmen zudem weniger abhängig sind von den Kapitalmärkten, wenn es um Kredite geht.

Morningstar's Sekera erwartet nicht, dass Tesla, Amazon oder Meta dem Markt in den kommenden Monaten signifikanten Rückenwind geben werden, aber er verweist auf Microsofts starken Gewinnbericht für das dritte Quartal und seine Attraktivität für Investoren. "Das Unternehmen ist im letzten Quartal auf allen Zylindern gelaufen".

Für die Handelswoche bis zum 27. Oktober

  • Der Morningstar US Market Index fiel um 2,57%.
  • Die Sektoren mit der besten Wertentwicklung waren Versorger mit einem Plus von 1% und defensive Konsumgüter mit einem Minus von 0,90%.
  • Der Sektor mit der schlechtesten Wertentwicklung war der Energiesektor mit einem Rückgang von 5,84%.
  • Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen fielen von 4,92% auf 4,83%.
  • Die Preise für Rohöl der Sorte West Texas Intermediate fielen um 3,62% auf $85,54 pro Barrel.
  • Von den 852 börsennotierten US-Unternehmen, die von Morningstar analysiert werden, lagen 206 oder 24% im Plus und 646 oder 76% im Minus.

Welche Aktien sind im Plus?

  • Willis Towers Watson WTW, Capital One COF und Gap GPS.

Welche Aktien sind gefallen?

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Sarah Hansen  Marktreporterin bei Morningstar