Bundesanleihen sind zuletzt wieder beliebter geworden, schließlich haben die Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) die Renditen nach oben katapultiert. Wird sich dies jetzt ändern, da die EZB wohl schon bald an der Zinsschraube drehen wird? Wir betrachten, wie Sie in Bundesanleihen investieren können – und ob sich dies noch lohnt.
Was ist eine Staatsanleihe, einfach erklärt?
Ob Straßenbau, Schulen oder die Besoldung von Beamten - der Staat benötigt Geld, um seinen Aufgaben gerecht zu werden oder auch Schulden zu tilgen. Ein Anleger, der eine Staatsanleihe kauft, leiht der Regierung über einen zuvor festgeschriebenen Zeitraum Geld und erhält dafür Zinsen. Hierfür gibt die Regierung so genannte Staatsanleihen aus - aber auch Bundesländer oder Kommunen begeben Anleihen.
Anleihen - oft wird auch von Renten, festverzinslichen Wertpapieren oder nach dem englischen Wort Bonds benannt - werden in der Regel an der Börse gehandelt und unterliegen daher Kursschwankungen.
Festgelegt werden in der Regel der Nominalzinssatz (Coupon) und ein Fälligkeitsdatum: Wenn ein Anleger das Wertpapier bis zu dieser Fälligkeit hält, bekommt er sein Kapital zurück. Bei kurzlaufenden Anleihen, die vielleicht schon im Jahr 2025 auslaufen, ist das weniger ein Problem, als bei einer Anleihe, die im Jahr 2054 ausläuft. Denn je weiter das Laufzeitende entfernt ist, desto empfindlicher reagiert die Anleihe auf Zinsänderungen. Wenn der Marktzinssatz steigt, fällt der Kurs der Anleihe, und umgekehrt. Die Rendite wiederum ist der effektive Jahresertrag, den ein Anleger erwarten kann, wenn er die Anleihe bis zur Fälligkeit hält. Sie wird durch den Kurs der Anleihe, den Nominalzins und die Restlaufzeit bestimmt. Die Rendite steigt, wenn der Kurs der Anleihe fällt, und sinkt, wenn der Kurs steigt.
Das weitaus beliebteste Bundeswertpapier ist die 10-jährige Bundesanleihe (weiter unten erläutert wir die Unterschiede zwischen den einzelnen Wertpapieren, die die Bundesrepublik Deutschland herausgibt). Der Handel mit 10-jährigen Bundesanleihen macht nach Angaben der Deutschen Finanzagentur der Regel mehr als die Hälfte des gesamten Handelsvolumens aller Bundeswertpapiere aus. So entfielen im Jahr 2021 rund 45% bzw. 2.997 Mrd. EUR auf den Handel mit diesen Wertpapieren.
Wie hat sich die zehnjährige Bundesanleihe zuletzt entwickelt?
Die Rendite ist mit der Rückkehr der Zinsen gestiegen und liegt zurzeit bei rund 2,53%. Damit hat sie sich deutlich vom Zwischenhoch im Oktober (2,96%) entfernt, geht aus Zahlen der Deutschen Finanzagentur hervor. Hintergrund waren gute Nachrichten zur Inflation und die Hoffnung, dass die EZB, aber auch die US-Notenbank Fed, bald die Zinsen lockern. Infolge der höheren Renditen ist der Kurs gefallen. Der aktuelle Kurs l10-jährige Bundesanleiheniegt liegt bei etwa 98,87 % des Nennwerts, was bedeutet, dass Investoren weniger als den Nennwert zahlen müssen, um diese Anleihen zu kaufen.
Je nachdem, wann die Anleihe zuletzt einen Kupon gezahlt hat, hat der Investor möglicherweise Anspruch auf eine Teilzahlung. Dies erledigt die Investitionsplattform, über die sie gekauft wurde, für den Anleger. Die 10-jährige Bundesanleihe bietet zurzeit einen Kupon von 2,30 %, d.h. für jede investierte 100 EUR erhält der Anleger 10 Jahre lang 2,30 EUR pro Jahr.
Der Zeitpunkt, zu dem der Anleger die Anleihe kauft, wirkt sich nicht nur auf die zustehenden Erträge aus, sondern auch auf den Preis (Kurs), den der Anleger zahlt: Eine 10-jährige Anleihe mit nur einem Jahr vor der Fälligkeit wird anders bewertet als eine 10-jährige Anleihe, die erst in neun Jahren fällig ist. Die Rendite wiederum ist schwankend und hängt von den Zinssätzen der EZB und den Inflationserwartungen ab.
