Der Investorentag, der auf Wunsch der Aktionäre aufgrund ihrer wachsenden Besorgnis mit einiger Eile einberufen wurde, wurde von einer ebenso ungewöhnlichen Aktualisierung der Geschäftszahlen für das dritte Quartal begleitet. Daraus ging hervor, dass der Nettoumsatz von Adyen (1N8) im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 22 % auf 413 Mio. Euro gestiegen ist. Auf Basis konstanter Wechselkurse wäre der Umsatz um weitere 4 Prozentpunkte, d. h. 26 %, gestiegen. Das Transaktionsvolumen der abgewickelten Zahlungen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 21 %.
Adyen hat sich außerdem neue Ziele gesetzt: ein durchschnittliches jährliches Wachstum des Nettoumsatzes im "niedrigen bis hohen Zwanzigerbereich" bis 2026 und eine EBITDA-Marge von über 50 % bis 2026.
Diese Zahlen liegen deutlich unter den bisherigen Erwartungen, denn früher sprach Adyen von einem erwarteten Umsatzwachstum zwischen den "mittleren 20er und niedrigen 30ern" und einer EBITA-Marge von über 65 %. Ein deutlicher Unterschied zwischen alt und neu also.
Die Adyen-Aktie fand bei der Handelseröffnung an der Amsterdamer Börse am Donnerstagmorgen keinen unmittelbaren Einstiegskurs. Über eine halbe Stunde lang bleibt der Schlusskurs vom Mittwoch bestehen, und kurz nach 9.30 Uhr erscheint ein Plus von 35 % auf den Tafeln. Nach einigen Minuten notiert die Aktie mit +30 % bei 910 Euro.
Niedriger, aber klarer
Morningstar-Analyst Niklas Kammer sagt, dass die Gesamttrends im Einklang mit dem stehen, was das Unternehmen im ersten Halbjahr 2023 gezeigt hat. Das Volumen der digitalen Sparte stieg im dritten Quartal um 21% im Vergleich zum Vorjahr, wobei die USA einen stabilen Trend im Vergleich zum ersten Halbjahr zeigten. Wichtig ist, so Kammer, dass Adyen in den USA ein über dem Marktdurchschnitt liegendes Wachstum verzeichnete. Wichtig sei auch, dass die stabile Take-Rate von 17% zeige, dass Adyen sich nicht vom Preiswettbewerb habe einholen lassen.
Die neuen Erwartungen bieten einen klarer spezifizierten Zeitrahmen als der zuvor verwendete Begriff "mittelfristig" und sind deutlich niedriger als zuvor, so der Analyst. Die von Adyen in der Aktualisierung gegebene Prognose entspreche jedoch den Berechnungen und Annahmen, die der Analyst bereits gehabt habe, so dass er keinen Grund sehe, seinen fairen Wert von 1.660 Euro je Aktie zu senken. Die gesenkte Erwartung und der klarere Zeitplan sind nach Ansicht des Analysten eine Reaktion auf einige Kommunikationsmängel des Adyen-Managements, so der Analyst.
Der starke Kursanstieg von über 30 % am Donnerstagmorgen zeigt, dass die Anleger durch die neue Klarheit von Adyen beruhigt zu sein scheinen.
Verwöhnt mit hohem Wachstum
Die Anleger hatten sich in den letzten Jahren von den himmelhohen Wachstumsraten von Adyen verwöhnen lassen. In den USA lag es bei 52 %. Als dann für das erste Halbjahr 2023 eine Zahl von 23 % veröffentlicht wurde, war das ein herber Rückschlag, der die Anleger in eine neue Realität versetzte. Bis dahin waren die USA der größte Wachstumsmarkt für Adyen gewesen, nachdem das Unternehmen bereits in den ersten Jahren in Europa geü´punktet hatte.
Zum Vergleich: In der zweiten Hälfte des Jahres 2021 stieg das Transaktionsvolumen um 70 %. Das war zu einer Zeit, als die Corona-Pandemie noch wütete und die Verbraucher viel online bestellten.
Nicht nur Adyen, sondern auch die Wettbewerber auf dem Zahlungsverarbeitungsmarkt haben zu kämpfen. Der Wettbewerb nimmt zu, die Margen geraten unter Druck und der Kampf um Marktanteile ist in vollem Gange. Dies bekam auch das französische Unternehmen Worldline zu spüren, das Ende Oktober aufgrund von Problemen in Deutschland eine Gewinnwarnung herausgeben musste.
Bei der Vorlage der Halbjahreszahlen im vergangenen August waren die Anleger schockiert, dass das Wachstum von Adyen weit hinter ihren Erwartungen zurückblieb. Wie das nachstehende Kursdiagramm zeigt, stürzte der Aktienkurs daraufhin stark ab:
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