Die EZB senkt bald die Zinsen - ist es zu spät, in Euro-Staatsanleihen zu investieren?
Ist es nun also also zu spät, einzusteigen? Hier hilft die historische Einordnung der Renditen. Und die zeigt: die Renditen sind langfristig immer noch hoch. Das letzte Mal, dass die Renditen für die 10-jährige Bundesanleihe auf einem ählichen Niveau notierten wie jetzt, war im Jahr 2011.
"Unserer Meinung nach ist es noch nicht zu spät, in Bundesanleihen oder auch allgemein in festverzinsliche Wertpapiere zu investieren", sagt Konstantin Veit, Portfoliomanager, Leiter European Rates- und Short-Term Desks bei Pimco. "Fixed-Income sieht aktuell sehr attraktiv aus, sowohl auf absoluter Basis als auch im Vergleich zu Aktien. Auch wenn die EZB ihre Leitzinsen im Juni wahrscheinlich senken wird, bleibt der weitere Zinspfad nach der Junisitzung höchst ungewiss."
Er verweist auf die anhaltende Inflation im Dienstleistungssektor, den robusten Arbeitsmarkt, die lockeren Finanzierungsbedingungen und die EZB-Haltung zum Risikomanagement. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Zinssätze weniger stark sinken werden, als der Markt derzeit erwartet.
"Infolgedessen sind wir der Ansicht, dass die Zinssätze wahrscheinlich erhöht bleiben werden. Wir gehen nicht davon aus, dass die EZB die Leitzinsen mittelfristig wieder in Richtung Null senken wird. Der Markt preist derzeit einen Endpunkt des Zinssenkungszyklus bei etwa 2,5% ein. Das entspricht in etwa dem Niveau, auf dem auch 10-jährige Bundesanleihen rentieren. Wir gehen davon aus, dass sich 10-jährige deutsche Staatsanleihen auch weiterhin in einer Spanne von 2 bis 3% bewegen werden, sofern es keine größeren makroökonomischen Überraschungen gibt", so Veit.
Jill Hirzel, Senior Investment Specialist bei Insight Investment, sagt: „Da die Märkte bereits eine Reihe von Zinssenkungen der EZB in den nächsten Jahren einpreisen, dürften die direkten Auswirkungen des Beginns des Lockerungszyklus auf die Märkte begrenzt sein. Sobald die Zinssenkungen beginnen, dürften sie als Anker für die Anleihemärkte wirken, das Aufwärtsrisiko für die Renditen bis zur Mitte der Kurve verringern und einen soliden Hintergrund für Renditen bieten." Bei sehr langen Laufzeiten würde sie indes vorsichtiger sein.
Irina Kurochkina, Portfoliomanagerin bei Aegon Asset Management, führt aus: "Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten, die die Sicht der Anleger auf die langfristige Inflation, das Wirtschaftswachstum und die Angebotsdynamik widerspiegeln, werden sich nach der ersten Zinssenkung wahrscheinlich nur geringfügig bewegen. Da der Beginn der Lockerung nicht durch die schwache Wirtschaft ausgelöst wird, ist nicht zu erwarten, dass sich die Marktstimmung ändert und die Nachfrage nach sicheren Anlagen plötzlich steigt. Im Gegenteil, die Marktstimmung dürfte positiv bleiben, was Risikoanlagen attraktiv macht, da die Anleger die Bestätigung erhalten, dass die Finanzierungskosten zu sinken beginnen."
"Gleichzeitig könnten einige Anleger zuversichtlicher sein, dass der Lockerungszyklus begonnen hat, und sich für eine zusätzliche Allokation in festverzinsliche Wertpapiere entscheiden, um sich höhere Renditen zu sichern, was zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten führen könnte", so Kurochkina.
"Anleihen spielen bei der langfristigen Portfolioallokation eine wichtige Rolle, und aufgrund der höheren Renditen sind sie im Vergleich zu den Aktienmärkten nach wie vor wichtige Instrumente zur Einkommenserzielung und Diversifizierung", sagt Greg Peters, Co-Chief Investment Officer bei PGIM Fixed Income.
Wo kann ich Bundesanleihen kaufen?
Privatanleger kaufen Anleihen in der Regel nicht nicht am Tag der Ausgabe direkt von der Deutschen Bundesregierung, sondern auf dem Sekundärmarkt von einem anderen Anleger. Bundesanleihen können börsentäglich über jede Bank oder Sparkasse gekauft werden. Es gibt grundsätzlich weder eine Mindestanlagesumme, noch einen Höchstbetrag für die Geldanlage in Bundesanleihen. Kreditinstitute verlangen für den Kauf, Verkauf sowie für die Verwahrung aber natürlich Gebühren. Über die Finanzagentur können seit 2012 keine Anleihen mehr bezogen werden.
Ein anderer Weg, in Bundesanleihen zu investieren, ist über Investmentfonds oder börsengehandelte Fonds (ETFs.
Staatsanleihen-ETFs der Eurozone
In der Tabelle untern haben wir die sechs größten (gemessen am verwalteteten Vermögen) ETF fur Staatsanleihen der Länder der Eurozone herausgesucht, die über ein Morningstar Medalist Rating von Gold verfügen und Anleger in Deutschland zum Kauf zur Verfügung stehen.
Wichtig zu Wissen: ein ETF enthält immer einen Korb von Wertpapieren. Grund ist die Regulierung, genauer gesagt UCITS (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities Directive( oder zu deutsch OGAW (Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren). Diese Richtlinie untersagt, dass ETFs nur ein einziges Produkt abbilden. Das Risiko muss gestreut sein, ein UCITS ETF nur für die 10-jährige Bundesanleihe gibt es in Europa also nicht.
Welche Staatsanleihen kauft die EZB?
Die EZB hat bis letztes Jahr Staatsanleihen aller Länder der Eurozone gekauft, doch die Bestände werden inzwischen abgebaut. Die Ankäufe geschahen im Rahmen der verschiedenen EZB-Anleihekaufprogramme, insbesondere dem Public Sector Purchase Programme (PSPP).
Die Käufe wurden nach dem Kapitalschlüssel der EZB verteilt, der sich nach dem Anteil der jeweiligen Länder am Bruttoinlandsprodukt (BIP) und der Bevölkerungszahl richtete. Unter den gekauften Anleihen befinden sich nominale und an die Inflation gebundene Staatsanleihen sowie auch Anleihen, die von Agenturen, regionalen und lokalen Regierungen, internationalen Organisationen oder multilateralen Entwicklungsbanken mit Sitz im Euroraum ausgegeben wurden.
Konkret hat das Eurosystem zwischen März 2015 und Dezember 2018 Nettokäufe dieser Wertpapieren getätigt. Zwischen Januar bis Oktober 2019 reinvestierte das Eurosystem nur die Kapitalzahlungen aus fällig werdenden Wertpapieren, die im PSPP-Portfolio gehalten wurden. Die Käufe von Wertpapieren im Rahmen des PSPP wurden von November 2019 bis Juni 2022 wieder aufgenommen. Ab März 2023 reinvestierte das Eurosystem die Kapitalzahlungen aus fällig werdenden PSPP-Wertpapieren nur noch teilweise und im Juli 2023 wurden alle PSPP-Reinvestitionen eingestellt.
Welche Wertpapiere gibt der Bund heraus?
Generell wird Unterschieden zwischen Unternehmensanleihen und Staatsanleihen. Wenn die Laufzeit von kurzer Dauer ist, dann spricht man in der Regel von Obilgationen oder Schatzanweisungen. Diese Wertpapiere gibt die Bundesrepublik Deutschland heraus:
Bundesanleihen
Dies sind langfristige Schuldverschreibungen über eine Dauer von normalerweise zehn bis dreißig Jahren. Wie alle Anleihen bieten sie einen festen Zinssatz (Coupon), der über die Dauer der gesamten Laufzeit konstant bleibt und jährlich ausgezahlt wird. Deutsche Bundesanleihen gelten wegen der hohen Bonität Deutschlands als sehr sicher und werden daher von Anlegern als nahezu risikofreie Anlage genutzt. Innerhalb der Europäischen Union sind Bundesanleihen die am meisten gehandelten Staatsanleihen.
Bundesobligationen
Reicht die Laufzeit des Wertpapiers bis zu fünf Jahren, spricht man von einer Bundesobligation. Auch sie bieten einen festen Zinssatz über die Dauer des Investments. Sie eignen sich für Investoren, die eine sichere Anlage mit geringem Risiko suchen, aber eine kürzere Laufzeit bevorzugen.
Bundesschatzanweisungen
Bundesschatzanweisungen haben Laufzeiten von ein oder zwei Jahren. Sie werden zu einem so genannten Diskontpreis ausgegeben und bei Fälligkeit der Anlage erhält der Investor den Nennwert zurück. Der Zinsgewinn ist also die Differenz zwischen dem Ausgabepreis und dem Betrag, den der Investor bei Rückzahlung erhält.
Unverzinsliche Schatzanweisungen
Dies sind die Geldmarktpapiere des Bundes. Sie haben eine Laufzeit von 12 Monaten.
Bald Vergangenheit: Inflationsindexierte Bundesanleihen
Inflationsindexierte Bundeswertpapiere (ILB) sind Schuldverschreibungen der Bundesrepublik Deutschland. Es gibt sie aktuell mit Ursprunglaufzeiten von zehn bis 30 Jahren. Die Bundesregierung entschied im November letzten Jahres, ab 2024 keine inflationsindexierten Bundeswertpapiere mehr neu zu emittieren.
„Noch vor wenigen Jahren sicherte der Bund den Ausbau und die Pflege des Segments inflationsindexierter Anleihen zu. Diese Zusage wurde nun überraschend zurückgenommen. Der Rückzug der Bundesrepublik aus einem international etablierten Rentensegment wirft Fragen zur Verlässlichkeit des Emittenten auf und sendet für viele Anleger ein fatales Signal", so Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter BKC Asset Management.
Grüne Bundeswertpapiere
Die ersten grünen Wertpapiere emittierten der Bund 2020.Grüne Bundeswertpapiere (Green) können grundsätzlich in jeder Laufzeit von 2 bis hin zu 30 Jahren begeben werden. Bisher gibt es sie mit 5, 10 und 30 Jahren Ursprungslaufzeit.
Welches ist die beste Staatsanleihe?
Sie ahnen es schon: eine einfache Antwort hierzu gibt es nicht. Denn wie immer kommt es auf die eigene Präferenz an, die eigene Risikoneigung oder aber auch die Dauer, für die das Geld angelegt werden soll. Aber bei der Überlegung, wem Sie Ihr Geld anvertrauen, werden Sie sicher folgende Kritierien berücksichtigen wollen:
Bonität des Emittenten
Wie sehr vertrauen Sie demjenigen, dem Sie Ihr Geld anvertrauen? Wenn Sie Ihr Geld an Staaten oder auch Unternehmen verleihen wollen, lohnt es sich hinzuschauen, wem Sie Ihr anvertrauen. Im Fachjargon spricht man hier von der Bonität des Herausgebers (Emittenten) der Anleihe. Um Ihnen zu helfen, die Bonität einzuschätzen, gibt es Rating-Agenturen. Eine davon ist DBRS Morningstar, die Unternehmen und Staaten bewertet (sehen Sie hier die aktuellen Einstufungen europäischer Emittenten).
Deutschland erhält von den großen Agenturen immer Bestnoten, was heißt, dass die Bundesregierung als besonders sicherer Emittent gilt. Deshalb gelten Bundesanleihen als sehr sicher. Für Anleger bedeutet dies aber auch, dass sie vergleichsweise wenig Rendite erzielen können, denn die hängt auch mit dem Risiko zusammen:
Rendite versus Risiko
In der Regel müssen Staaten, die über eine niedrigere Kreditwürdigkeit verfügen, ihren Investoren höhere ZInsen bieten, um so das höhere Risiko finanziell zu kompensieren.
Laufzeit der Anleihe
Wie schon erwähnt, eine Anleihe wird mit einer bestimmten Laufzeit emittiert, und am Ende der Laufzeit bekommt der Investor sein Geld zurück. Kurzlaufende (Staats-)Anleihen sind in der Regel weniger volatil und bieten daher auch geringere Renditen. Die Rendite einer Staatsanleihe mit längerer Laufzeit ist indes in der Regel höher, denn sie bergen auch höhere Risiken, etwa im Hinblick auf Änderungen der Zinsen.
Währung
Sofern Anleger in Staatsanleihen auérhalb des Euroraums investieren wollen, müssen sie das Währungsrisiko beachten. So können Anlagen in Fremdwährung an Wert gewinnen, sofern der Euro gegenüber der jeweiligen Landeswährung abwertet, und andersrum.
Jill Hirzel von Insight Investment verweist auf die Volkswirtschaften im Süden und in der Peripherie Europas. "Wir gehen davon aus, dass die marktübergreifenden Chancen in Europa weiterhin hoch bleiben. Da die südlichen und peripheren Volkswirtschaften besser abschneiden, sollte es für aktive Manager in den nächsten Jahren in einem stabileren Zinsumfeld erhebliche Möglichkeiten zur Wertsteigerung geben.“
Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.